Extremismus
Verfassungsschutz berät: Wird die Kategorie „Delegitimierung des Staates“ gestrichen?
Der Verfassungsschutz schaut auf Islamisten sowie auf Extremisten ganz rechts und ganz links. Über die Zukunft einer vor vier Jahren neu geschaffenen Extremismus-Kategorie wird aktuell beraten.

Querdenker-Demo vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Symbolbild.
Foto: Carsten Koall/dpa
Unter Verfassungsschützern in Bund und Ländern gibt es Überlegungen, sich von der 2021 eingeführten Extremismus-Kategorie „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ zu verabschieden. Die Diskussion dauere noch an, eine endgültige Entscheidung sei bislang nicht getroffen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen.
Im bislang nicht veröffentlichten Verfassungsschutzbericht, der die Entwicklungen im Jahr 2024 abbildet, soll die neue Kategorie wohl noch verwendet werden. Sie war von den Verfassungsschützern in Bund und Ländern während der Corona-Pandemie eingerichtet worden, als eine Art Auffangbecken für extremistische Akteure, die sich auf den ersten Blick keiner der bekannten Kategorien – Islamismus, Rechtsextremismus, Linksextremismus, auslandsbezogener Extremismus, sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter – zuordnen lassen.
Verschwörungserzählungen und Staatsfeindlichkeit
Im Verfassungsschutzbericht 2023 war das Personenpotenzial im Spektrum der „Delegitimierer“ mit etwa 1.600 Personen beziffert worden, von denen damals rund 250 als gewaltbereit eingeschätzt wurden. Zur Erklärung hieß es, die Akteure dieses Phänomenbereichs „machen demokratische Entscheidungsprozesse und Institutionen verächtlich oder rufen dazu auf, behördliche oder gerichtliche Anordnungen und Entscheidungen zu ignorieren“. Letzteres trifft auch auf die Szene der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ zu, die stark von Verschwörungserzählungen geprägt ist.
Baden-Württembergs Landesamt für Verfassungsschutz führt etwa die „Baptistenkirche Zuverlässiges Wort Pforzheim“ seit Mai 2023 als Beobachtungsobjekt im Phänomenbereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“. Ihr Fokus liege auf der Abwertung von Homosexuellen, die unverhohlen in öffentlich frei zugänglichen Reden gepredigt werde. Zudem stelle sie Entscheidungen demokratisch legitimierter Personen infrage und delegitimiere staatliches Handeln.
Es geht nicht um Kritik an der Regierung
Vor allem das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und die AfD haben mehrfach Kritik an der Schaffung der neuen Verfassungsschutz-Kategorie geübt und hier eine Beschränkung der Meinungsfreiheit vermutet. Die Bundesregierung hielt mit dem Argument dagegen, der Phänomenbereich knüpfe nicht an Kritik am Regierungshandeln an, sondern „an einer verächtlichmachenden Verunglimpfung der Institutionen freiheitlicher Demokratie und ihrer Repräsentanten mit der eigentlichen Ziel- und Zweckrichtung der Erzeugung und Verbreitung eines Zerrbildes einer danach untauglichen, zu beseitigenden Verfassungsordnung“. (dpa/red)
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