Verspätete Whistleblower-Richtlinie: Deutschland muss 34 Millionen Euro Strafe zahlen

Die Richtlinie stammt aus dem Jahr 2019. Bis spätestens Mitte 2021 sollten die Mitgliedsstaaten entsprechende Vorschriften erlassen. In Deutschland beschloss zwar der Bundestag das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), der Bundesrat stimmte aber nicht zu. Die von CDU/CSU geführten Länder blockierten das Gesetz, weil es ihrer Ansicht nach weit über die Vorgaben der Richtlinie der Europäischen Union hinausging. So seien dem Gesetz noch einige Punkte hinzugefügt worden. Dazu gehörte etwa die Verpflichtung, auch anonyme Meldungen zu akzeptieren.
Darum ging der Entwurf in den Vermittlungsausschuss. Der Kompromiss trat im Juli 2023 in Kraft. Er sieht unter anderem die Einrichtung von Meldestellen vor, an die sich die Betreffenden wenden können.
Da das Gesetz aber zu spät kam, klagte die EU-Kommission vor dem EuGH, der nun die finanzielle Sanktion verhängte. Auch Luxemburg, Tschechien, Ungarn und Estland müssen zahlen. Gegen Polen war in dem Zusammenhang schon im April 2024 eine Sanktion verhängt worden.
Ziel des Gesetzes ist der Schutz von Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese melden. Das Gesetz verbietet jegliche Repressalien gegenüber diesen sogenannten Whistleblowern. Es verpflichtet Unternehmen, sichere Kanäle für die Meldung von Missständen einzurichten.
Unternehmen drohen bis zu 20.000 Euro Strafe
Doch umfasst das Gesetz nicht jede Meldung einer vermeintlichen Verletzung von Rechtsvorschriften. Den Schutz genießt, wer Verstöße gegen Strafvorschriften oder Ordnungswidrigkeiten meldet. Dabei müsse der „Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit“ tangiert sein. Dasselbe gilt, wenn Rechte von Beschäftigten tangiert werden (z. B. die Missachtung von Mindestlohnzahlungen oder Arbeitsschutzvorschriften). Hinweise zu möglicher Geldwäsche, nicht beachtete Vorgaben zum Umwelt- oder Verbraucherschutz und einiges mehr fallen ebenfalls unter die Regelung.
Zuletzt wurde der Anwendungsbereich auf Hinweise ausgeweitet, die mit fehlender Verfassungstreue von Beamtinnen und Beamten zu tun haben. Hintergrund sollen hier die Geschehnisse um die „Reichsbürger-Razzia” im Dezember 2022 sein.
Unternehmen mit mindestens 250 Mitarbeitern sind verpflichtet, die Vorgaben aus dem HinSchG spätestens bis zum 2. Juli 2023 umzusetzen. Seit dem 1. Dezember 2023 droht ein Bußgeld bis zu 20.000 Euro, wenn ein interner Meldekanal nicht eingerichtet ist.
Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten können mit anderen Unternehmen derselben Größenordnung eine gemeinsame Meldestelle unterhalten. Betriebe unter 50 Mitarbeitern sind von der Verpflichtung befreit. Ein Schutz der Whistleblower soll aber auch bei ihnen im Bedarfsfall zur Anwendung kommen.
Mehr als 900 Meldungen im ersten Jahr
Ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gab es eine Bilanz, über die Epoch Times berichtet hat. So hatte die zeitgleich gegründete Anlaufstelle des Bundes für Whistleblower pro Monat durchschnittlich circa 90 Hinweise auf mutmaßliche Missstände in Behörden und Unternehmen bekommen. Wie eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums laut FAZ mitteilte, gingen im Zeitraum zwischen Anfang Juli 2023 und Ende April 2024 bei der beim Bundesamt für Justiz angesiedelten externen Meldestelle insgesamt 902 Meldungen ein.
Von Juli 2023 bis zum 31. Dezember 2023 waren bereits 410 Meldungen in der externen Meldestelle des Bundes eingegangen. Schon zu diesem Zeitpunkt zeigte sich, dass das Meldeaufkommen weiter steige, erklärte das Bundesjustizamt in seinem ersten Bericht zum Jahresende 2023 nach einem halben Jahr seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes. Im zweiten Halbjahr haben also die Meldungen im Vergleich zum ersten Halbjahr noch einmal um ein Viertel zugenommen.
Mit Text von Agenturen
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