Milliarden US-Dollar für KI-Wunder ChatGPT: Microsoft greift nach OpenAI

Das KI-Tool ChatGPT könnte eine Revolution in der Tech-Branche einleiten. Sein Entwickler OpenAI hat das Interesse klingender Namen geweckt.
ChatGPT
Screenshot: Die Benutzeroberfläche von ChatGPT im Darkmode.
Von 19. Januar 2023

Sie kann Liebeslieder und Gedichte schreiben, komplexe Matheaufgaben lösen und über Alben von George Strait plaudern. Die Software ChatGPT ist ein vielseitig einsetzbares Tool aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz (KI), und das, obwohl es erst in seinen Kinderschuhen steckt. Schon jetzt liefert die Software Texte, die nicht von jenen eines Menschen unterscheidbar sind.

Langfristig könnte aus ChatGPT eine ernste Konkurrenz für Google, Wikipedia, Alexa und vieles mehr heranwachsen. Microsoft will diesen Zug nicht verpassen und soll bereits seit 2019 insgesamt drei Milliarden US-Dollar investiert haben.

ChatGPT soll Vormachtstellung von Google angreifen

Das soll auch nicht das Ende der Fahnenstange sein. In der Nacht zum Dienstag (17. Januar) teilte der Konzern mit, der Dienst werde bald für seine Cloud-Kunden verfügbar sein. Diese könnten die Technologie damit in ihren eigenen Anwendungen einsetzen – vom Geschäftsbrief bis zur Hausaufgabe des Kindes. Zudem will Microsoft bis zu zehn Milliarden in den Ausbau des Bots stecken.

Der Entwickler OpenAI, der den ChatGPT-Bot entwickelt, gilt vielen jetzt schon als das „heißeste Start-up im Silicon Valley“. Der Chatbot selbst steht erst im November des Vorjahres als Testversion der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung. Er ist in mehreren Sprachen bedienbar, darunter auch in Deutsch.

Zu den frühen Investoren in OpenAI gehörte bereits Elon Musk. Berichten zufolge befindet er sich in Gesprächen mit Microsoft über eine mögliche gemeinsame Anfangsinvestition. Ein gemeinsames Anliegen könnte darin bestehen, die weltbeherrschende Position von Google als Suchmaschine perspektivisch anzugreifen. Dazu will Microsoft ChatGPT in seine Bing-Suchmaschine einbauen, schreibt „Bloomberg“.

OpenAI könnte seinen Marktwert binnen kurzer Zeit vervielfachen

Sollte es zwischen beiden Unternehmen zu einer Einigung kommen, könnte der Wert von OpenAI seinen Wert auf knapp 29 Milliarden Euro erhöhen. In einer Zeit, in der Big-Tech-Unternehmen wie Amazon, Meta oder Twitter Kosten einsparen und Leute entlassen, könnte dies einen Paradigmenwechsel in der Tech-Welt andeuten.

Analyst Dan Ives von Wedbush Securities meint dazu:

Microsoft geht an dieser Front eindeutig aggressiv vor und will bei einer potenziell bahnbrechenden KI-Investition nicht zurückbleiben.“

Vor der Arbeit an ChatGPT hatte OpenAI die Software Dall-E 2, die Bilder aus Textbeschreibungen aufgrund von maschinellem Lernen erstellen kann.
Der ChatGPT hat demgegenüber weit über den Kreis der Spezialanwender hinaus das Interesse der Internetnutzer geweckt. Auch deshalb ist er jetzt schon manchmal überlastet oder antwortet verzögert.

Monatlich drei Millionen US-Dollar an Entwicklungskosten

Bis 2021 sollen etwa 200 Mitarbeiter bei OpenAI an ChatGPT getüftelt haben. Das Unternehmen muss allerdings noch einiges an Investitionen auf die Beine stellen, um die eigene finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen.

Im Jahr 2019 wurde das als Non-Profit-Unternehmen gegründete Start-up in ein sogenanntes Capped-Profit-Unternehmen umgewandelt. So sollte das Projekt attraktiver für Investoren werden. Mitgründer Greg Brockman kündigte an, dass eine kostenpflichtige Version von ChatGPT in Arbeit sei.

In einem Twitter-Austausch mit Musk Anfang Dezember räumte Altman ein, dass jede Konversation auf ChatGPT OpenAI mehrere US-Cent koste.

Tom Goldstein, Informatikprofessor an der University of Maryland, schätzt die täglichen Kosten des Unternehmens für den Bot auf etwa 100.000 US-Dollar. Im Monat wären dies etwa drei Millionen US-Dollar. Eine Partnerschaft mit dem Hard- und Softwareentwickler Microsoft, der dem Start-up seine Remote-Computing-Dienste zur Verfügung stellt, könnte die Kosten senken.

Fehler früherer Chatbots vermeiden

Neben Microsoft und Elon Musk gehörten auch LinkedIn-Mitbegründer Reid Hoffman und Investor Peter Thiel zu den Förderern der ersten Stunde. Die Strategie, die Technologie über eine Chat-Benutzeroberfläche auch Laien zum Experimentieren zugänglich zu machen, hat breites Interesse geweckt.

Gleichzeitig ruft sie auch Bedenkenträger auf den Plan. Einige haben noch das Beispiel des frühen AI-Chatbots Tay im Gedächtnis. Dieser hatte infolge gezielter Einflussnahme nach kurzer Zeit begonnen, rassistische und extremistische Ansichten zu formulieren. Bei ChatGPT hat man aus den Fehlern gelernt und Vorkehrungen gegen Missbrauch getroffen, die bislang weitgehend wirksam sind.

