Wirtschaft nach Ostern wieder hochfahren: So schnell wie möglich Normalität für Betriebe

Friedrich Merz geht davon aus, dass Bund und Länder nach Ostern darangehen, die Wirtschaft wieder hochzufahren. "Wir sollten auch nicht meinen, dass es 'der Staat' schon richten kann. 'Der Staat' sind wir alle. Da gibt es nicht irgendwo eine wundersame Geldquelle, an der man sich beliebig bedienen kann." Doch alle Unternehmen werde der Staat kaum retten können.
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Ein französisches Restaurant in Berlin.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times12. April 2020

Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat sich klar hinter den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) für einen vorsichtigen und schrittweisen Ausstieg aus den harten Beschränkungen im Kampf gegen die Corona-Krise gestellt.

„Die Infektionsgefahr ist nicht über Nacht gebannt, und auch viele Unternehmen kann man nicht einfach am Tag X wieder einschalten wie eine Wohnzimmerlampe“, sagte der Kandidat für den CDU-Vorsitz dpa in Berlin. „Mit gewissen Einschränkungen werden wir also noch eine ganze Weile leben müssen. Zugleich ist es aber wichtig, in den Betrieben so schnell wie möglich wieder normal zu arbeiten.“

Er gehe davon aus, dass Bund und Länder nach Ostern erklären werden, in welcher Schrittfolge das Land zur Normalität zurückkehren könne, sagte Merz. „Wobei ich damit rechne, dass es bis zum kompletten Normalzustand noch eine ganze Zeit dauern wird.“ Alle Maßnahmen müssten so lange eingehalten werden, bis die Infektionskurve so weit abflache, dass das Gesundheitssystem die Lage verkrafte. „Nach Ostern wird es dann mehr und mehr um die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft gehen“, sagte Merz. „Ein bundeseinheitliches Vorgehen wäre dabei sicher hilfreich.“

An einem Strang ziehen – gemeinsam

Dass bei der Einführung der harten Beschränkungen für Menschen und Wirtschaft vor vier Wochen zunächst der Eindruck eines Flickenteppichs in den Ländern entstanden sei, wollte Merz jedoch nicht kritisieren. „Wir sollten berücksichtigen, dass es so eine Situation in Deutschland zu unseren Lebzeiten noch nie gegeben hat. Gemessen daran hat das Zusammenspiel aus Bund und Ländern doch ganz gut funktioniert.“

Der 64-jährige Wirtschaftsexperte hatte Merkels Politik in den vergangenen Jahren immer wieder scharf kritisiert und ihrer Regierung vor nicht allzu langer Zeit ein „grottenschlechtes Erscheinungsbild“ attestiert. Nun rief er dazu auf, an einem Strang zu ziehen: „Jetzt ist Gemeinsamkeit gefragt und kein Streit.“ Merz ergänzte:

Es müssen jetzt alle konstruktiv daran mitwirken, möglichst schnell wieder auf einen vernünftigen marktwirtschaftlichen Kurs der Wirtschaftspolitik, der Finanzpolitik und der Arbeitsmarktpolitik zurückzukehren.“

Er beteilige sich an den Diskussionen innerhalb der Partei, auch den nicht-öffentlichen, um den richtigen Weg aus der Krise zu finden, sagte Merz. „Dazu tausche ich mich mit vielen Repräsentanten der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Politik aus.“

„Der Staat“ sind wir alle

Auf die Frage, ob die beschlossenen Hilfsprogramme groß genug seien, um die Folgen der Krise abzufedern, sagte der Finanzexperte: „Es sollte uns allen klar sein, dass man eine solche Herausforderung nicht mit Geld allein lösen kann.“ Wenn die Maßnahmen durch neue Schulden finanziert würden, müssten diese irgendwann wieder zurückgeführt werden. „Deshalb ist auch in der Krise Augenmaß beim Geldausgeben gefordert, trotz aller Notwendigkeiten“, mahnte Merz.

