COVID-19 hat unsere Welt aus den Angeln gehoben – Es ist in Ordnung zu trauern
An Wochentagen inszenieren die Schwestern Lesley Laine und Lisa Ingle online „Happy Hours“ aus ihrem gemeinsamen Haus in Südkalifornien. Es ist etwas, das sie mit Einheimischen und weit entfernten Freunden in dieser Zeit der sozialen Distanzierung und Selbstisolierung genossen haben. An einem Abend habe ich mit ihnen angestoßen.
Wir haben während unseres halbstündigen FaceTime-Treffens gelacht und viel Spaß gehabt. Aber anders als bei unseren Besuchen vor der Pandemie machten wir uns auch Sorgen über viele Dinge. Wie zum Beispiel über unsere „Millennials“-Kinder, ihre Gesundheit und ihre Arbeit. Und was ist mit den zerbrechlichen Älteren und der Wirtschaft? Wird das Leben jemals zur „Normalität“ zurückkehren?
„Es fühlt sich an wie ein freier Fall“, sagte Francis Weller, ein Psychotherapeut aus Santa Rosa, Kalifornien. „Was wir einst für solide hielten, ist nicht länger etwas, worauf wir uns verlassen können.“
Die Corona-Pandemie, die den Globus überschwemmt, hat bei vielen Menschen Ängste um Leben und Tod hervorgerufen, und andere kämpfen mit einer Reihe von weniger offensichtlichen, existenziellen Verlusten, während sie die Warnungen zum Verbleib zu Hause beherzigen und sich fragen, wie schlimm das alles noch werden wird.
Um diese unsicheren Zeiten zu überstehen, ist es wichtig, verloren gegangene Routinen, soziale Verbindungen, Familienstrukturen und unser Gefühl der Sicherheit anzuerkennen und zu betrauern – und dann neue Wege zu schaffen.
Aber da wir uns auf die Verbreitung des Virus in unseren Nationen konzentrieren, könnten uns die grundlegenden oder sekundären Verluste entgehen. Menschen, denen es körperlich gut geht, fühlen sich möglicherweise nicht berechtigt, sich wegen der Störung des normalen Lebens emotional aufzuregen. Dennoch, so argumentiert die Psychologin Sonya Lott, ist es wichtig, unsere eigenen Verluste zu würdigen, auch wenn diese Verluste im Vergleich zu anderen gering erscheinen.
Unsere Verluste anerkennen
Wir zählen nun einige Verluste auf, welche man vielleicht schon innerlich benannt hat, oder auch nicht – ohne Frage trauern viele von uns um diese. Wie fühlen Sie sich, wenn Sie an diese denken?
Soziale Bindungen. Von den unmittelbaren Verlusten, wenn wir uns zu Hause isolieren müssen, ist die Trennung von engen Freunden und Familie vielleicht die schlimmste.
Kinder können nicht miteinander spielen. Es gibt kein persönliches soziales Engagement, keine Umarmungen, keine Berührungen – das stört unser emotionales Wohlbefinden“, sagt Terri Daniel, interreligiöse Seelensorgerin.
Die Trennung von unseren Kollegen und Bürokollegen bedeutet auch einen erheblichen Verlust.
Gewohnheiten und Lebensraum. Da die Welt außerhalb unserer Häuser nicht mehr so sicher ist, wie wir sie einst bewohnten, so Terri Daniel, haben wir unsere „Gewohnheiten und Lebensräume“ verloren.
Wir können uns nicht mehr auf unsere gewohnten Routinen und Rituale verlassen. Und ganz gleich, wie banal sie uns erscheinen mögen – ob wir nun einen Morgenkaffee im örtlichen Café trinken, zur Arbeit fahren oder die Kinder von der Schule abholen –, diese Routinen helfen uns, unser Selbstbewusstsein in der Welt zu definieren. Diese zu verlieren, schockiert unser System, sagt Sonya Lott, Psychologin.
Mitgefühl und Vertrauen
Annahmen und Sicherheit. Wir schlafen in der Annahme ein, dass wir am nächsten Morgen aufwachen werden, „dass die Sonne da sein wird und dass die Freunde alle leben werden und du gesund sein wirst“, erklärt Francis Weller. Aber die Ausbreitung des COVID-19-Virus hat fast jede Annahme erschüttert, mit der wir einst gerechnet hatten.
Und so verlieren wir unser Gefühl der Sicherheit in der Welt und unsere Annahmen über uns selbst“, fügte er hinzu.