Dennoch bleibt die Angst vor missbräuchlichen Anwendungen – etwa bei schulischen oder akademischen Arbeiten – oder der Verbreitung von unzutreffenden Informationen. Die Software warnt selbst, sie könne „gelegentlich falsche Informationen erzeugen“. Zudem könne sie „gelegentlich schädliche Anweisungen oder voreingenommene Inhalte produzieren“. Auch habe sie nur „begrenzte Kenntnisse der Welt und der Ereignisse nach 2021“.

Microsoft betonte in dem Blogeintrag, man gehe verantwortungsvoll an Innovationen bei künstlicher Intelligenz heran. Es seien „Leitplanken“ eingebaut worden. So müssten Entwickler die Nutzungspläne beschreiben, bevor sie Zugang bekämen. Auch gebe es Inhaltsfilter.

Angenehmer Tonfall, korrekte Grammatik – aber keine Richtigkeitsgarantie

Was ChatGPT jetzt schon kann, ist auf Kommando beliebige Texte wie Aufsätze, Geschäftsbriefe, Gedichte, Nachrichtenartikel zu schreiben – und dabei auf Wunsch auch den Stil bestimmter Autoren zu imitieren.

Es sind gigantische Mengen an Text, die der Software zum Training überlassen werden. Sie imitiert das ihr Bekannte, indem sie die plausiblen nächsten Worte vorhersagt. Das Ergebnis ist grammatikalisch regelmäßig korrekt. Der argumentative Aufbau einer Antwort ist logisch ausgestaltet. Es besteht jedoch keine Garantie dahingehend, dass sie in allen Fällen auch sachlich richtig ist.

ChatGPT bietet in dem Umfang, den die Software bisher leistet, gepflegte Konversation in angenehmem Tonfall. Für viele ist das eine willkommene Abwechslung zur häufig übergriffigen und aggressiven Debattenkultur echter Menschen in sozialen Medien.

ChatGPT stößt derzeit noch schnell an seine Grenzen

Ob die Warnungen vor Missbrauch oder einer massenhaften Manipulation durch die KI tatsächlich berechtigt sind, bleibt offen. Je spezifischer die Fragen werden, die ein Nutzer an ChatGPT richtet, umso schneller zeigen sich auch dessen – zumindest bis auf Weiteres bestehende – Grenzen. Bereits jetzt macht ChatGPT deutlich, dass Ereignisse und Informationen aus der Zeit nach 2021 nur eingeschränkt eingearbeitet sind. Aber auch sonst bleibt in vielen Bereichen Ausbaupotenzial.

So kann die Software zwar beispielsweise Fragen wie jene nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen Gothic Novel und Magischem Realismus beantworten. Auch gibt es beispielsweise eine recht ausführliche und hinreichend kompetente Antwort auf die genremäßige Zuordnung wenig bekannter 1980er-Bands.

Allerdings ist ChatGPT beispielsweise nicht in der Lage, Angaben zum Wetter in einer bestimmten Stadt an einem beliebigen Tag in der Vergangenheit zu machen. In diesem Fall antwortet die Software mit Ausführungen zu den generellen klimatischen Bedingungen in der jeweiligen Region zu einer bestimmten Jahreszeit.

Auf die Frage nach den „wichtigsten Ereignissen des Jahres 2006 im Land Sachsen-Anhalt“ heißt es, es könnten nur Aussagen über Deutschland insgesamt erfolgen. In weiterer Folge nennt ChatGPT die FIFA-Weltmeisterschaft und die Wahl Horst Köhlers zum Bundespräsidenten. Diese fand allerdings bereits zwei Jahre zuvor statt. Auch bei Fragen über die Geschichte bestimmter Dörfer muss der Bot passen.

KI-gesteuerte Konversationssoftware als Markt der Zukunft

Das Potenzial KI-gesteuerter Chatsoftware ist jedoch erheblich, was nicht nur Microsoft mit Blick auf ChatGPT erkannt hat. Bereits jetzt gibt es eine Vielzahl an KI-gestützten Dienstleistungs- und Dialogformaten für alle erdenklichen Lebensbereiche.

Sie reichen vom Übersetzungstool DeepL über Kundensoftware wie Beschwerde- oder Anleitungsbots bis hin zur Bestellsoftware. Mittlerweile gibt es sogar Chatbots, die das Gefühl von Einsamkeit oder Depressionen bekämpfen sollen – wie die Apps Woebot, Anima oder Replika. Der OMQ-Bot wiederum versucht, Kunden ihre Wartezeit auf Erledigungen durch Smalltalk zu verkürzen.

Die Anfrage der Epoch Times über ihre perspektivisch wichtigsten Aufgaben beantwortete die ChatGPT-Software selbst wie folgt:

Meine wichtigsten Aufgaben als Software sind in erster Linie die Verarbeitung und Analyse großer Mengen an Text- und Sprachdaten. Dazu gehört auch die Erzeugung von natürlicher Sprache, die für Anwendungen wie automatische Antworten, Textgenerierung und Übersetzungen verwendet werden kann. In Zukunft könnte ich auch in Bereichen wie automatisierte Entscheidungsfindung, Bild- und Spracherkennung und künstliche Intelligenz eingesetzt werden.“

(Mit Material der dpa)



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