Politikexperte: Harter Schlag für Ruhani – Er hatte hoch gepokert und verliert nun alles

Ruhani hat keine Kontrolle über Justiz, Religion und Revolutionsgarden - diese unterstehen dem geistlichen Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei. Bisher hat Chamenei zu Ruhani und dem Atomabkommen gehalten. Die Kündigung des Abkommens ist für Ruhani ein schwerer Rückschlag.
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Staatspräsident und Regierungschef Hassan Ruhani.Foto: Iranian Presidency Office/dpa
Epoch Times8. Mai 2018

Für den iranischen Präsidenten Hassan Ruhani ist der Rückzug der USA aus dem internationalen Atomabkommen ein schwerer Rückschlag. Die Atomvereinbarung von 2015 war der bisher größte Erfolg des moderaten Politikers und seine ganze Politik basierte darauf, dass die Aufhebung der Sanktionen der Wirtschaft neuen Schwung geben würden. Diese Hoffnung hat sich jedoch ebenso wenig erfüllt, wie das Ziel eines Ausgleichs mit dem Westen.

„Ruhani hat hoch gepokert mit dem Atomabkommen und all sein politisches Kapital da rein investiert“, meint der Teheraner Politikexperte Modschtaba Musawi der Nachrichtenagentur AFP.

Nun, da das Abkommen in seinen letzten Zügen liegt, verliert Ruhani alles – all seine wirtschaftlichen und politischen Pläne, die er auf der Grundlage des Atomabkommens gebaut hat.“

Abschreckung gegenüber Unternehmen

Während Ruhani durch Trumps Entscheidung geschwächt ist, triumphieren seine konservativen Gegner. Sie haben schon immer gewarnt, dass den USA nicht zu trauen sei. Schon als Trump nach seinem Amtsantritt im Januar 2017 drohte, das von seinem Vorgänger Barack Obama ausgehandelte Abkommen zu zerreißen, fühlten sie sich in ihrem Misstrauen bestätigt.

Trumps ständige Drohungen, den Atom-„Deal“ aufzukündigen, schreckten viele westliche Firmen ab, im Iran zu investieren. Zudem blieben auch nach der Aufhebung der im Atomstreit verhängten Finanz- und Handelsbeschränkungen noch zahlreiche US-Sanktionen bestehen, die wegen der Menschenrechtslage im Iran oder seinem Raketenprogramm verhängt worden waren.

„Die Ungewissheit um das Atomabkommen ist ein Sieg für die Konservativen, die sich der Feindschaft gegenüber der US-Außenpolitik bedienen, um die internen Repressionen zu verstärken und den Einfluss der gewählten Institutionen zu begrenzen“, urteilt der Iran-Experte Clement Therme vom International Institute for Strategic Studies in London.

Ruhani hat keine Kontrolle über Justiz, Religion und Revolutionsgarden

Schon in den vergangenen Monaten verstärkten die Konservativen in Justiz und Sicherheitsapparat den Druck im Iran. So wurde vergangene Woche trotz des Widerstands von Ruhani der beliebte Messengerdienst Telegram verboten. Auch wurden mehrere Doppelstaatler festgenommen und Teherans reformorientierter Bürgermeister zum Rücktritt gezwungen.

Ruhani kann sich zwar bei seiner Reformpolitik auf eine Mehrheit der Wähler stützen, doch hat er keine Kontrolle über die Justiz, die religiösen Stiftungen oder die mächtigen Revolutionsgarden, die großen Einfluss in der Wirtschaft und auf die Außenpolitik haben. Denn sie unterstehen nicht dem Präsidenten, sondern dem geistlichen Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei.

Bisher hat Chamenei zu Ruhani und dem Atomabkommen gehalten. „Die Bewahrung des Wohlstands und der Einheit ist Chameneis oberste Priorität, besonders in dieser schwierigen Lage“, sagt Musawi. Erst Anfang Januar verdeutlichte eine landesweite Protestwelle, wie groß der Unmut in weiten Teilen der Bevölkerung über die wirtschaftliche und soziale Lage ist.

Erhalt des Systems hat oberste Priorität

Ruhani ist sich mit Chamenei einig, dass der Erhalt des Systems oberste Priorität hat. Anders als die Konservativen ist der Präsident aber überzeugt, dass dafür soziale Reformen, eine wirtschaftliche Öffnung des Landes und ein politischer Ausgleich mit dem Westen unabdingbar sind. Ob dies nach Trumps Entscheidung noch erreichbar ist, erscheint fraglich.

Für die Stabilität der Region könnte Trumps Entscheidung schwerwiegende Folgen haben.

Der Wiener Iran-Experte Walter Posch warnt, dass die Entscheidung eben jene Kreise im Iran stärke, die für Teherans harten außenpolitischen Kurs verantwortlich sind. Statt zur Eindämmung des Iran könnte Trumps Entscheidung somit zu einer weiteren Eskalation im Nahen Osten führen.

Wenn die Europäer nun nicht entschieden für den Erhalt des Atomabkommens eintreten, werde Chamenei „den Hardlinern mehr Freiraum geben, um das Vorgehen gegen Saudi-Arabien zu verschärfen“, warnt Posch. „Wenn die Iraner den Eindruck haben, dass sie sowieso isoliert werden, egal wie sie sich verhalten, dann werden sie in der Region eskalieren.“ (afp)

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