„Grundrechte kann man nicht beliebig einschränken“: Widerstand gegen die von Merkel befürworteten Ausreisesperren

Die von Bundeskanzlerin Merkel befürworteten Ausreisesperren für Regionen mit akutem Corona-Ausbruch stoßen auf Widerstand. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff warnte: "Grundrechte kann man nicht beliebig einschränken."
Titelbild
Angela Merkel.Foto: Hayoung Jeon - Pool/Getty Images)
Epoch Times15. Juli 2020

Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) befürworteten Ausreisesperren für Regionen mit akutem Corona-Ausbruch stoßen auf Widerstand in den Ländern.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) meldete am Mittwoch „dringenden Gesprächsbedarf“ an und warnte: „Grundrechte kann man nicht beliebig einschränken.“ Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) schloss eine Ausreisesperre für ganze Landkreise in seinem Bundesland aus. Bund und Länder wollen ihre Gespräche darüber am Donnerstag fortsetzen.

In der Debatte geht es im Kern um „den Umgang mit Reisewilligen aus Gebieten mit hohem Infektionsgeschehen“, wie Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin sagte. Einen solchen Ausbruch hatte kürzlich etwa der Landkreis Gütersloh zu verzeichnen. Kanzlerin Merkel sprach sich am Dienstag dafür aus, Einwohner von betroffenen Gegenden vorübergehend mit Ausreisesperren zu belegen, damit sie das Virus nicht im Rest des Landes verbreiten.

Kretschmer äußert Vorbehalte

Eine solche Maßnahme erfordert aber die Zustimmung der Bundesländer. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) und die Chefs der Staatskanzleien der 16 Bundesländer sind darüber im Gespräch, die Positionen lagen am Mittwoch aber noch auseinander. Am Donnerstag wollen sie sich abermals für Beratungen zusammenschalten, wie Regierungssprecher Seibert ankündigte.

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) äußerte Vorbehalte: „Ich kann mir kein Szenario vorstellen, in dem wir einen gesamten Landkreis mit einer Ausreisesperre belegen“, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. Er verwies darauf, dass die Landkreise in Sachsen sehr groß seien. „Das mag in anderen Regionen Deutschlands anders sein.“

Sachsen-Anhalts Regierungschef Haseloff verwies im ZDF darauf, dass der Staat im Kampf gegen die Corona-Pandemie nicht beliebig strikte Maßnahmen ergreifen könne. Er kritisierte es zudem als „nicht praktikabel“, Landkreise abzuriegeln, um Corona-Ausreisesperren durchzusetzen.

Seibert: Die Menschen sollen besser zuhause bleiben

Nach Seiberts Worten sollte eine Regelung zu Ausreisesperren so aussehen, dass Menschen „in betroffenen Gebieten so lange zuhause bleiben, bis die Infektionsketten erkannt und die Reisewilligen einen negativen Corona-Test vorlegen können“. Die Sperren müssten nicht einen ganzen Landkreis betreffen, sie könnten auch „begrenzter“ ausfallen.

Bislang gelten für Corona-Hotspots keine Ausreisesperren. Vielmehr verhängen die Bundesländer Einreisebeschränkungen und Übernachtungsverbote für Menschen aus betroffenen Landkreisen.

Seibert verwies darauf, dass Menschen an ihren Urlaubsorten in Hotels angesprochen worden seien mit dem Satz: „Wir müssen Sie leider um Abreise bitten.“ Dies sei „leider geschehen und hat entsprechende Schlagzeilen gemacht“. Besser erscheine es deshalb, wenn die Menschen von vornherein zuhause blieben.

Söder hält Ausreisesperren für sinnvoll

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte bereits am Dienstag Zustimmung zu Ausreisesperren signalisiert. Berlins Landesregierung warf die Frage auf, wie derartige Sperren überwacht werden sollten. Die „zentrale Frage“ sei, „inwieweit ist das umsetzbar“, sagte Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) im RBB.

Grundsätzlich halte sie es für sinnvoll, wenn Menschen aus Corona-Hotspots zuhause blieben, sagte Kalayci. Für Berlin sei das aber „schwierig“, fügte sie hinzu. „Die Bezirke haben die Größenordnung von Landkreisen in anderen Bundesländern. Da kann man natürlich keine Reisebeschränkungen verhängen.“ (afp/so)



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