Wir sollten auch nicht meinen, dass es ‚der Staat‘ schon richten kann. ‚Der Staat‘ sind wir alle. Da gibt es nicht irgendwo eine wundersame Geldquelle, an der man sich beliebig bedienen kann.“

Nach der Krise werde ein ganzes Bündel von Maßnahmen benötigt, um die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland zu erhalten und möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern, sagte der CDU-Politiker. „Es ist leider auch richtig, dass die deutsche Wirtschaft schon vor Corona deutliche Schwächen gezeigt hat, die nach Corona noch deutlicher zutage treten werden.“

Er mache sich keine Illusionen: „Der Staat kann nicht alle retten, aber er muss Bedingungen schaffen, damit möglichst viele überleben können.“ Die Wirtschaftspolitik in Deutschland und Europa stehe vermutlich vor der größten Herausforderung seit vielen Jahrzehnten, sagte Merz.

„Dann gilt es Strukturentscheidungen und ordnungspolitische Grundsatzentscheidungen zu treffen, die weit über ein reines Konjunkturprogramm hinausgehen.“ Die kleinen und mittleren Unternehmen, der Mittelstand, vor allem die eigentümergeführten Unternehmen seien das Rückgrat der Volkswirtschaft. „Deshalb ist es vollkommen richtig, immer wieder zu fragen, wie man diese Unternehmen durch die Krise bringen und danach erhalten kann.“

Spahn ist optimistisch

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich optimistisch gezeigt. „Wir sind bis hierhin gut durchgekommen zusammen“, sagte er der „Bild“. Wenn man das jetzt durchtrage über Ostern, „dann werden wir diese erste Dynamik gemeinsam geschafft haben und dann wird es darum gehen, wie wir schrittweise zurückkommen“.

Dabei machte er für die Wirtschaft konkrete Bedingungen fest:

Wenn uns bestimmte Branchen zeigen, sie können Hygiene- und Abstandsregeln durchsetzen, dann können die Bereiche, wo das geht, auch wieder anfangen in den Alltag zurückkehren.“

Für Schulen und Kindergärten werde es aber knifflig, so Spahn weiter. Der Gesundheitsminister sagte außerdem, dass man mit dem Coronavirus dauerhaft leben werden muss: „Das Virus wird bleiben, wir werden dauerhaft damit leben und umgehen müssen. Es ist wichtig, einmal als Gesellschaft für sich zu akzeptieren: `Das ist da – und das bleibt.`“

Deutsche Bank plädiert für baldiges Ende des Lockdown

Der Chefökonom der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau, spricht sich für ein baldiges Ende des Lockdowns in Deutschland aus. „Wir müssen uns darüber im Klaren sein: Bliebe Deutschland nach dem 30. April noch mal vier Wochen geschlossen, kämen horrende Kosten von weiteren 150 bis 200 Milliarden Euro auf das Land zu, und zwar nur für den Monat Mai“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Bestünde der Lockdown noch länger, würden die Kosten exponentiell steigen.

„Deshalb ist es dringend anzuraten, Deutschland ab Ende April schrittweise wieder zu öffnen.“ Grundsätzlich seien die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Pandemie aber sehr zu begrüßen. „Hätte Deutschland einfach gewartet, bis die gesamte Bevölkerung immunisiert ist, dann hätte das wohl mindestens eine halbe Million Menschen das Leben gekostet“, sagte Folkerts-Landau. Auch die Rettungsprogramme der Regierung und der Notenbanken hält der Deutsche-Bank-Ökonom für angemessen. Allerdings sei in der Folge mit einer steigenden Neuverschuldung zu rechnen. In Deutschland könne die Schuldenquote von aktuell unter 60 „auf 80 oder 90 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen“, prognostizierte er.  Der bisherige Rekordwert lag bei 81,8 Prozent im Jahr 2010.

Für Europa mahnte er mehr Solidarität an. Allerdings seien Eurobonds das falsche Instrument. „Eurobonds sind nicht die Lösung.“ Das sei der völlig falsche Weg. „Es ist den Steuerzahlern der nördlichen Euro-Länder nicht zuzumuten, nun auch noch die Last der italienischen Schulden zu schultern“, sagte Folkerts-Landau. Italien brauche dringend Reformen, um ein effizienteres Wirtschaftssystem aufzubauen. „Dafür braucht es die richtigen Anreize – etwa in Form eines Hilfsprogramms mit entsprechenden Auflagen.“ (dpa/dts)

 



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