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EU-Austritt: Johnsons Australien-Modell bedeutet Zölle und Kontrollen

Nach dem Brexit will der britische Premier Johnson in den künftigen Verhandlungen eine harte Linie einschlagen. Wie Auszüge einer Rede zeigen, will er sich keinesfalls den EU-Regeln unterwerfen.

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Boris Johnson.

Foto: Simon Dawson - WPA Pool/Getty Images

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Lesedauer: 4 Min.

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson schließt in den Verhandlungen mit der EU über die künftigen Beziehungen nach dem Brexit auch eine Vereinbarung nach dem Australien-Modell nicht aus.
Doch die EU und Australien haben bisher überhaupt kein Handelsabkommen. Letztlich würden beide Seiten dann Handel nach den Minimalstandards der Welthandelsorganisation (WTO) treiben. Das bedeutet Zölle und Einfuhrkontrollen.
„Das ist ganz einfacher Drittlandstatus nach WTO-Regeln“, sagt ein deutscher Handelsexperte. Bei der Erhebung von Zöllen gebe es für Australien bisher keinerlei Sonderstatus.
Wie mit anderen WTO-Ländern hat die EU lediglich die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbescheinigungen etwa bei technischen Geräten oder Medizinprodukten vereinbart, damit diese auf den jeweiligen Märkten zulässig sind.

„Pragmatisch“ soll es laut Johnson sein

Johnson sagte zudem, dass er eine „pragmatische“ Handelsvereinbarung mit der Europäischen Union anstrebe. Es sei nicht notwendig, dass das Vereinigte Königreich die EU-Regeln für den Wettbewerb, für staatliche Subventionen, den sozialen Schutz oder die Umwelt übernehme, erklärt Johnson in den am Sonntag von der britischen Regierung verbreiteten Passagen seiner Ansprache.
Großbritannien wolle zwar in diesen Bereichen „die höchsten Standards“ und sogar noch höhere Standards als jene der EU, hebt der Premier hervor. Doch wolle London diese Standards „ohne den Zwang eines Vertrags“ mit der EU wahren.
Johnson kündigt auch an, falls ein umfassendes Handelsabkommen mit der EU nicht erreichbar sei, dann wolle seine Regierung ein kleineres Abkommen abschließen.

EU-Kommission beschließt Mandat für die Verhandlungen mit London

Die EU-Kommission will ihrerseits am Montag ihren Vorschlag zum Mandat für die Verhandlungen mit London beschließen. Die EU will, dass sich Großbritannien zumindest teilweise den geltenden EU-Regeln anpasst, um ungleiche Wettbewerbsbedingungen zu vermeiden.
Der EU-Chefunterhändler Michel Barnier sagte am Sonntag dem französischen Sender LCI, das Abkommen müsse unter anderem Regelungen zu den Fischereirechten und zum Warenverkehr umfassen.
Großbritannien war in der Nacht zum Samstag aus der EU ausgetreten. Das Land bleibt aber noch bis Ende des Jahres im EU-Binnenmarkt und der Zollunion. Diese Übergangsphase wollen beide Seiten nutzen, um ein Handelsabkommen und weitere Vereinbarungen auszuhandeln.
Seit Juni 2018 laufen die Verhandlungen. Bisher gab es fünf Gesprächsrunden. Die sechste soll  im Februar stattfinden. Ein Ende der Verhandlungen ist bisher nicht absehbar.
Nach Daten von 2018 stand Australien auf Platz 19 der wichtigsten EU-Handelspartner. Das Gesamtvolumen betrug dabei 47,6 Milliarden Euro.
Dabei gab es aber ein großes Ungleichgewicht zu Gunsten der EU: Während das Land für die Europäer auf Platz 15 der wichtigsten Exportziele steht, schafft es Australien nur auf Platz 30 der wichtigsten Importeure in die Union. Der EU-Handelsüberschuss belief sich auf 24 Milliarden Euro.

Skepsis gegenüber Handelsgesprächen lässt britisches Pfund abrutschen

Die Ungewissheit über die künftigen Handelsbeziehungen zwischen London und Brüssel hat am Montag die britische Währung auf Talfahrt geschickt. Das Pfund verlor gut ein Prozent gegenüber dem Dollar und gut 0,8 Prozent gegenüber dem Euro. Zuvor hatte der britische Premierminister Boris Johnson deutlich gemacht, dass er in den anstehenden Verhandlungen mit der EU eine harte Linie verfolgen werde.
Seit dem EU-Austritt Großbritanniens in der Nacht zum Samstag läuft eine Übergangsphase, in der das Land weiterhin im EU-Binnenmarkt und der Zollunion ist. Dies soll bis Jahresende so bleiben. In der Zwischenzeit müssen London und Brüssel ein Handelsabkommen und weitere Vereinbarungen für die Zeit danach aushandeln. (afp/nh)

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