Wirtschaftsweiser Lars Feld: Für Energiewende muss der Staat leichter enteignen können
In einem Interview mit der „Welt“ hat sich der Ökonom und Wirtschaftsweise Lars Feld unter anderem zu den Gedankenspielen des Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert über weitreichende Enteignungen und einem entsprechenden Volksbegehren in Berlin geäußert.
Der Wirtschaftswissenschaftler, der mit seinem Gremium die Bundesregierung in wirtschaftspolitischen Fragen berät, hat dabei die Wichtigkeit des Privateigentums betont. Insbesondere führe die persönliche Verantwortung, die damit verbunden wäre, zu einem überlegteren und schonenderen Umgang damit:
„Ökonomisch betrachtet ist Privateigentum extrem wichtig, weil es sicherstellt, dass jeder mit seinem Besitz schonend umgeht, ihn weiterentwickelt und vermehrt. Das sorgt dafür, dass Ressourcen maßvoll genutzt und nicht zu stark in Anspruch genommen werden. Und es ist die Grundlage für Investitionen. Unternehmen und Privatleute investieren nur dann, wenn sie sicher sein können, die Erträge behalten zu können.“
DDR zeigt: Staatliche Kommandowirtschaft nicht umweltschonender
Eine wenig ressourcenschonende Bewirtschaftung finde eher dort statt, wo Gemeineigentum herrsche. Dort würden Gewässer eher leergefischt und Wälder eher dem Kahlschlag unterzogen als dort, wo ein privater Eigentümer darüber entscheidet. Die katastrophale Umweltbilanz der DDR illustriere dieses Phänomen – und deshalb sei nicht zu erkennen, welchen Nutzen eine Verstaatlichung von Automobilunternehmen gerade in diesem Bereich haben solle.
Der Artikel 14 des Grundgesetzes, in dem es heißt, dass „Eigentum verpflichte“ und sein Gebrauch „zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen“ solle, sei ein wenig geglückter Versuch, die soziale Verantwortung, die mit diesem dinglichen Vollrecht verbunden ist, festzuschreiben. Ein Unternehmen habe seine gesellschaftliche Aufgabe erfüllt, indem es Gewinne mache.
„Eigentum verpflichtet alleine dadurch, dass es dem Eigentümer Anreize gibt, sich um dieses Eigentum zu kümmern“, erklärt Feld. „Nur dadurch, dass das Gros der Eigentümer mit ihrem Besitz pfleglich umgeht und versucht, ihn zu mehren, sorgen sie für Wohlstand in diesem Land.“
„Soziale Marktwirtschaft“ braucht nicht explizit festgeschrieben zu werden
Einen Freibrief für Enteignungen stelle Artikel 14 des Grundgesetzes jedenfalls nicht dar. Allerdings müsse der Staat, so erläutert Feld, „Marktversagen korrigieren und dabei Zwang ausüben – beim Verbraucher- und Umweltschutz beispielsweise, bei den Rechten von Arbeitnehmern oder bei Verteilungsfragen“.
Der Staat müsse „stark genug sein, die Eigentumsrechte zu sichern, und stark genug, um sicherzustellen, dass die Wirtschaft im Sinne der Konsumenten und Bürger funktioniert“.
Wie sich am Beispiel des ehemaligen Jugoslawiens der 1970er und 1980er Jahre zeige, würde auch der Gemeinbesitz von Unternehmen oder das Fehlen einer Verpflichtung, Gewinne zu erwirtschaften keine besseren Lebensverhältnisse für die Beschäftigten garantieren.
Der Begriff der „sozialen Marktwirtschaft“ sei jedoch zu schwammig, um, wie es eine Gruppe von Ökonomen gefordert hatte, im Grundgesetz festgeschrieben zu werden. „Dabei würden wir letztlich vermutlich bei einem deutlich weniger liberalen Wirtschaftssystem landen als dem gegenwärtigen“, meint der Wirtschaftsweise. Die derzeitige Situation, die das private Eigentum und die Vertragsfreiheit schütze, biete den besten Schutz für das bestehende Wirtschaftssystem.
Steuern sind „Preis für staatliche Leistungen“
Dennoch gibt es Bereiche, in denen Feld meint, dass Enteignungen sogar „entschiedener“ vorangetrieben werden müssten als bisher. Im Regelfall würde es dabei um Infrastrukturmaßnahmen gehen – und es würde eine angemessene Entschädigung geleistet.
„Wir können es uns beispielsweise vor dem Hintergrund der Energiewende nicht leisten, so zögerlich wie bisher Genehmigungen für Stromtrassen zu erteilen“, meint Feld. „Der Staat muss an der ein oder anderen Stelle entschiedener vorgehen, möglicherweise sogar mit Enteignungen.“
Dem libertären Grundsatz, dass bereits Steuern eine Form der Enteignung darstellen, kann der Ökonom nichts abgewinnen. Steuern seien vielmehr der „Preis für staatliche Leistungen“ – wenn auch offenbar keiner, der wie auf dem freien Markt zwischen gleichrangigen Verhandlungspartnern ausgehandelt wird.
Deutschland gehöre zu jenen Staaten, die bereits jetzt relativ viel umverteilen und „Marktversagen stark korrigieren“, führt Feld weiter aus. „Und trotzdem sind die Steuern bei uns niedriger als in Skandinavien. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist also relativ gut.“
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