Vorgezogene Bundestagswahl verzögert eine Neubewertung der AfD

Eigentlich wollte der Verfassungsschutz noch in diesem Jahr eine aktuelle Bewertung der AfD veröffentlichen. Diese verschiebt sich nun, weil wegen der anstehenden Neuwahlen Zurückhaltung geboten ist. Unterdessen haben 113 Bundestagsabgeordnete einen Antrag für ein Verbotsverfahren eingereicht.
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Alice Weidel will die AfD als Kanzlerkandidatin in den Bundestagswahlkampf führen.Foto: Tobias Schwarz/AFP via Getty Images
Von 13. November 2024

Aufgrund der vorgezogenen Neuwahlen des Bundestags (voraussichtlich Ende Februar 2025) soll die angekündigte Neubewertung der AfD durch den Verfassungsschutz erst nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr abgeschlossen werden.

Aus Sicherheitskreisen heißt es, im Umfeld von Wahlen sei Zurückhaltung geboten, schreibt die „Deutsche Presse-Agentur“. Die Beobachtung der Partei als rechtsextremistischer Verdachtsfall durch Verfassungsschutz werde aber fortgesetzt. Zuvor hatte die ARD berichtet.

Drei Szenarien sind denkbar

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, hatte im Oktober angekündigt: „Mit einer Entscheidung wird noch in diesem Jahr zu rechnen sein.“

Im Mai hatte das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass der Verfassungsschutz die AfD zu Recht als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft hat, was den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wie Observation erlaubt. Der Rechtsstreit geht noch weiter.

Theoretisch sind drei Szenarien denkbar: Entweder hat sich der Verdacht der Verfassungsschützer nicht bestätigt, dann würde der Inlandsnachrichtendienst die Beobachtung der AfD als Verdachtsfall beenden. „Ich halte diese Variante für äußerst unwahrscheinlich“, sagte Haldenwang im Oktober.

Oder der Verdacht bestätigt sich. Das hätte dann eine Einstufung der Gesamtpartei als gesichert extremistische Bestrebung zur Folge.

Möglich wäre aber auch eine weitere Beobachtung als Verdachtsfall mit einer entsprechenden Begründung – etwa falls sich aufgrund bisher nicht abgeschlossener interner Vorgänge in der Partei nicht klar sagen lässt, in welche Richtung sich die AfD entwickelt.

Das neue Gutachten werde „unter Berücksichtigung aktuellster Entwicklungen innerhalb der Partei“ erstellt, sagte Haldenwang damals. Auch „die sichtbaren Vorgänge rund um die Landtagswahlen in Ostdeutschland“ spielten dabei eine Rolle. Am Dienstag war bekannt geworden, dass Haldenwang bei der für den 23. Februar geplanten Bundestagswahl für die CDU kandidieren möchte. Er scheidet daher laut Innenministerin Faeser ab sofort aus dem Amt.

113 Bundestagsabgeordnete unterzeichnen AfD-Verbotsantrag

Unterdessen haben Parlamentarier einen von 113 Bundestagsabgeordneten unterschriebenen Antrag auf ein Verbotsverfahren gegen die AfD der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) überreicht.

Wie die „Tagesschau“ auf ihrer Internetseite berichtet, soll damit ein Verfahren in die Wege geleitet werden, damit das Bundesverfassungsgericht überprüft, ob die Partei sich an die Verfassung hält.

Wie Till Steffen, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen Bundestagsfraktion, auf X mitteilt, haben 50 Mitglieder seiner Partei den Antrag unterzeichnet.

Verfassungsrechtler sehen ein Verbot hingegen kritisch. Sie zweifeln daran, dass das Bundesverfassungsgericht nach dem aktuellen Erkenntnisstand die AfD verbieten könnte. Der emeritierte Professor für öffentliches Recht an der Universität Freiburg, Dieter Murswiek, stellte im Interview mit Epoch Times im Hinblick auf den Erfolg eines AfD-Verbots fest: “Das wird vor dem Bundesverfassungsgericht mit allergrößter Wahrscheinlichkeit scheitern.“

Auch innerhalb der Bundestagsfraktionen gibt es Skeptiker. So hat sich die Union mit „überragender Mehrheit“ dazu entschieden, dem Gruppenantrag zur Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens nicht beizutreten.

„Die Fraktion hält den Versuch eines Verbots der AfD zum jetzigen Zeitpunkt für juristisch nicht Erfolg versprechend und politisch kontraproduktiv“, heißt es in einem „Blitz-Briefing“ des Leitungs- und Planungsstabs des Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz. Darin heißt es auch, dass die „Mitglieder der Fraktion die Rechtslage sowie den politischen Kontext fundiert und ausgewogen abgewogen“ hätten.

Verbotsbefürworter Wanderwitz optimistisch

Auch aus der FDP kommen Signale, dass sie den Weg des Gruppenantrags nicht mitgehen wird. FDP-Innenpolitikerin Linda Teuteberg hält einen Verbotsantrag gegen die AfD juristisch und politisch für „unklug und riskant“.

„Statt ihr eine weitere Opfererzählung für den Bundestagswahlkampf zu schenken, muss die AfD endlich ernsthaft politisch gestellt werden“, sagte Teuteberg im ZDF-„Morgenmagazin“. Gleichwohl sehe auch sie, dass es durch die AfD „ernsthafte Gefahren für unsere Demokratie gibt“.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich Anfang Oktober sehr zurückhaltend zu einem AfD-Verbotsverfahren. „Da sind jetzt erst mal ganz andere Dinge angesagt“, sagte er bei einem Bürgerdialog vor dem Tag der Deutschen Einheit in Schwerin. Ein Verbotsverfahren müsse sehr sorgfältig vorbereitet werden. „Deshalb steht das jetzt nicht auf der Tagesordnung“.

BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht sprach gegenüber dem Nachrichtenportal im Hinblick auf den Gruppenantrag gar vom „dümmsten Antrag des Jahres“.

Anders als viele seiner Parteikollegen glaubt Mitinitiator Marco Wanderwitz (CDU) an einen Erfolg des Verbotsverfahrens. Angesichts der bevorstehenden Neuwahlen müsse es „jetzt schnell gehen“. Er stellte auch klar, “dass wir aber im Bundestag keinen Antrag zur Abstimmung stellen, der keine Chance auf eine parlamentarische Mehrheit hat“, berichtete Epoch Times.

In Baden-Württemberg darf der Verfassungsschutz den AfD-Landesverband als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstufen und beobachten. Der Verwaltungsgerichtshof des Bundeslandes in Mannheim bestätigte damit laut „Zeit“ ein Urteil des Verwaltungsgerichts, gegen das die Partei vorgegangen war.

(Mit Material der Agentur)



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