US-Gericht verwirft Klage namibischer Volksgruppen gegen Deutschland
Ein US-Bundesgericht hat eine Klage zu den unter deutscher Kolonialherrschaft verübten Verbrechen im heutigen Namibia verworfen. Richterin Laura Taylor Swain entschied am Mittwoch in New York, dass der deutsche Staat gegen die von den Volksgruppen der Herero und Nama eingereichte Sammelklage durch das Prinzip der Staatenimmunität geschützt sei, wie aus einem Gerichtsdokument hervorgeht. Der Anwalt der namibischen Gruppen kündigte Berufung an.
Zwischen 1904 und 1908 waren unter der deutschen Kolonialherrschaft im damaligen Deutsch-Südwestafrika zehntausende Herero und Nama getötet worden. Die Massaker gelten als erster Völkermord des 20. Jahrhunderts.
Die Nachfahren der Opfer forderten in ihrer Klage in New York Entschädigungen für die Verbrechen. Sie machten unter anderem geltend, dass Einnahmen der früheren deutschen Reichsregierung aus dem Landraub an ihren Vorfahren in den Erwerb von vier Immobilien in der Stadt New York geflossen seien. Bei einer dieser Immobilien handelt es sich um den heutigen Sitz der deutschen UN-Vertretung und des Generalkonsulats.
Die Kläger führten ferner an, dass die Überreste von einigen ihrer Vorfahren einst aus Deutschland an ein New Yorker Museum verkauft worden seien. Sie argumentierten, dass aufgrund deutscher „geschäftlicher Aktivitäten“ innerhalb der USA und mit Bezug zu den USA Ausnahmeregelungen in einem US-Gesetz anwendbar seien, das ansonsten ausländischen Staaten Immunität gegen Klagen gewährt.
Die Richterin befand nun jedoch, dass die Kläger die Ausnahmeregelungen des Gesetzes zu weit interpretierten. Die Kriterien für in dem Gesetz genannte „geschäftliche Aktivitäten“, die eine Ausnahme vom Prinzip der Staatenimmunität rechtfertigten, seien nicht erfüllt. In ihrer auf 23 Seiten begründeten Entscheidung gab Swain dem Antrag des Rechtsvertreters der Bundesregierung statt, die Klage nicht anzunehmen und damit einen Prozess über die Schadenersatzforderungen nicht zuzulassen.
Der Anführer der Herero, Vekuii Rukoro, bezeichnete die Entscheidung als nicht nur „enttäuschend“ für sein Volk, sondern für „alle Nationen der Welt, die der Gerechtigkeit und Fairness für alle verpflichtet sind“. Er warf Swain bei einer Pressekonferenz in Windhuk vor, in ihrer Analyse der Rechtslage „grundlegende Fehler“ gemacht zu haben.
Der New Yorker Anwalt der Herero und Nama, Kenneth McCallion, sagte der Nachrichtenagentur AFP, er plane neben der Berufung auch eine Reise nach Namibia, um über die „künftige Strategie“ gegenüber der Bundesregierung zu beraten.
Die deutsche Aktivistenorganisation „Völkermord verjährt nicht“ bezeichnete die Gerichtsentscheidung als „Pyrrhussieg“ für Deutschland. „Wegen seiner beschämenden Weigerung, den Genozid offiziell anzuerkennen und die Herero und Nama um Entschuldigung zu bitten, sitzt es doch vor der Weltöffentlichkeit schon längst auf der Anklagebank“, erklärte der Namibia-Experte des Bündnisses, Christian Kopp.
Die Bundesregierung verhandelt seit 2014 mit der Regierung in Windhuk über eine Versöhnungserklärung. Darin will sie um Vergebung für die Gräueltaten bitten, die sie selbst inzwischen als Völkermord bezeichnet. Reparationszahlungen lehnt Berlin jedoch weiterhin ab. In den Verhandlungen geht es auch um eine Ausweitung der Entwicklungshilfe für Namibia.
Kompliziert sind die Verhandlungen auch deswegen, weil die namibische Regierung von der Mehrheitsvolksgruppe der Ovambo geprägt ist. Deshalb sehen die Herero und Nama ihre Interessen in den Verhandlungen nur unzureichend vertreten. (afp)
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