Bundesweite Trauer und ehrliche Debatte gefordert – Scholz: Gewalt gegen Politiker werden wir nicht hinnehmen

Der 29-jährige Polizist, der ebenfalls vor zwei Tagen in Mannheim angegriffen wurde, erlag seinen Verletzungen. Bundeskanzler Scholz kündigte ein hartes Vorgehen gegen Gewalt an.
Polizisten trauern auf dem Mannheimer Marktplatz um ihren getöteten Kollegen.
Polizisten trauern auf dem Mannheimer Marktplatz um ihren getöteten Kollegen.Foto: Boris Roessler/dpa
Epoch Times2. Juni 2024

Der Tod eines jungen Polizisten nach einer Messerattacke in Mannheim hat bundesweit Bestürzung ausgelöst. Zugleich wird über Konsequenzen des Angriffs debattiert. Für das Rathaus der Stadt hat Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) Trauerbeflaggung ab heute angeordnet.

Bei dem Angriff hatte ein Mann am Freitagvormittag auf dem Marktplatz in der Innenstadt bei der Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa (BPE) sechs Männer verletzt, darunter den Polizisten. Der 29-Jährige erlag am Sonntagnachmittag seinen Verletzungen. Der Angreifer habe dem Beamten mehrmals in den Kopfbereich gestochen. Zu den Verletzten zählt auch das BPE-Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger.

Bundesweite Trauer – auf X unter #einervonuns

Bundesweit trauerten Polizeibehörden, Landeskriminalämter und das Bundeskriminalamt auf der Plattform X unter dem Hashtag #einervonuns um den gestorbenen Kollegen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte: „Ich bin tief erschüttert über den Tod des Polizisten, der in Mannheim mutig eingriff, um Menschenleben zu schützen.“

Steinmeier zeigte sich zugleich besorgt über eine „Verrohung der politischen Auseinandersetzung und der wachsenden Gewaltbereitschaft in unserem Land.“ „So darf es nicht weitergehen. Gewalt gefährdet, was unsere Demokratie stark gemacht hat“, mahnte der Bundespräsident.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf X: „Sein Einsatz für die Sicherheit von uns allen verdient allerhöchste Anerkennung. Ich bin in diesen bitteren Stunden in Gedanken bei seiner Familie und bei allen, die um ihn trauern.“

Scholz kündigte mit Blick auf die Messerattacke und einen Übergriff auf den CDU-Politiker Roderich Kiesewetter ein hartes Vorgehen gegen Gewalt an. „Ob das Gewalt ist gegen sich links oder in der Mitte oder rechts engagierende demokratische Politikerinnen und Politiker – sie ist immer nicht akzeptabel und sie wird von uns nicht hingenommen werden“, betonte der SPD-Politiker am Sonntag beim ostdeutschen Wirtschaftsforum in Bad Saarow in Brandenburg.

„Wir werden gegen alle vorgehen, die mit Gewalt den demokratischen Raum einzuschränken versuchen“, kündigte er an. Das gelte unabhängig davon, ob es ein linksextremistisches, ein rechtsextremistisches oder ein islamistisches Motiv gebe.

Motiv unklar

Das Motiv des 25-jährigen Täters ist indes noch immer unklar. Bisher ist der Mann, der in Afghanistan geboren wurde, aber 2014 als Jugendlicher nach Deutschland kam, nicht vernehmungsfähig – er war bei der Attacke durch einen Polizeischuss gestoppt und verletzt worden. Bisher war er polizeilich nicht in Erscheinung getreten; er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt im hessischen Heppenheim.

„Die Nachricht erschüttert mich bis ins Mark“, erklärte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). „Alle unsere Gedanken sind bei der Familie, den Angehörigen und den Kolleginnen und Kollegen.“

Die Tat zeige, „welchem oft unkalkulierbaren Risiko Polizeibeamte tagtäglich ausgesetzt sind“, fügte Kretschmann hinzu. „Ich möchte deshalb auch mein tiefstes Mitgefühl an alle Polizistinnen und Polizisten in Baden-Württemberg ausdrücken. Wir sind heute alle in tiefer Trauer mit Ihnen vereint.“

Merz fordert harte Konsequenzen – auch für Sympathisanten

CDU-Chef Friedrich Merz betonte auf X: „Aus dem Messerangriff am Freitag ist heute heimtückischer Mord geworden. Meine Gedanken sind bei der Familie. Es ist einfach furchtbar. Dieser Mord muss harte Konsequenzen haben, auch für diejenigen, die mit dem Täter sympathisieren.“

Am Tatort in Mannheim: Am 31. Mai 2024 wurden mehrere Menschen bei einem Messerangriff verletzt. Darunter war auch ein prominenter Islamismus-Kritiker. Foto: Kirill Kudryavtsev/AFP via Getty Images

„Dies sind Momente, in denen die Welt stillzustehen scheint“, erklärte Innenminister Thomas Strobl (CDU). „Die gesamte Polizei Baden-Württemberg wird ihm stets und für immer ein ehrendes Andenken bewahren.“ Der Polizist sei Opfer eines brutalen, bestialischen Angriffs geworden. „Er ließ sein Leben, weil er dafür eingestanden ist, andere Menschen zu schützen.“

„Dieser junge Polizist hatte sein ganzes Leben noch vor sich“, sagte CDU-Landeschef Manuel Hagel. „Nichts kann diesen schmerzlichen Verlust wohl jemals heilen.“ Das ganze Land sei dem jungen Beamten für seinen Heldenmut zu tiefem Dank verpflichtet.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Landesinnenminister Strobl mahnten zudem ein hartes Vorgehen gegen Menschen an, die den Angriff des Täters im Netz verherrlichen.

