Rätsel um Selbstmord von Missbrauchs-Millionär Epstein: „Es wird mehrere Untersuchungen geben“
Laut einer Erklärung des „Federal Bureau of Prisons“ des Justizministeriums wurde Jeffrey Epstein, der Multimillionär „in seiner Zelle in der Special Housing Unit wegen eines offensichtlichen Selbstmordes im Metropolitan Correctional Center“ in New York City um 6:30 Uhr regungslos aufgefunden.
Die „Associated Press“ berichtete, dass „Feuerwehrleute am Samstag um 6:39 Uhr einen Anruf erhielten, dass Epstein einen Herzstillstand hatte, und er im New York Presbyterian-Lower Manhattan Hospital für tot erklärt wurde.“ Das FBI untersucht nun den Vorfall.
Jerry Dunleavy, ein Reporter am „Washingtoner Examiner“, sprach per Telefon mit dem Sprecher des Office of Chief Medical Examiner in New York, der ihm sagte:
Wir untersuchen die Todesursache und haben einen offenen Fall. Es gibt noch keine offizielle Todesursache, der Gerichtsmediziner muss seine Arbeit tun.“
Wie war das möglich?
Die unmittelbare Frage, die sich stellt ist, wie es einem Mann, der angeblich unter Suizidgefahr-Aufsicht stand, möglich war, sich sein Leben zu nehmen – zumal es bereits ein potenziell lebensbedrohliches Ereignis gegeben hatte. Am 24. Juli 2019 wurde berichtet, dass Epstein auf dem Boden seiner Zelle gefunden wurde, „halb bewusstlos, mutlos und weinend mit leichten Prellungen am Hals“.
Damals berichtete CBS News, dass eine „Quelle sagte, es sei nicht klar, ob er sich seine Verletzungen selbst zugefügt hat. Epstein wurde vorsorglich unter Suizidgefahr-Aufsicht in der Justizvollzugsanstalt gestellt“.
Nach dem Vorfall vom 24. Juli teilte eine Quelle NBC News mit, dass die Behörden einen anderen Häftling, Nicholas Tartaglione, angeblich Epsteins Zellengenossen, befragten. Tartaglione ist ein „ehemaliger Polizeibeamter in Westchester County, der im Dezember 2016 verhaftet und beschuldigt wurde, vier Männer in einer angeblichen Kokainverschwörung getötet zu haben“.
Wieso fiel Epstein aus dem Selbstmord-Verhütungsprogramm?
Obwohl die Details des Ereignisses vom 24. Juni noch im Dunkeln liegen, deuteten alle Berichte darauf hin, dass Epstein nach dem Vorfall vom 24. Juni tatsächlich unter Suizidgefahr-Aufsicht gestellt worden war. Jedoch erklärte eine Quelle am 10. August, nach Epsteins Tod, dass Epstein aus der Suizidgefahr-Aufsicht herausgenommen worden war. Nach Angaben von „AP“ war die Quelle nicht befugt, die Angelegenheit öffentlich mitzuteilen und wollte daher anonym bleiben.
Das Bundesgefängnis, in dem Epstein untergebracht war, das Metropolitan Correctional Center in Lower Manhattan, verfügt über ein Selbstmord-Verhütungsprogramm, das für gefährdete Insassen entwickelt wurde. Warum bei Epstein, einem extrem prominenten Häftling, die Suizidgefahr-Aufsicht eingestellt wurde, bleibt unbekannt.
Laut Bloomberg berichtete eine „mit der Sache vertraute Person“, das für Epstein, „die Suizidgefahr-Aufsicht nur wenige Stunden vor seinem Selbstmord beendet wurde“. Andere Berichte sprachen hingegen davon, dass Epstein Ende Juli aus der Suizidgefahr-Aufsicht herausgenommen wurde.
Darüber hinaus hat Reuters berichtet, dass zwar „zwei Gefängniswärter alle 30 Minuten separate Kontrollen aller Gefangenen durchführen müssen“, dass allerdings „das Verfahren nicht über Nacht durchgeführt wurde“.
Die Leitlinien des Bureau of Prison verlangen, dass eine schriftliche Begründung für das Einstellen einer Suizidgefahr-Aufsicht vorliegen muss:
Sobald ein Häftling zur Beobachtung eingesetzt wurde, darf die Überwachung unter keinen Umständen beendet werden, ohne dass der Programmkoordinator oder der Beauftragte eine persönliche und augenscheinliche Bewertung [vom Zustand des Häftlings] durchführt.“
Gemäß den Richtlinien hat „nur der Programmkoordinator die Befugnis, einen Häftling aus der Suizidgefahr-Aufsicht herauszunehmen“.
