Verfassungsschutz spricht von „toxischer“ Lage: „Rechte Szene in Cottbus saugt sich wie eine Krake in der Stadt fest“
Der brandenburgische Verfassungsschutz schätzt die Lage im brandenburgischen Cottbus in Bezug auf den Rechtsextremismus als „toxisch“ ein.
Insgesamt zählen die Verfassungsschützer 1.400 Rechtsextreme in dem rot-rot regierten Bundesland, erklärt Heiko Homburg.
Der Hotspot liegt im Süden, das ist der Raum Cottbus mit den zwei angrenzenden Landkreisen Oberspreewald-Lausitz und Spree-Neiße, da haben wir etwa 400 Rechtsextremisten und davon sind rund 80 Prozent gewaltorientiert,“ so Homburg.
„Besonders gefährlich“ sei, dass sich mehrere rechtsextreme Milieus nebeneinander und aufeinander zu entwickelten, sagt Homburg vom brandenburgischen Verfassungsschutz und spricht von rechtsextremistischer Hass-Musik, Neo-Nationalsozialisten, Bezügen zu Rockern und in die Türsteher-Szene, und von mehreren Parteien. „Das wächst zurzeit immer weiter zusammen und ist auch dabei jetzt, Geschäftsfelder aufzumachen, um sich eine eigene ökonomische Grundlage zu verschaffen,“ sagt er.
Dazu gehöre etwa ein Label für Szene-Bekleidung. „Und dazu gehören dann auch die Hooligans von Energie Cottbus“.
Diese nannten sich bis zu ihrer offiziellen Selbstauflösung vor rund zwei Jahren „Inferno Cottbus“, sagt Homburg. Er warnt, dass die selben Menschen aber trotzdem immer noch vorhanden seien.
Sie sind sehr, sehr rechtsextremistisch in ihrer Ideologie durchdrungen, sie haben den Verein immer missbraucht, um ihre Ideologie über das Stadion nach außen zu tragen, sie haben regelrechte extremistische Exzesse in der Öffentlichkeit inszeniert, und diese Rechtsextremisten von „Inferno Cottbus“ sind natürlich auch innerhalb dieser Szene aktiv, also innerhalb dieser Gesamt-Szene aktiv im Raum Cottbus.“
Alles zusammen vermische sich immer mehr. „Und deswegen sagen wir als Verfassungsschutz, die Lage dort ist mit Blick auf den Rechtsextremismus toxisch.“
Das Problem werde immer offener erkennbar und problematischer.
Da kann man dann schon sagen, dass sich Teile dieser Szene wie eine Krake in der Stadt festsaugen und aus der Subkultur irgendwann raus wollen, also stärker an die Öffentlichkeit treten wollen, um die Dinge dann eben auf eine andere Art und Weise mitzubestimmen.“
In Cottbus strahlt die Sonne an diesem Tag, die Stimmung scheint gut in der brandenburgischen 100.000-Einwohner-Stadt. Die Einschätzung des Verfassungsschutzes, nach der das beschauliche Städtchen ein Schwerpunkt der „rechtsextremen Szene“ sein soll, kommt hier vielerorts nicht gut an.
Der Cottbuser Oberbürgermeister würde nach Aussage seines Sprechers viel lieber Interviews zum Thema Integration, Ausbildung oder Strukturwandel geben und der ortsansässige Drittligist Energie Cottbus beschäftigt sich mit dem Ende der Transfer-Periode anstatt Interviews zum Thema zu geben. Für Anfang März allerdings hat der Verein zum Krisentreffen mit Polizei und Verfassungsschutz geladen.
Christoph Polster ist Vorsitzender des Födervereins „Cotbusser Aufbruch“, der im Jahr 1999 gegründet wurde, um ausländerfeindlichen Gruppen in Cottbus etwas entgegenzustellen.
Cottbus ist eine Stadt, wo wir schon auch immer mal wieder merken, dass sich populistisches und rechtsradikales Gedankengut auch artikuliert, aber darauf Cottbus zu reduzieren, das wäre nicht richtig“, sagt er.
Erst am vergangenen Wochenende fanden sich mehrere hundert Menschen zum gemeinsamen Gedenken an den Holocaust-Gedenktag ein und auf der Demo „Cottbus ist bunt“ wird im Februar wieder ein breites Bündnis auf die Straße gehen. (reuters)