Unterwegs in Nicaragua

Titelbild
Die Vulkaninsel Ometepe im Nicaragua-See. (Foto - Hans-Christian Schikore)
Von 16. Februar 2006

Nicaragua ist etwas größer als Guatemala (120 000 qkm), hat al­lerdings weniger Einwohner (1991 waren es noch 3,6 Millionen, heute sind es bereits 5,6 Millionen) und keine reinrassigen Indianer mehr. Der Großteil der Bevölkerung ist wahrscheinlich noch ärmer als in Guatemala.

Auch dieses Land besetzten 1912 die USA, und bis 1925 blieb das Zoll-, Bank- und Transport­wesen in US-amerikanischer Hand. Nach sechs Jahren Befrei­ungskampf unter Führung von A. C. Sandino konnte schließlich 1932 der Abzug des US-Militärs erreicht werden. Die langjährige Diktatur des Somoza-Clans ende­te 1981 nach einem Bürgerkrieg. Soziale Spannungen allerdings halten bis heute an. 1983 hatte das Land offiziell noch 12 % Analpha­beten.

Wir landen in Managua, der Hauptstadt Nicaraguas, in wel­cher etwa ein Drittel der gesamt­en Bevölkerung lebt und besich­tigen zuerst die Zonen des durch Erdbeben zerstörten ehemaligen Stadtkerns und anschließend das neu erbaute Managua.

Im Laufe der Fahrt zur alten kolonialen Hauptstadt Granada (dort behauptet man, die älteste amerikanische Stadt zu sein, was allerdings auch Cumaná in Vene­zuela für sich in Anspruch nimmt) besteigen wir den fortwährend grummelnden, rumorenden und dampfenden Vulkan Masaya, wel­cher zum Glück seit langem nicht mehr in bedrohlicher Weise aus­gebrochen ist.

Stadt und Bischofssitz Granada liegen am riesigen Nicaragua-See (18 mal so groß wie der Boden­see), dem einzigen Süßwasser-See, in welchem Haifische, aber auch Sägefische und Blue Marlins leben. Die Armut der Einwohner von Granada ist bedrückend, man merkt, dass Erwachsene und Kin­der nicht aus Langeweile oder gar zum Vergnügen betteln. Das so­ziale Elend breiter Schichten ist mit eine Hinterlassenschaft der menschenverachtenden und zum Teil auch kriminellen Machen­schaften des von 1936 bis 1981 mit US-Unterstützung regierenden Somoza-Clans.

Glücklicherweise sind Zeichen von wirtschaftlicher Entwicklung sichtbar. Seit der US-Handelsblo­ckade gegen Kuba beispielsweise exportiert Nicaragua in stetig stei­genden Mengen handgefertigte Zi­garren aus im Lande angebautem Tabak nach USA und Kanada. Ein geschickter und fleißiger Zigar­renmacher kann in täglichen acht Stunden auf 10,– US $ pro Arbeits­tag kommen (ein Grundschullehrer an einer staatlichen Schule bringt es im Durchschnitt allerdings nur auf 80,– US $ im Monat).

Wir verlassen Granada und fa­hren zur Hafenstadt San Jorge; von dort bringt uns die Fähre auf die Vulkaninsel Ometepe im Ni­caragua-See.

Auf dieser Insel stoßen wir an mehreren Orten auf Beispiele von deutscher Entwicklungshil­fe, wie kleine Kliniken, Berufs­schulen, speziell geförderte land­wirtschaftliche Kooperativen. Der mächtige und an seinen Hängen bewaldete Vulkan Maderas über­ragt die ganze Insel. Mühsam radebrechend, dabei Arme und Hände nutzend, un­terhalten wir uns mit Mitgliedern der neu gegründeten Kaffee-Ko­operative, welche die schwierige Anfangszeit mit Hilfe von gün­stigen Krediten der Regierung glücklich überstanden hat. Der angebotene frisch gebrannte und gebrühte Kaffee schmeckt hervor­ragend! Auf ehemaligem Somo­za-Grund arbeiten die Menschen hart, um für sich und ihre viel­leicht doch allzu vielen Kinder eine dauerhafte Grundlage für ein auskömmliches Leben zu schaf­fen. Wir fahren weiter nach Süden in Richtung Costa Rica.



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