Staatspleite droht: Argentinien macht Gläubigern „letztes Angebot“
Die zweitgrößte und einst reichste Volkswirtschaft Südamerikas ist völlig überschuldet, die Corona-Krise verschärft die Rezession. Kommt es zu keiner Übereinkunft, droht erneut die Staatspleite.

Argentiniens Präsident Alberto Fernandez und Vizepräsident Cristina Fernandez de Kirchner während einer Pressekonferenz in Buenos Aires.
Foto: ESTEBAN COLLAZO/Presidencia Argentina/dpa/dpa
In den seit Monaten andauernden Verhandlungen über einen Schuldenschnitt für Argentinien legt die Regierung in Buenos Aires ein letztes Angebot auf den Tisch.
Die privaten Gläubiger sollen bei der Umschuldung im Durchschnitt 53,5 Cent pro Dollar erhalten, wie aus der am Montag bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereichten Vorschlag hervorgeht. Damit liegt das neue Angebot über der Grenze, die der Internationale Währungsfonds (IWF) für nachhaltig hält.
Argentiniens Präsident: „Wir haben enorme Anstrengungen unternommen, um unser Wort zu halten“
„Wir haben enorme Anstrengungen unternommen, um unser Wort zu halten“, sagte Argentiniens Präsident Alberto Fernández. Die neue Offerte sei „das Maximum, das wir anbieten können“.
Eine der wichtigen Kreditgeber-Gruppen, das Argentina Creditor Committee (ACC), bot Argentien kürzlich an sich mit 54,5 Prozent der eigentlich ausstehenden Forderungen zufrieden zu geben.
Vorher forderte das ACC 55 bis 56 Prozent und die Regierung stellte zuletzt etwa 50 Prozent in Aussicht . ACC ist ein Zusammenschluss aus 30 Fonds und Investmentfirmen.
Schuldenberg zu groß – es droht der neunte Zahlungsausfall in der argentinischen Geschichte
Die Schulden der zweitgrößten Volkswirtschaft in Südamerika sind zu den aktuellen Bedingungen nicht mehr tragfähig. Deshalb fordert Argentinien von seinen Gläubigern, auf einen Teil ihrer Forderungen von rund 66 Milliarden US-Dollar (rund 59 Mrd. Euro) zu verzichten. Kommt es zu keiner Einigung, droht dem Land erneut die Staatspleite. Es wäre der neunte Zahlungsausfall in der argentinischen Geschichte. Die Situation Argentiniens hat sich durch die Corona-Krise verschärft. Allerdings stieg der Schuldenberg bereits seit 2010 kontinuierlich, von damals rund 180 Mrd. US-Dollar, auf über 320 Mrd. US-Dollar (Stand Ende Juli 2019).
Gläubiger sind unter anderem Investmentkonzerne wie Blackrock, Fidelity, Greylock Capital und Ashmore
Das neue Angebot gilt nun bis zum 4. August. Zwar hatten sich die Verhandlungspartner zuletzt aufeinander zubewegt, allerdings konnte bislang keine Einigung erzielt werden. Zu den Gläubigern gehören unter anderem die Investmentkonzerne Blackrock, Fidelity, Greylock Capital und Ashmore.
„Wir haben unseren Teil geleistet in den Bemühungen, die Schuldenkrise auf nachhaltige Weise zu beenden“, sagte Wirtschaftsminister Martín Guzmán. „Wir hoffen, dass unsere Gläubiger verstehen, dass unsere Mittel begrenzt sind, und unsere Bereitschaft anerkennen, zu einer Übereinkunft zu kommen, die für beide Seiten funktioniert.“
Inflationsrate betrug zuletzt mehr als 50 Prozent
Argentinien steckt in einer schweren Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Inflationsrate betrug zuletzt mehr als 50 Prozent. Für das laufende Jahr rechnen Experten mit einem Rückgang der Wirtschaftskraft um rund zehn Prozent. Ende Mai hatte Argentinien Zinsforderungen in Höhe von 503 Millionen US-Dollar nicht beglichen und war dadurch in einen begrenzten Zahlungsausfall gerutscht.
Sollte es zu keiner Einigung kommen, droht Argentinien die erneute Staatspleite. Das Land wäre dann vom internationalen Kapitalmarkt abgeschnitten. Dies würde womöglich die Schulden-Aufnahme verteuern. Für die Gläubiger hingegen besteht das Risiko, am Ende mit weniger dazustehen, als ihnen Argentinien derzeit noch anbietet. (dpa/er)
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