Wäre Fernwärme eine Alternative für die Heizung?
Der ökologisch verträgliche Ausbau der Fernwärme gestaltet sich schwierig und dürfte weitaus teurer werden als bisher bekannt. Der Branchenverband AGFW veranschlagt dafür bis 2035 Kosten in Höhe von mindestens 100 Milliarden Euro. John Miller, Vizegeschäftsführer des Verbandes, dämpft Hoffnungen, in absehbarer Zeit könne einer großen Zahl von zusätzlichen Haushalten ein Fernwärmeanschluss angeboten werden.
Momentan profitieren in Deutschland nur 14 Prozent der Wohnungen von Fernwärme, deutlich weniger als beispielsweise in Dänemark, wo 65 Prozent an ein Wärmenetz angeschlossen sind.
„Theoretisch wäre bei uns ein Versorgungsgrad von 50 Prozent im urbanen Raum vorstellbar“, sagte Miller dem Nachrichtenmagazin „Focus“. „Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen ist aber bis 2045 maximal eine Verdoppelung auf 28 Prozent zu erwarten.“
Kaum Alternativen zur Fernwärme
Hausbesitzer, die ihre Heizung ersetzen wollen, haben ab 2024 nach den Plänen der Ampel wenig Alternativen zu Fernwärme, wenn sie in ihrer Immobilie keine Öko-Technologien wie eine Wärmepumpe installieren wollen. Nach Auffassung des Wirtschafts- und Klimaministeriums ist der Ausbau der Netze „ein entscheidender Hebel für die Wärmewende“.
Allerdings wird Fernwärme im Moment zum großen Teil klimabelastend hergestellt. Die Anbieter verfeuern dabei unter anderem Gas oder Kohle. Der Anteil der klimaneutralen Energien an der Fernwärmeerzeugung liegt laut AGFW bei 30 Prozent.
Für eine Steigerung der Öko-Quote gibt es mehrere Optionen, beispielsweise die vermehrte Nutzung industrieller Abwärme, große zentrale Wärmepumpen oder die Erschließung von Erdwärme.
Bei Letzterer wird zum Teil mehrere Hundert Meter tief ins Erdreich gebohrt, um die dortigen hohen Temperaturen zu nutzen. Im bisherigen Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes gehen das Bundeswirtschafts- und das Bauministerium davon aus, dass die bestehenden Wärmenetze im Jahr 2030 zur Hälfte klimaneutral betrieben werden.
„Unrealistisches Ziel“
Der AGFW wie auch die Stadtwerke München, nach eigenen Angaben einer der größten Energieversorger Deutschlands, bezeichnen dieses Ziel als unrealistisch. Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), mahnt für den Ausbau der Wärmenetze zudem höhere und langfristig abrufbare Fördergelder an.
Derzeit stellt der Bund für die nächsten vier Jahre drei Milliarden Euro zur Verfügung. „Realistischerweise sollten wir bis zum Jahr 2035 von einem Investitionsbedarf im unteren dreistelligen Milliardenbereich ausgehen“, kalkuliert auch AGFW-Vizegeschäftsführer John Miller, „wovon 40 Prozent aus Bundesmitteln, der Rest von den Versorgern aufgebracht werden würden.“
Miller fordert außerdem besondere Hilfestellungen für kostenaufwendige Geothermie-Projekte. „Was ist, wenn ein Versorger tief ins Erdreich bohrt und wider Erwarten doch keine Erdwärme vorfindet, die sich nutzen ließe?“ Dafür, so der Experte, brauche es Versicherungslösungen. (dts/red)
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