Warnstreik ab Sonntagabend: Bahn stellt Fernverkehr für 50 Stunden ein

Im Fernverkehr der Bahn geht ab Sonntagabend nichts mehr: Während des rund 50-stündigen Warnstreiks der Gewerkschaft EVG bis Dienstagnacht nimmt der Konzern sämtliche ICE- und IC-Züge aus dem Programm. Auch der Regionalverkehr dürfte weitgehend zum Erliegen kommen.
Demonstranten vor dem Berliner Hauptbahnhof: Die EVG hat in dem Tarifkonflikt bereits zwei Mal zu bundesweiten Warnstreiks aufgerufen.
Demonstranten vor dem Berliner Hauptbahnhof: Die EVG hat in dem Tarifkonflikt bereits zwei Mal zu bundesweiten Warnstreiks aufgerufen.Foto: Annette Riedl/dpa
Epoch Times11. Mai 2023

Die Deutsche Bahn stellt wegen eines Warnstreiks ab Sonntagabend den gesamten Fernverkehr für rund zwei Tage vollständig ein. Von Sonntagabend um 22:00 Uhr bis Dienstagnacht um 24:00 Uhr blieben sämtliche ICE- und IC-Züge in den Depots, teilte der Konzern am Donnerstag mit. Auch im Regionalverkehr werde „während des Streiks größtenteils kein Zug fahren“. Zuvor hatte die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) im laufenden Tarifstreit mit der Deutschen Bahn in diesem Zeitraum einen flächendeckenden 50-stündigen Warnstreik im Fern-, Regional- und Güterverkehr angekündigt.

„Alle Fahrgäste, die ihre für den 14. bis 16. Mai geplante Reise aufgrund des Streiks der EVG verschieben möchten, können ihr bis einschließlich 11. Mai gebuchtes Ticket für den Fernverkehr ab sofort bis einschließlich Sonntagabend flexibel nutzen“, teilte die Bahn weiter mit.

Bahn-Personalvorstand Martin Seiler hatte zuvor betont, dass zumindest bis zum Warnstreikbeginn am Sonntagabend der Bahnverkehr weitgehend reibungslos aufrechterhalten werden kann. „Den Sonntag würde ich, nachdem was ich jetzt weiß, durchaus als verkehrssicher ansehen wollen“, sagte er in Köln.

Bahn rechnet mit „massiven Auswirkungen“ ab Sonntagabend

Erst von Sonntagabend an geht die Bahn von „massiven Auswirkungen“ auf den gesamten deutschen Bahnbetrieb aus. „Es muss außerdem mit erheblichen Auswirkungen auf den gesamteuropäischen Güterverkehr gerechnet werden“, hieß es. Sechs von zehn europäischen Frachtkorridoren führten über das deutsche Schienennetz.

„Wir müssen in dieser Länge streiken, weil wir dann einfach auch stärkere wirtschaftliche Auswirkungen haben und dadurch den Druck erhöhen können“, sagte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay am Donnerstag in Köln. Insbesondere im Güterverkehr würden lange Staus entstehen, die den wirtschaftlichen Druck erhöhten.

Die Tarifverhandlungen im Bahnsektor laufen seit Ende Februar. Es ist der dritte bundesweite Warnstreik, zu dem die EVG seither aufruft. Im März legte sie gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi große Teile des öffentlichen Verkehrs inklusive der meisten Flughäfen für einen Tag lahm. Der zweite Ausstand beschränkte sich im April auf einen Zeitraum von acht Stunden, sorgte aber ebenfalls für viele Ausfälle vor allem im Fernverkehr. Auf den Autobahnen blieben befürchtete zusätzliche Staus jedoch aus.

Forderung nach mindestens 650 Euro mehr im Monat für Beschäftigte

Die Gewerkschaft will bei den Verhandlungen mindestens 650 Euro mehr im Monat für die Beschäftigten herausholen oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Deutsche Bahn will sich hingegen am Abschluss des öffentlichen Dienstes orientieren, der Ende April erzielt wurde.

Daran angelehnt hat der bundeseigene Konzern zunächst einen steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 2.850 Euro vorgeschlagen. Darüber hinaus sollen Löhne und Gehälter ab März 2024 stufenweise erhöht werden – um insgesamt zehn Prozent für die unteren und mittleren sowie um acht Prozent für die oberen Lohngruppen. Bei der DB arbeiten 180.000 der 230.000 Beschäftigten, für die die EVG aktuell verhandelt.

Ein entscheidender Knackpunkt bei den Verhandlungen war zuletzt der gesetzliche Mindestlohn: Rund 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen aktuell bei der DB nur über Zulagen. Die EVG will vor den Verhandlungen über Tariferhöhungen zunächst den Mindestlohn von zwölf Euro in der Gehaltstabelle verankern. Etwaige Verhandlungsergebnisse würden dann auf diese zwölf Euro angerechnet. Einen Vorschlag der Bahn, mit dem die 12 Euro rückwirkend zum März dieses Jahres in die Tabellen aufgenommen werden sollten, wies die Gewerkschaft diese Woche zurück.

Sie kritisiert vor allem, dass die Bahn in den Tarifverhandlungen keinen gesetzlichen Mindestlohn ohne Einschränkungen zusagt, auf dem die dann erzielten Verhandlungsergebnisse aufbauen würden. Stattdessen würde die Bahn in den unteren Lohngruppen einen Deckel von 13 Euro ansetzen.

Kritik der Bahn

Die Bahn wies diese Darstellung zurück. Das Unternehmen habe erst am Dienstag diese „zentrale Forderung der Gewerkschaft zum Mindestlohn erfüllt“ und „mitnichten“ einen Deckel von 13 Euro vorgeschlagen, erklärte Seiler. Auf dem Tisch lägen außerdem bereits zehn Prozent Lohnerhöhung sowie die volle Inflationsausgleichsprämie.

„Wir haben die Türen sperrangelweit aufgemacht, aber die EVG bleibt vor der Türe stehen“, erklärte Seiler. „Sie will partout nicht verhandeln und stattdessen ein Tarifdiktat durchsetzen.“

Die Deutsche Bahn hat den von der Gewerkschaft EVG ausgerufenen umfangreichen Streik scharf kritisiert. „Dieser irrsinnige Streik ist völlig grundlos und restlos überzogen“, erklärte Personalvorstand Martin Seiler am Donnerstag. Statt Kompromisse zu suchen, wolle die EVG das Land „unglaubliche 50 Stunden lahmlegen“. Das sei ein Vollstreik ohne Urabstimmung und Millionen Reisende seien davon betroffen.

Betroffenen Reisenden sagte die Bahn umfangreiche Kulanzregelungen zu. Das Unternehmen will zudem so schnell und umfassend wie möglich über die Auswirkungen des Streiks informieren.

(dpa/afp/red)



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