„Den mörderischen Messerangriff zu verherrlichen, ist widerwärtig und menschenverachtend. Wer das tut, muss mit aller Härte des Strafrechts verfolgt werden. Unsere Sicherheitsbehörden gehen dem konsequent nach“, sagte Faeser der „Bild am Sonntag“. Strobl sagte der Zeitung: „Bei uns werden Verbrechen – ganz besonders Mordstraftaten – mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft und nicht gefeiert.“

Warnungen vor Islamismus – Ehrliche Debatte nötig

Zahlreiche Politiker verbanden ihre Stellungnahmen mit Warnungen vor dem Islamismus. „Der Täter muss mit maximaler Härte des Gesetzes für seine mörderische Tat bestraft werden. Das Motiv wird weiter untersucht, aber klar ist: Unsere Sicherheitsbehörden haben die islamistische Szene fest im Visier und verstärken diesen Kampf weiter“, schrieb Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf X.

FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich auf der Plattform „wütend, was in unserem Land passiert“. „Gegen den islamistischen Terrorismus müssen wir uns zur Wehr setzen. Die Sicherheitsbehörden werden wir dafür finanziell weiter stärken. Schluss mit falscher Toleranz“, mahnte der Bundesfinanzminister.

Die AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla äußerten Sorge, dass sich Beamte „wegen einer verfehlten Migrations- und Sicherheitspolitik täglich in Lebensgefahr begeben müssen“. Weidel und Chrupalla forderten zugleich, die Zuwanderung aus Afghanistan zu beenden und Rückführungen dorthin in Angriff zu nehmen.

Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) richtete auch den Blick auf die Gefahren des Islamismus. „Wenn sich der nahe liegende Verdacht bestätigen sollte, dass es sich tatsächlich um eine islamistische Tat handelt, dann wird es höchste Zeit für ehrliche Debatte über die Gefahren von Islamismus – ohne Naivität, ohne Scheuklappen, ohne doppelte Standards“, schrieb Bayaz auf X.

Einer aufgeklärten Gesellschaft sei eine schonungslose Debatte zumutbar, „wenn sie niemanden unter Generalverdacht stellt, aber gleichzeitig die Dinge klar beim Namen nennt“, betonte der Grünen-Politiker. Die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang sagte in der ARD-Sendung „Caren Miosga“: „Der Islamismus ist der Feind der freien Gesellschaft. Genau als solcher muss er auch behandelt werden“.

Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht sagte nach Bekanntwerden des Todes des Polizisten: „Sein Tod zeigt, was Hass und Hetze anrichten können.“ Zugleich appellierte der CDU-Politiker an die Bürgerinnen und Bürger: „Ich bitte Sie alle: Lassen Sie uns angesichts der tragischen Entwicklung innehalten und gemeinsam daran arbeiten, unsere Stadtgesellschaft in all ihrer Vielfalt zu einen und jegliche Spaltung zu vermeiden!“

Menschenkette und JA-Kundgebung auf Mannheimer Marktplatz

Angesichts der Messerattacke hatte ein überparteiliches Bündnis für Sonntagnachmittag zu einer Mahnwache gegen Gewalt und Hass in Mannheim aufgerufen. Auf dem Marktplatz fand zeitgleich eine Kundgebung der Jungen Alternative statt. Die Versammlung der Jugendorganisation der AfD lief unter dem Motto „Remigration hätte diese Tat verhindert!“.

Auf Videos im Internet ist zu sehen, wie Demonstranten in der Innenstadt eine lange Menschenkette bilden – und wie die Polizei mit einer Gruppe von Antifa-Aktivisten zusammenprallt. Die schwenkten rote Fahnen und zündeten Bengalos. Auf dem Marktplatz wurde der Slogan „Nazis raus“ skandiert.

Bewegung Pax Europa will weiter öffentlich auftreten

Nach Darstellung von BPE-Schatzmeisterin Stefanie Kizina ist die Attacke gezielt gegen den 59-jährigen Münchner Stürzenberger gerichtet gewesen. Er ist schon seit Jahren als Islamismuskritiker aktiv und wird vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. Stürzenberger gab inzwischen einem rechtskonservativen Medium ein Video-Interview vom Krankenbett aus – er war unter anderem im Gesicht und am Oberschenkel mit Stichen verletzt worden.

Polizisten hätten die Erstversorgung übernommen, sagte er. Der „Bild“ sagte Stürzenberger, der Angriff sei ein „absoluter Albtraum“ gewesen, der Angriff sei urplötzlich gekommen.

Auch nach der Messerattacke in Mannheim will die BPE bei weiteren Veranstaltungen öffentlich auftreten. Kizina geht davon aus, dass die Polizei „die Sicherheitsmaßnahmen verschärfen wird“.

Wut bei Polizeigewerkschaft

Die Deutsche Polizeigewerkschaft reagierte betroffen, aber auch wütend. „Die Gewalt, die uns täglich begegnet, ist schonungslos brutal, menschenverachtend und oft tödlich“, sagte Landeschef Ralf Kusterer.

Die Kampagnen gegen Hass und Hetze würden oft nicht einmal im Ansatz die Probleme treffen, die Polizisten täglich ertragen müssten. „Mit Diskussionen um Demokratie und Meinungsfreiheit erreicht man weder schuld- und deliktsunfähige Täter noch religiöse Fanatiker, deren Gedankenwelt uns völlig fremd und absurd erscheint.“  (afp/dpa/red)



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