
Welle der Gewalt: Berlin diskutiert schärfere Maßnahmen gegen Messerangriffe
Nach mehreren Messerattacken am Wochenende in Berlin – darunter ein tödlicher Vorfall in einer U-Bahn – forderte Innensenatorin Iris Spranger eine Ausweitung der Messerverbotszonen. Die Gewerkschaft der Polizei bezweifelt jedoch die Wirksamkeit solcher Maßnahmen und verweist auf eine zunehmende Verrohung in der Gesellschaft.

Die Polizei war mit vielen Einsatzkräften vor Ort in Berlin-Charlottenburg nach einem tödlichen Messerangriff in einer U-Bahn.
Foto: Fabian Sommer/dpa
Nach erneuten Messerattacken am Wochenende in Berlin hat Innensenatorin Iris Spranger die Ausweitung von Messerverbotszonen ins Spiel gebracht. Am Samstag, 12. April, waren zwei jeweils vorbestrafte Personen im Alter von 43 und 29 Jahren in einer U-Bahn in einen Streit geraten. Der 43-Jährige zückte dabei ein Messer und verletzte seinen Kontrahenten mehrfach, wobei ein Stich tödlich ausfiel.
In weiterer Folge wurde er in der Nähe des U-Bahnhofs Sophie-Charlotte-Platz in Charlottenburg von Polizeibeamten gestellt. Als er sich auch diesen mit dem Messer in der Hand näherte, eröffneten die Beamten das Feuer und verletzten ihn tödlich. Tags darauf kam es auch im Stadtteil Friedrichsfelde zu einem Messerangriff. Dabei soll ein noch nicht identifizierter Täter einen 44-Jährigen schwer verletzt haben. Auch diesem Vorfall soll ein Streit vorangegangen sein – diesmal in einer Straßenbahn.
Bereits jetzt ist das Mitführen von Waffen gemäß den Beförderungsbedingungen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und der Deutschen Bahn untersagt. Dazu kommen bundesrechtliche und in den meisten Bundesländern auch landesrechtliche Bestimmungen, die das Mitführen von Waffen und insbesondere Messern untersagen.
Seit dem 31. Oktober 2024 gelten bundesweit verschärfte Regelungen, speziell zum Tragen von Messern. Diese dürfen mit nur wenigen ausdrücklich im Gesetz genannten Ausnahmen bei bestimmten Anlässen getragen werden.
Messerverbote gelten unabhängig von Klingenlänge und Alltagszweck
Das bundesweite Messerverbot gilt „bei öffentlichen Vergnügungen, Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkten oder ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen“. Zuvor relevante Aspekte wie Klingenlänge, Beschaffenheit oder ursprünglicher Verwendungszweck spielen nun keine Rolle mehr.
Wo das Messerverbot greift, gilt es auch für Alltagsgegenstände wie Taschenmesser. Ausnahmen gelten nur für Personen mit einem berechtigten Interesse. Zu diesen zählen beispielsweise Mitarbeiter gastronomischer Betriebe oder solche, die Tätigkeiten im Bereich von Jagd oder Brauchtumspflege ausüben.
Auf der Grundlage der Verschärfung des Waffengesetzes haben mittlerweile zwölf Bundesländer, darunter Berlin, Messerverbotszonen eingerichtet oder planen diese. Noch keine Messerverbotszonen gibt es in Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen. Für den öffentlichen Nahverkehr gibt es noch keine flächendeckenden Regelungen.
Verstöße gegen die neu geschaffenen Bestimmungen des Waffengesetzes können als Ordnungswidrigkeiten mit Geldbußen von bis zu 10.000 Euro geahndet werden. Die Polizei darf sichergestellte Gegenstände unabhängig vom Verfahrensausgang einziehen. Handelt es sich um Messer, die zudem auch als verbotene Waffen einzustufen sind, können gerichtliche Strafen verhängt werden.
Wo Messerverbotszonen ausgewiesen sind, darf die Polizei verdachtsunabhängig und stichprobenmäßig Kontrollen durchführen.
Verschärfung als Reaktion auf Terror und zunehmende Gewalttaten
Im Vorjahr hatte sich die Innenministerkonferenz im Vorfeld des Sicherheitspakets auf eine Verschärfung des Waffengesetzes geeinigt. Auslöser waren mehrere schwerwiegende Angriffe, die zum Teil einen terroristischen Hintergrund hatten – wie beispielsweise jener von Solingen am 23. August 2024.
Auch insgesamt war die Zahl der strafbaren Handlungen unter Verwendung von Messern nach der Corona-Pandemie deutlich angestiegen. Im Vorjahr erfassten Polizeibehörden 29.014 Straftaten dieser Art. Der Anstieg ist jedoch auch auf eine veränderte Erfassung der Straftaten zurückzuführen.
GdP bemängelt „Placebo-Effekt“ von Messerverboten
Der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Berlin, Benjamin Jendro, hat sich gegenüber der „Berliner Zeitung“ kritisch zur Ankündigung der Innensenatorin geäußert. Eine Ausweitung der Messerverbotszonen bringe wenig, weil die Tatorte von Messerangriffen über ganz Berlin verteilt seien.
Die Polizei sei nicht in der Lage, die Verbote flächendeckend zu kontrollieren. Verbotszonen wirkten bestenfalls als ein „Placebo“, so Jendro. Messerattacken könnten überall stattfinden. Junge Männer steckten Messer routinemäßig ein, wenn sie das Haus verließen. Dazu komme eine gestiegene Verrohung und Gewaltbereitschaft:
„Sie sind bereit, diese einzusetzen und andere wegen ganz banalen Streitigkeiten schwer zu verletzen oder gar zu töten.“
Jendro sieht lediglich ein generelles Trageverbot in der Öffentlichkeit und entsprechende Urteile der Justiz als möglichen Erfolgsweg zur Eindämmung der Messerkriminalität. Waffenhändler Jörg Sprave sah dies in einem Interview mit der Epoch Times im September 2024 ähnlich.
Allerdings unterstrich er auch, dass eine Waffenverbotszone, die nicht kontrolliert werde, kontraproduktiv sei. Die Verbote träfen in erster Linie gesetzestreue Bürger, Straftätern seien sie egal. Sinnvoller wäre beispielsweise eine Ausweitung der Videoüberwachung: „In England zum Beispiel haben wir viel mehr Videoüberwachung, und da, wo die Videoüberwachung läuft, passieren deutlich weniger Straftaten.“
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