Venezuela: Staatsmonopol für Treibstoff aufgehoben – 200 Tankstellen privatisiert
Angesichts der Krise in Venezuela hat die sozialistische Regierung ein Ende des Staatsmonopols für Treibstoff beschlossen. Das verkündete Staatschef Nicolás Maduro in einer Rede.

Ein Mitglied der motorisierten Brigade der Bolivarischen Nationalpolizei kontrolliert Fahrzeuge an einem Kontrollpunkt vor der Tankstelle während der zweiten Woche der nationalen Quarantäne am 27. März 2020 in Caracas, Venezuela.
Foto: Leonardo Fernandez Viloria/Getty Images
Angesichts der Krise in Venezuela hat die sozialistische Regierung zum 1. Juni eine Erhöhung der Benzinpreise und ein Ende des Staatsmonopols für Treibstoff beschlossen. „Wir haben entschieden, dass 200 Tankstellen dieses Produkt zum internationalen Preis verkaufen können“, sagte Staatschef Nicolás Maduro am Samstag in einer Rede in Caracas. Diese Tankstellen würden „von privaten Unternehmern geführt“.
Der internationale Preis für Benzin sei mit 0,50 Dollar (0,45 Euro) festgelegt worden, führte Maduro aus. An wen die Lizenzen für die privat geführten Tankstellen gingen und ob es dazu ein Bieterverfahren gab, teilte der Präsident nicht mit.
Maduro kündigte zugleich ein Subventionssystem für weiterhin günstigeren Treibstoff an. Für ein Privatauto können demnach monatlich 120 Liter Benzin zum Literpreis von 5.000 Bolivar (0,023 Euro) gekauft werden, für Motorräder monatlich 60 Liter. Für den öffentlichen Verkehr soll der Treibstoff zu 100 Prozent subventioniert werden.
Venezuela ist das erdölreichste Land der Welt, trotzdem gibt es in dem südamerikanischen Land derzeit schwere Versorgungsengpässe bei Treibstoff wie auch bei anderen Gebrauchsgütern.
Venezuela – höchster Pro-Kopf-BIP in den 1970er Jahren in der Region
In den 1970er Jahren war es das am schnellsten wachsende Land Lateinamerikas mit der geringsten Einkommensungleichheit und dem höchsten Pro-Kopf-BIP in der Region.
Hugo Chávez trat 1999 sein Amt als neuer Präsident an und führte ein Verstaatlichungsprogramm ein. Er erklärte er würde den Sozialismus des 21. Jahrhunderts aufbauen. Es folgte staatliche Beschlagnahmungen oder Verstaatlichung zahlreicher Privatunternehmen aus unterschiedlichen Branchen, darunter Öl, Landwirtschaft, Finanzen, Schwerindustrie, Stahl, Telekommunikation, Energie, Transport und Tourismus.
Produktive Wirtschaftszweige wurden aufgelöst. Die neuen Staatsbetriebe erwiesen sich als ineffizient. Die Investoren blieb daraufhin fern. Durch den Produktionsrückgang wurde Venezuela von Importen abhängig. Es folgten staatliche Interventionen mit Devisenreserven, Preiskontrollen. Dann fiel der Ölpreis und Venezuela kollabierte wirtschaftlich.
Unter Maduro verschlimmerte sich die Lage weiter. Er erhöhte den Einfluss der Armee auf die Wirtschaft. Ließ über die Zentralbank neues Geld drucken. Aber er führte keine grundlegenden Reformen durch. Die Wirtschaft war weiter verstaatlicht.
Maduros Regierung macht USA für wirtschaftliche Lage verantwortlich
Maduros Regierung macht nun für die jetzige wirtschaftliche Lage Venezuelas die US-Sanktionen verantwortlich. Die Corona-Pandemie hat die Versorgungskrise weiter verschärft.
Wegen der Versorgungskrise schickte der ebenfalls mit US-Sanktionen belegte Iran fünf Öltanker nach Venezuela, der erste traf vor einer Woche in venezolanischen Gewässern ein. Medienberichten zufolge hatten die fünf Tanker insgesamt 1,5 Millionen Barrel Treibstoff geladen.
Abgesehen von der Versorgungskrise steckt Venezuela in einer tiefen politischen Krise. Maduro und der von den USA unterstützte Oppositionsführer und Parlamentspräsident Juan Guaidó kämpfen seit etwa anderthalb Jahren um die Macht.
(afp/er)
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