Zudem muss ein Bericht ausgefüllt werden, bevor der Gefangene aus der Suizidgefahr-Aufsicht wieder herausgenommen wird. Dieser Bericht wird eingepflegt „in die zentralen Akte, der Krankenakte sowie der Psychologischen Akte und wird dem Gefängnisdirektor übermittelt“.
Mindestens zwei Untersuchungen zu Epsteins Tod
Generalstaatsanwalt William Barr äußerte sich zu Epsteins Tod in einer Erklärung. Dort gab er bekannt, dass es mindestens zwei Untersuchungen zu Epsteins Tod geben würde.
Ich war entsetzt zu erfahren, dass Jeffrey Epstein heute Morgen tot aufgefunden wurde, als er sich in Bundeshaft befand. Der Tod von Herrn Epstein wirft ernste Fragen auf, die beantwortet werden müssen. Zusätzlich zu den Ermittlungen des FBI habe ich mich mit dem Generalinspektor des Justizministeriums abgestimmt, das auch er eine Untersuchung über die Umstände von Mr. Epsteins Tod einleitet“, sagte Barr.
Wahrscheinlich ist, dass es insgesamt mindestens drei separate Ermittlungen zu Epsteins Tod geben wird. Eine Ermittlung geht vom FBI aus, eine weitere vom Generalinspektor des Justizministeriums und schließlich eine durch den Southern District of New York (SDNY), dem Gerichtsbezirk, der in Epsteins Fall und Inhaftierung verwickelt ist.
Mehrere Kongressabgeordnete sprachen sich bereits für Untersuchungen aus. So zum Beispiel Senator Ben Sasse (Republikaner / Nebraska), der das Justizministerium aufgefordert hatte, den Umgang mit Epsteins umstrittener Klagevereinbarung von 2008 zu überprüfen.
Es sollte ein Video davon geben
In einer Erklärung sagte Sasse, dass „die Regierung aus Gründen öffentlicher Richtlinien diese Mädchen wieder einmal im Stich gelassen hat. Es ist unentschuldbar, dass dieser Vergewaltiger nicht ständig unter Selbstmordbeobachtung stand. Diese Opfer haben es verdient, sich ihrem Vergewaltiger vor Gericht stellen zu können.“
Floridas Senator Rick Scott (Republikaner / Florida) schloss sich Sasses Äußerungen an und fordert ebenfalls Antworten:
Die Opfer von Jeffrey Epsteins abscheulichen Handlungen verdienen eine Chance auf Gerechtigkeit. Heute steht fest das sie diese Möglichkeit nicht mehr haben werden. Das Federal Bureau of Prisons muss Antworten darauf geben, welche systemischen Fehler es im Gefängnis in Manhattan oder kriminelle Handlungen – diesem Feigling erlaubten – seinen Opfern Gerechtigkeit zu verweigern.“
Preet Bharara, der ehemalige US-Staatsanwalt für New York, behauptete, dass „es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Video von Epsteins Selbstmord im Gefängnis in Manhattan geben sollte.“ Man hoffe, dass es vollständig, schlüssig und gesichert ist, so Bharara.
Einer von Epsteins Anwälten, Marc Fernich, forderte ebenfalls „eine umfassende Untersuchung der Umstände des Todes von Herrn Epstein“. Die Öffentlichkeit muss genau wissen, was passiert ist und warum – und wie seine Aufseher es geschehen lassen konnten“, berichtete Fox News.
Laut The Washington Post, hätten „Menschen in der Nähe von Epstein, gesehen, dass Epstein in letzter Zeit in guter Stimmung zu sein schien. Sie waren überrascht über die Nachricht seines Selbstmords.“ Eine Person, die die Gespräche am frühen Samstag mitbekam, äußerte ernste Bedenken, das es möglicherweise ein unehrliches Spiel gäbe.
