HSV-Handballer am Ende: Kein Geld für Rückrunde

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Mannschaftskapitän Pascal Hens ist von der Insolvenz-Nachricht des HSV betroffen.Foto: Christian Charisius/dpa
Epoch Times15. Januar 2016
Beim Handball-Bundesligisten HSV Hamburg gehen die Lichter aus. Nach dreizehneinhalb Jahren Erstklassigkeit besteht kaum noch Hoffnung auf Spitzen-Handball.

Das Insolvenzverfahren beim zahlungsunfähigen Verein ist am 15. Januar nach Prüfung aller Unterlagen eröffnet worden, doch bereits die Fortsetzung der Saison nach der Winterpause ist unwahrscheinlicher denn je. Zudem besteht der Verdacht des Lizenzbetrugs. „Die finanziellen Mittel reichen nicht aus, um den Spielbetrieb aufrechterhalten zu können“, sagte Insolvenzverwalter Gideon Böhm. Wäre das Verfahren mangels Masse nicht eröffnet worden, hätte das die sofortige Einstellung des Spielbetriebs und den Zwangsabstieg des HSV nach sich gezogen. Vermutlich wird dieser aber nur um zwei bis drei Wochen hinausgeschoben.

Dem mit rund vier Millionen Euro verschuldeten Verein fehlen zwei Millionen Euro für den laufenden Betrieb bis Saisonende. Trotz zahlreicher Gespräche mit Gläubigern und Förderern seien keine kurzfristigen Lösungen möglich. „Der Spielbetrieb ist nicht endgültig eingestellt, aber ich gehe davon aus, dass wir das in Kürze mitteilen müssen“, sagte Böhm.

Jetzt heißt die Losung: Rette sich, wer kann. Der Insolvenzverwalter hat den HSV-Profis freigestellt, zu anderen Vereinen zu wechseln. „Momentan sieht es nicht sehr gut aus. Jetzt zu realisieren, dass es vorbei sein soll, fällt mir momentan sehr, sehr schwer“, sagte Rückraumspieler Pascal Hens beim TV-Sender Sky Sport News HD. Er mache sich Gedanken über die Zukunft. „Ob es in Hamburg für mich weitergeht, ob ich sportlich noch mal irgendwo aktiv werde, werde ich jetzt abwarten.“ Das erste Training nach der Winterpause am Freitag sagten Hens und seine Kollegen geschockt ab.

Drei Profis haben dem HSV bereits den Rücken gekehrt: Adrian Pfahl (Frisch Auf Göppingen), Ilija Brozovic (THW Kiel) und Torwart Jens Vortmann (SC DHfK Leipzig) sind weg. Interessenten gibt es auch für Torjäger Hans Lindberg, Torhüter Johannes Bitter oder den Dänen Casper Mortensen. „Böhm: „Das Transferfenster ist bis zum 15. Februar geöffnet.“

Eine drastische Reduzierung des Gehaltsetats würde dem HSV eine winzige Chance auf Fortsetzung der Saison lassen. Welche Spieler aber künftig auflaufen sollen, ist unklar. Zudem könnten Konkurrenten Sturm laufen wegen Wettbewerbsverzerrung.

Nächster Keulenschlag: Es besteht der Verdacht, dass sich die Hanseaten die Bundesliga-Lizenz für diese Saison unrechtmäßig erschlichen haben. Grund ist die Verpflichtungerklärung von Mäzen und Ex-Präsident Andreas Rudolph über 2,5 Millionen Euro. Diese liegt der HBL als Sicherheit vor, nicht aber jene bislang unbekannte Vereinbarung zwischen Rudolph und dem HSV, die die Garantieerklärung „wieder einschränkt“, wie Böhm es formulierte. „Ob die Zahlung von Rudolph zu Recht verweigert wird, müssen wir klären.“ Ein Rechtsstreit zwischen dem Ex-Präsidenten und dem Liga-Verband HBL droht. Bitter: Mit den 2,5 Millionen Euro wäre der HSV in dieser Saison gerettet. Eine Lösung gibt es jedoch nicht, weil ein Rechtsstreit weit über die laufende Saison hinaus dauern würde.

Selbst bei möglichem Lizenzbetrug könnte der HSV die Saison aber zu Ende spielen. Das besagen die HBL-Satzungen. Allerdings würde dem Verein am Saisonende die Spielgenehmigung entzogen und er müsste in die 3. Liga absteigen. Grund für die Kulanz ist eine Gleichbehandlung aller Vereine, die gegen den HSV antreten müssen. Die Hamburger haben bereits 20 von 34 Bundesliga-Partien absolviert.

Tritt der HSV, der als Tabellenvierter über stattliche 29:11 Punkte verfügt, nicht mehr zur Fortsetzung der Rückrunde an, steht er als Absteiger fest und alle Spiele der Norddeutschen werden aus der Saison herausgerechnet.

Böhm sieht langfristig eine Chance für Erstliga-Handball in Hamburg. „Vielleicht ist es sinnvoller, den Spielbetrieb einzustellen und ein Konzept für die nächste Saison zu entwickeln.“ Das wäre dann aber nicht in der Bundesliga. Für ein Drei-Jahres-Konzept hat Böhm einen Bedarf von acht Millionen Euro errechnet. „Die Gelder wären einwerbbar gewesen“, beteuerte er.

Der Insolvenzverwalter hat sämtliche Geschäfte beim Tabellenvierten übernommen und ersetzt den bisherigen Geschäftsführer Christian Fitzek. Der muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen wegen möglicher Insolvenzverschleppung und der mysteriösen Zusatzvereinbarung mit Rudolph.

(dpa)


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