Nach „Wolfsgruß“: Türkischer Botschafter einbestellt – Erdogan besucht Viertelfinale

Nach der umstrittenen Wolfsgruß-Geste des türkischen Nationalspielers Merih Demiral beim Torjubel hat das Auswärtige Amt den türkischen Botschafter einbestellt.
Titelbild
Türkische Botschaft in Berlin. Symbolbild.Foto: John MacDougall/AFP via Getty Images
Epoch Times4. Juli 2024

Inmitten diplomatischer Verstimmungen zwischen Berlin und Ankara wegen der Torjubel-Affäre bei der Fußball-Europameisterschaft hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan seinen Besuch zum Viertelfinale am Samstag in Berlin angekündigt. Er wird im Olympiastadion das Spiel der türkischen Nationalmannschaft gegen die Niederlande besuchen, wie das türkische Präsidialamt am Donnerstag mitteilte.

Erdoğan sagte dafür seine geplante Reise nach Aserbaidschan ab, wie die Deutsche Presse-Agentur aus informierten Kreisen erfuhr. In türkischen Medien hieß es, Grund sei die Debatte um den sogenannten Wolfsgruß. Erdoğan wolle der türkischen Mannschaft den Rücken stärken.

Kurz zuvor hatte das Auswärtige Amt den türkischen Botschafter wegen der Torjubel-Affäre einbestellt. Die Einbestellung fand am Donnerstagvormittag statt. Als Gastgeber der Europameisterschaft „wünschen wir uns, dass Sport verbindet“, schrieb das Auswärtige Amt dazu im Online-Dienst X. Am Mittwoch hatte die türkische Regierung den deutschen Botschafter in Ankara einbestellt, nachdem die Bundesregierung Kritik an der Wolfsgruß-Geste des türkischen Nationalspielers Merih Demiral beim Torjubel geäußert hatte.

Vertreter der Türkischen Gemeinde sieht keinen Grund zur Aufregung

Der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde in Deutschland, Ali Ertan Toprak, forderte die Bundesregierung auf, Erdogan bei seinem geplanten Besuch des Viertelfinalspiels der Türkei bei der Fußball-Europameisterschaft in Berlin „keine große Bühne“ zu bieten. „Aber man kann den Besuch des Spiels wahrscheinlich nicht verhindern“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Toprak befürchtet, dass der Besuch „den türkischen Nationalismus in den Stadien und auf den Straßen noch einmal beflügeln wird.“

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, sieht dagegen keinen Grund für Kritik an Erdogans EM-Besuch. „Wenn Erdogan nach Berlin kommen will, dann soll er kommen“, sagte Sofuoglu dem RND. „Es gibt keinen Grund zur Aufregung. Andere Präsidenten und Könige kommen ebenfalls zu den Spielen ihrer Mannschaften.

Der CDU-Innenpolitiker Stefan Heck kritisierte den Besuch Erdogans als Einmischung in die innenpolitischen Angelegenheiten Deutschlands. Der Besuch des EM-Spiels Türkei gegen die Niederlande sei eine „klare Provokation“, sagte Heck dem TV-Sender Welt.

Faeser fordert UEFA-Sanktionen gegen Demiral

Abwehrspieler Demiral hatte die nationalistische Geste mit beiden Händen nach seinem zweiten Tor beim 2-1 Sieg seiner Mannschaft im Achtelfinalspiel gegen Österreich am Dienstagabend in Leipzig gezeigt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte den europäischen Fußballverband UEFA auf, Sanktionen zu prüfen. Ankara nahm Demiral dagegen in Schutz. „Die Reaktion der deutschen Behörden gegenüber Herrn Demiral sind selbst fremdenfeindlich“, erklärte das türkische Außenministerium.

Vertreter der Parteien in Deutschland verurteilten die Geste Demirals. „Es ist absolut inakzeptabel, die Bühne der Fußball-Europameisterschaft zu missbrauchen, indem rechtsextreme Symbole gezeigt werden und so rassistisches Gedankengut transportiert wird“, erklärte Dirk-Ulrich Mende von der SPD. „Die vermeintliche Entschuldigung durch den Spieler Merih Demiral, wonach er lediglich seiner ‚türkischen Identität‘ Ausdruck verleihen wollte, ist ebenso inakzeptabel.“

Der CDU-Politiker Christoph de Vries betonte: „Fußball und Faschismus sind ein krasser Widerspruch“. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Kassem Taher Saleh erklärte, wer den Wolfsgruß auf dem Platz verbreite, habe „nicht nur Respekt vor dem Sport, sondern ganz grundlegend vor Menschen verloren.“ Die UEFA müsse sofort Konsequenzen ziehen.

Graue Wölfe in Deutschland unter Beobachtung des Verfassungsschutzes

Die Grauen Wölfe gelten als die größte rechtsextremistische Organisation in Deutschland mit etwa 12.100 Anhängern. Ihre Wurzeln befinden sich in der türkischen „Ülkücü“-Bewegung, die in den 1960er Jahren von Alparslan Türkeş gegründet wurde und ihre Ideologie basiert auf einem übersteigerten türkischen Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus.

In Deutschland sind die Grauen Wölfe hauptsächlich in drei großen Dachverbänden organisiert: der ADÜTDF (Türkische Föderation): ca. 7.000 Mitglieder in 200 Ortsvereinen, der ATİB: ca. 2.500 Mitglieder in 25 Vereinen und der ANF: ca. 1.000 Mitglieder in 15 Ortsvereinen.

Die Präsenz der Grauen Wölfe in Deutschland geht auf die Gastarbeiter-Einwanderung in den 1960er und 1970er Jahren zurück. 1978 wurde der Dachverband ADÜTDF gegründet.

Aufgrund ihrer extremistischen Ausrichtung werden die Grauen Wölfe vom deutschen Verfassungsschutz beobachtet. (afp/dpa/red)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion