Verivox: „Keine Angst vor Billiganbietern“ – Grundversorgung bei Strom und Gas zu teuer
Das Vergleichsportal Verivox moniert weiterhin hohe Preise für Strom und Gas in der Grundversorgung. Zugleich ermuntert die Plattform Endkunden, Vergleiche anzustellen und einen Anbieterwechsel nicht zu scheuen. Vor allem Endverbraucher mit Bestandsverträgen würden derzeit kaum von den Preisbremsen profitieren – stattdessen deute vieles darauf hin, dass diese Preissenkungen verhinderten.
Derzeit befände sich etwa ein Viertel aller deutschen Haushalte in der Grundversorgung. Gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“ vom Montag, dem 3.4., äußerte der Chef von Verivox, Daniel Puschmann:
Bei den Stromtarifen liegen 82 Prozent der Grundversorgungstarife über dem Preisdeckel, bei den Gastarifen sogar 92 Prozent.“
Deutliche Anpassungen nach oben schon zu Jahresbeginn
Bereits zum Ende des Vorjahres hatte es vielfach Klagen über Preiserhöhungen bei Stromanbietern gegeben, die den Eindruck einer Mitnahmementalität erweckten. Wie der MDR berichtete, hatten beispielsweise die Stadtwerke in Magdeburg ab Januar in der Grundversorgung Strom für 53,5 Cent pro Kilowattstunde angeboten. Dies entsprach einem Plus von fast 70 Prozent – obwohl die Preise an den Börsen bereits damals deutlich gesunken waren.
Die Preisbremsen sollten Unternehmen und Verbraucher vor den Folgen der Energiepreisexplosionen des Vorjahres schützen. Die Bundesregierung hatte ein Sondervermögen von 200 Milliarden Euro für den „Rettungsschirm“ geschaffen. Im März traten die Preisbremsen in Kraft – rückwirkend zum 1. Januar.
Für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs solle damit ein Ausgleich der Differenz zwischen Preisdeckel und Marktpreis erfolgen. Den Preis für die Kilowattstunde deckelte die Bundesregierung für Gas bei 12 Cent, für Strom bei 40 und für Fernwärme bei 9,5 Cent.
Verivox weist erhebliche Preissteigerungen nach
Beim Verbraucher sollen die Preisbremsen entweder auf dem Wege von Erstattungen oder niedrigeren Abschlägen ankommen. Die Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hatte Anfang März unter Berufung auf Verivox deutliche Preissteigerungen vieler Anbieter bestätigt.
So sollen 524 Versorger die Gaspreise im Schnitt um 48,5 Prozent erhöht haben. Beim Strom hätten sogar 762 Versorger ihre Preise erhöht – durchschnittlich um 54 Prozent. Verbraucherschützer argwöhnten, die Versorger würden sich aus Steuermitteln zusätzliche Gewinne sichern.
Für die Verbraucher würde es keinen Unterschied machen: Da ihnen Kosten jenseits der Preisdeckel erstattet würden, hätten sie wenig Ambitionen, den Anbieter zu wechseln. Dazu wären auch die Erfahrungen aus dem Vorjahr noch präsent. Damals verschwanden zahlreiche Billiganbieter kurzfristig vom Markt, weil sie die hohen Preise auf den Spotmärkten nicht mehr stemmen konnten. Die Kunden mussten in besonders teure Tarife in der Grundversorgung wechseln.
Mittlerweile Neukunden-Angebote unterhalb der Preisbremse
Die Notwendigkeit, trotz einer grundsätzlichen Langzeitstrategie deshalb kurzfristig teuer zukaufen zu müssen, schlage sich jetzt in den Preisen der Grundversorger nieder. Verivox zufolge haben die Versorger es deshalb doppelt schwer, die mittlerweile eingetretenen Preissenkungen an die Verbraucher weiterzugeben. Puschmann dazu:
Viele Grundversorger kaufen sehr langfristig ein und haben dies auch getan, als die Preise sehr hoch waren. Diese Verträge mit hohen Preisen sind jetzt immer noch in den Büchern.“
Mittlerweile seien die Marktpreise aber weiter gesunken. Hatte eine Megawattstunde Strom auf dem Spotmarkt im September 2022 noch etwa 500 Euro gekostet, seien es jetzt 130. Mittlerweile gebe es Neukundentarife für 32 Cent pro Kilowattstunde. Beim Gas seien solche für 10,3 Cent zu bekommen – ebenfalls unterhalb der Preisbremse.
Verivox gegen Pauschalverdacht bei Billiganbietern
Ein Wechsel schone deshalb nicht nur den Geldbeutel der Kunden, heißt es von Verivox. Zudem schone man damit den Staatshaushalt, weil die Preise unterhalb der Preisbremse lägen. Puschmann wendet sich zudem dagegen, Billiganbieter pauschal als unseriös abzuqualifizieren. Zum einen gäbe es mittlerweile auch günstige Neukundentarife bei Stadtwerken oder Ökostromanbietern. Zum anderen gebe es Kontrollen:
Agiert ein Anbieter unseriös, ist es Aufgabe der Bundesnetzagentur, gegen schwarze Schafe vorzugehen. Ihre Befugnisse sind im vergangenen Jahr dafür extra gestärkt worden.“
Möglicherweise sei es sogar einfacher, einem unseriösen Billiganbieter auf die Schliche zu kommen, als Missbrauch der Preisbremsen durch Teuer-Anbieter nachzuweisen. Schon im Dezember hieß es vonseiten der zuständigen Bundesbehörde für das sogenannte Missbrauchsverbot, eine nahtlose Kontrolle wäre kaum machbar. Angesichts der Vielzahl an Anbietern, die ihre Tarife erhöht hätten, stünde das Bundeskartellamt vor einer Mammutaufgabe.
(Mit Material von AFP)
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