Per Gesetz zum potentiellen Organspender

Was hat es noch mit „Spende“ zu tun, wenn man ausdrücklich sagen muss, dass man Organspende ablehne? Überlebensnotwendige Organe dürfen nur von Toten entnommen werden. Doch von einem toten Körper können Organe nicht erfolgreich verpflanzt werden.
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Organverpflanzung ist bei lebenswichtigen Organen immer mit dem Tod des Spenders verbunden.Foto: iStock
Von 16. Dezember 2018

Bundes-Gesundheitsminister Jens Spahn möchte das deutsche Transplantationsgesetz an die Gesetzgebung in anderen europäischen Ländern wie z. B. in Spanien, Portugal, in den Niederlanden anpassen und jeden Menschen per Gesetz zum potentiellen Organspender machen, sofern der Einzelne einer Organspende nicht ganz dezidiert widerspricht (sog. Widerspruchslösung). An diesem Transplantationsgesetz wird bereits seit mehreren Jahren gearbeitet.

Vorangegangen ist eine Welle der Propaganda für Organspende, die auch mit Missbilligung für die organspendefaulen Deutschen nicht gespart hat. Schlagzeilen wie „Täglich sterben drei Menschen, weil kein Spenderorgan gefunden wird“ oder „In Deutschland sterben 10 000 Menschen, weil keine Organe bereitstehen“ sorgen für ein schlechtes Gewissen.

Organverpflanzung ist bei lebenswichtigen Organen immer mit dem Tod des Spenders verbunden

Dabei stellen 10 000 wegen möglicherweise durch Transplantation verhinderbarer Todesfälle gerade 1,1% der jährlichen Todesursachen. Und es stirbt auch kein Mensch, weil keine Organe da sind, sondern weil seine eigenen Organe nicht mehr mitspielen. Eine geglückte Organtransplantation erhöht die Überlebenschance für die nächsten Jahre z. T. erheblich, jedoch gibt es dafür keine Garantie. Die Nichtspender sind nicht schuld am Tod ihrer Mitmenschen.

Die Argumentation für das Organspenden zielt darauf ab, dass Organverpflanzung ein normales Heilverfahren für Betroffene darstellt. Das ist sie aber nicht. Organverpflanzung ist immer eine Gratwanderung und für die großen lebenswichtigen Organe immer mit dem Tod des Spenders verbunden.

Die Regel lautet: Überlebensnotwendige Organe dürfen nur von Toten entnommen werden. Aber: Von einem toten Körper können Organe nicht erfolgreich verpflanzt werden.

Um tot zu sein, muss man sterben – damit sind auch die Organe gestorben

Im Zusammenhang mit Organspende bedeutet Tod daher nur Tod des Geistes, also Hirntod. Es ist ein Tod per Definition, vom deutschen Ethikrat zwar bestätigt, jedoch keineswegs unumstritten. Der Hirntod wird anhand von festgelegten Untersuchungsmethoden ermittelt und festgeschrieben, ist aber letztlich nicht beweisbar.

Der Hirntote als Toter widerspricht allen Todeserfahrungen. Es ist kein „vollständiger Tod“, der Körper lebt. Dennoch werden hirntote Menschen als tot bezeichnet, da man sonst keine Organe entnehmen könnte. Wie weit das Gehirn tot sein muss, um vom Hirntod zu sprechen, ist ebenfalls eine Frage der Definition.

Um tot zu sein, muss man sterben. Sterben bedeutet aber zumindest das Sterben von Geist und Körper. Der Körper, der zuvor sorgfältig am Leben erhalten wird, wird mit der Organentnahme zu Tode gebracht. Die Transplantationsmedizin ist zudem sehr bemüht, den Todeszeitpunkt per Definition weiter nach vorn zu verlegen. Es gibt sogar Bestrebungen, den Tod als Voraussetzung der Organentnahme zu kippen.

Was ist mit Kindern? Was hat das noch mit Spende zu tun?

Im Zusammenhang mit der Widerspruchslösung wird argumentiert, man könne ja widersprechen. Ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung werde nicht widersprechen – und zwar nicht im Sinne einer Zustimmung, sondern weil man sich nicht damit beschäftigt, weil man das Ganze nicht ermessen kann, weil man dazu nicht in der Lage ist (z. B. krank oder geistig nicht beweglich genug).

Es gäbe mit Sicherheit mehr „Spender“ – aber nicht alle mit Zustimmung. Wenn man dem Hirntodkonzept folgen und es für sich akzeptieren kann, dann steht einer Organspendebereitschaft nichts im Wege. Aber was ist z. B. mit Kindern? Hier sollen Eltern entscheiden. Dürfen Eltern das vor dem beschrieben Hintergrund wirklich?

Was hat es noch mit „Spende“ zu tun, wenn man ausdrücklich sagen muss (vielleicht auch noch formell in einem Widerspruchsregister), dass man Organspende ablehne?

Der Staat würde Anspruch auf Organe erheben

Transplantationsmedizin und Transplantationswesen sind fest in privater Hand – es wird nach Aussage von Insidern viel Geld damit verdient. Wäre ein derartiges Gesetz zur Spendergewinnung auf Basis einer Widerspruchslösung dann ein Gesetz zum Geld drucken für Privatunternehmen?

Noch schlimmer aber ist die Tatsache, dass eine solche Gesetzgebung erstmalig Anspruch des Staates oder gar privater Unternehmen erheben würde auf Leib und Leben von Menschen (Sterben als Teil des Lebens) mit dem Verlangen, sich selbst aktiv zu schützen.

Wäre dies nicht ein Gesetz, auf dessen Grundlage nach Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes in das Recht auf körperliche Unversehrtheit eingegriffen werden würde? Diese Tür war bisher fest verschlossen. Soll sie wirklich geöffnet werden? Der nächste Schritt könnte die Verpflichtung zur Organspende sein!

Wer seine Organe aus eigenem Entschluss spenden möchte – sehr gern! Aber der Staat möge die Finger von seinen Bürgern lassen!

Dieser Beitrag erschien zuerst bei vera-lengsfeld.de und stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Meinung des Verlags oder die Meinung anderer Autoren dieser Seiten wiedergeben.



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