Vertrauen in unsere Systeme. Wenn Regierungschefs, Regierungsbehörden, medizinische Systeme, religiöse Einrichtungen, die Börse und Unternehmen die Erwartungen der Öffentlichkeit nicht erfüllen, können sich die Bürger verraten und emotional entmutigt fühlen. „Wir alle trauern um diesen Verlust“, sagte Daniel.
Mitgefühl für die Verluste anderer. Selbst wenn man von einem bestimmten Verlust nicht direkt betroffen ist, kann man die Trauer anderer spüren, auch die von Vertriebenen; von Mitarbeitern des Gesundheitswesens an der Front; von Menschen, denen es verwehrt ist, ältere Verwandte in Pflegeheimen zu besuchen; von Menschen, die bereits Freunde und Familie durch das Virus verloren haben; und von Menschen, die es noch werden.
Wege, die Trauer zu würdigen
Sobald man die Verluste, die man fühlt, identifiziert hat, sollte man nach Wegen suchen, um diese Trauer zu würdigen, raten Trauerexperten.
Bezeugen und kommunizieren. Unsere Geschichten zu teilen ist ein wesentlicher Schritt, sagte Daniel.
Wenn Sie nicht darüber sprechen können, was Ihnen passiert ist, und Sie es nicht mitteilen können, können Sie nicht wirklich damit anfangen, daran zu arbeiten“, sagte sie. „Kommunizieren Sie also mit Ihren Freunden und Ihrer Familie über Ihre Erfahrungen.“
Es kann so einfach sein, wie den Hörer abzunehmen und einen Freund oder ein Familienmitglied anzurufen, sagte Weller. Er schlägt vor, einen Raum anzubieten, in dem man die Gefühle mitteilen kann, ohne dass einer von den Anwesenden Ratschläge gibt oder versucht, etwas für den anderen zu regeln.
Trauer ist kein Problem, das zu lösen gilt. Sie ist eine Präsenz in der Psyche, die wartet und bezeugt“, sagte er.
Daniel schlägt vor, dass Menschen, die eine starke Präsenz in den sozialen Netzwerken haben, eine Gruppe mit Freunden gründen könnten, um diese Verluste gemeinsam zu teilen. Mithilfe von Anwendungen wie Skype, FaceTime oder Facebook Live lassen sich virtuelle Treffen täglich oder wöchentlich leicht einrichten.
Andere Hilfen: Ein Tagebuch, Malen, Meditieren
Schreiben, kreieren, ausdrücken. Ob man nun extrovertiert oder introvertiert ist, ein schriftliches oder aufgezeichnetes Tagebuch zu führen, bietet eine weitere Möglichkeit, Verlust und Trauer auszudrücken, zu identifizieren und anzuerkennen.
Und dann gibt es noch die Kunsttherapie, die besonders hilfreich sein kann für Kinder, die sich nicht gut mit Worten ausdrücken können. Aber auch für Teenager und sogar für viele Erwachsene kann Malen und Kunst die nötige Hilfe bieten.
Meditieren. Regelmäßige Meditation oder sich einfach nur Zeit zu nehmen, um zu verlangsamen und mehrere tiefe, beruhigende Atemzüge über den Tag verteilt zu machen, hilft ebenfalls. Es führt zum Abbau von Stress – und ist für jeden verfügbar, sagte Sonya Lott.
Und trotz Trauer für Freude offen bleiben
Offen sein für Freude. Und schließlich rät Lott dazu, in diesen schwierigen Zeiten Freude und Dankbarkeit ins Leben zu lassen. Egal, ob es sich um eine virtuelle Happy Hour, eine Teestunde oder eine Tanzparty handelt, man solle auf andere zugehen, sagte sie.
„Wenn wir Dankbarkeit in der kreativen Art und Weise finden können, in der wir uns miteinander verbinden und jemandem helfen“, sagte sie, „dann können wir unsere Trauer besser tragen und uns mit weniger Schwierigkeiten und mehr Anmut durch sie hindurch bewegen“.
Der Artikel wurde in Zusammenarbeit mit NPR und Kaiser Health News produziert. Stephanie O’Neill ist Stipendiatin an der Universität von Colorado-Boulder.
Der Originalartikel erschien in The Epoch Times USA (deutsche Bearbeitung von sza)
Originalfassung: COVID-19 Has Upended Our World; It’s OK to Grieve
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