Epstein-Ankläger melden sich zu Wort
Bradley Edwards, ein Anwalt, der mehrere von Epsteins Anklägern vertritt, sagte in einer Erklärung: „Die Tatsache, dass Jeffrey Epstein in der Lage war, den egoistischen Akt zu begehen, sich das Leben zu nehmen, während sich seine Machenschaften des Missbrauchs, der Ausbeutung und der Korruption ans Tageslicht kommen, ist sowohl unglücklich als auch berechenbar. Während er und ich uns mehr als ein Jahrzehnt lang in umstrittenen Rechtsstreitigkeiten befanden, ist dies nicht das Ende, nach dem jemand gesucht hat. Die Opfer verdienten es, das Epstein zur Rechenschaft gezogen wird. Und er schuldete es allen, die er verletzte, die Verantwortung für all den Schmerz zu übernehmen, den er verursachte.“
Ein weiteres Opfer gab eine Erklärung durch ihre Anwältin, Lisa Bloom, heraus:
Ich werde jetzt nie ein Gefühl des Abschlusses haben. Ich bin höllisch wütend, dass das Gefängnis das zulassen konnte und dass ich und seine anderen Opfer ihn nie die Konsequenzen für seine schrecklichen Taten tragen sehen werden.“
Und es heißt weiter:
Ich hoffe, dass derjenige, der das zugelassen hat, auch mit einer Art Konsequenz konfrontiert wird. Du hast uns das große Stück Heilung gestohlen, das wir brauchten, um mit unserem Leben weiterzumachen.“
Epstein sah sich im Gefängnis mit lebenslanger Haft konfrontiert. Sein Fall hatte nationale Aufmerksamkeit erregt und sich zu einem der bekanntesten Missbrauchs-Fälle der jüngeren Geschichte entwickelt.
Es ist wahrscheinlich, dass sich die angekündigten Ermittlungen darauf konzentrieren werden, warum Epstein nicht mehr unter Suizidgefahr-Aufsicht stand und nicht mehr rund um die Uhr als Präventivmaßnahme überwacht wurde. Auch die Frage, wer ihn aus der Selbstmordwache herausnehmen ließ und aus welchem Grund, wird vermutlich Bestandteil der Ermittlungen sein.
Freigabe von Dokumenten
Epsteins Tod geschah direkt nach der Veröffentlichung von mehr als 2.000 Seiten von Dokumenten am Freitag (von denen einige hier und hier zu finden sind). Sie stehen im Zusammenhang mit einer inzwischen beigelegten Klage gegen Epsteins Ex-Freundin, Ghislaine Maxwell, durch Virginia Giuffre, eine Anklägerin von Epstein.
Giuffre behauptete, dass „sie „gezwungen“ wurde, Sex mit dem Harvard-Rechtsprofessor Alan Dershowitz, dem „Model Scout“ Jean Luc Brunel und „vielen anderen mächtigen Männern“ zu haben. Dazu gehören auch „zahlreiche prominente amerikanische Politiker, mächtige Geschäftsleute, ausländische Präsidenten, ein bekannter Premierminister und andere einflussreiche Persönlichkeiten“, heißt es in den Gerichtsunterlagen.
Keiner der in Guiffres Aussage genannten Männer wurde wegen einer Straftat angeklagt, die Gerichtsunterlagen enthielten bislang keine Untermauerung oder weitere Details zu den Vorwürfen. Gleichzeitig existieren noch viele Dokumente, die versiegelt blieben.
Der U.S.-Anwalt Attorney Geoffrey Berman veröffentlichte ebenfalls eine Erklärung zum Fall Epstein. Darin erklärt er die Absicht, die Epstein-Untersuchung weiter offenzuhalten und fortzusetzen:
Die heutigen Ereignisse sind beunruhigend, und wir sind uns ihres Potenzials bewusst, eine weitere Hürde zu nehmen, um Epsteins vielen Opfern ihren Tag vor Gericht vorzubereiten.
Und weiter: „An die tapferen jungen Frauen, die sich bereits gemeldet haben, und an die vielen anderen, die dies noch nicht getan haben, möchte ich noch einmal betonen, dass wir weiterhin entschlossen sind, für Sie einzustehen, und unsere Untersuchung des in der Anklage formulierten Verhaltens – einschließlich der Erfassung einer Verschwörung – dauert an.“
Die Einbeziehung einer Verschwörung in die Ermittlungen ist aus juristischer Sicht erkennbar, was darauf hindeutet, dass die Untersuchungen nicht mit Epsteins Tod enden werden. Wie der CNN-Reporter Shimone Prokupecz feststellte, „hat jeder, der gehofft hat, durch das gemeinsame Wirken gegen Epstein ein gutes Geschäft machen zu können, nun diese Chance verloren“.
Das Original erschien in The Epoch Times (USA) (deutsche Bearbeitung von er)
Originalartikel: Significant Questions Raised Following Epstein’s Apparent Suicide, Multiple Investigations Opened
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