US-Vizepräsident Vance traf mehrere deutsche Politiker – Irritationen wegen Kritik an autoritären Tendenzen in Europa
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Am zweiten Tag der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) beschäftigt nach wie vor die Rede des US-amerikanischen Vizepräsidenten JD Vance die Gemüter. Am Freitag, 14. Februar, hatte Vance darin deutlich gemacht, dass Europa am stärksten nicht durch Russland oder China, sondern durch sich selbst bedroht sei.
Dabei verwies der mögliche Trump-Nachfolger 2028 auf zunehmende autoritäre Tendenzen in der Staatengemeinschaft und auf folgenschwere politische Entscheidungen. Er machte deutlich, dass nur eine Besinnung auf das amerikanische Verständnis von Demokratie und Redefreiheit die Kluft zwischen Bürgern und Eliten in Europa überbrücken könne.
Merz klagt über „fast schon übergriffigen“ Umgang von Vance mit Europäern
Der US-Vizepräsident hatte sich am Freitag mit mehreren deutschen Politikern getroffen. Einer davon war Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz. Dieser hatte gegenüber RTL und „n-tv“ einen „fast schon übergriffigen Umgang mit den Europäern, insbesondere mit uns Deutschen“ beklagt, der in der Rede von Vance zum Ausdruck gekommen sei.
„Wir haben eine andere Meinung“, äußerte Merz, und er will dies Vance am Freitagmittag im gemeinsamen Gespräch auch „deutlich gesagt“ haben. Jedoch habe Einigkeit darüber bestanden, dass der Krieg in der Ukraine „schnell ein Ende finden muss“. Zudem stimme man überein, dass „der Weg zu einem dauerhaften Frieden nur in engster Abstimmung zwischen Amerika und Europa gelingen kann“.
Beide Politiker hätten zudem den Konsens über die besondere Bedeutung der transatlantischen Beziehungen betont. Ein weiteres Gesprächsthema seien Investitionen Europas in die eigene Sicherheit und Zölle gewesen. Weitere Details über den Inhalt des Gesprächs teilten die Politiker nicht mit. Vance hatte jedoch in seiner Rede deutlich gemacht, dass Europa im Sinne des „Burden Sharings“ größere Verantwortung für seine eigene Verteidigungsfähigkeit tragen müsse. Die USA hätten sich auf „jene Regionen der Welt, die in großer Gefahr sind“, zu konzentrieren.
Gespräch mit Scholz an Terminkollisionen gescheitert
Ein Gespräch zwischen JD Vance und Bundeskanzler Olaf Scholz war zuvor nicht zustande gekommen. Als Grund wurden Terminschwierigkeiten aufseiten des deutschen Regierungschefs genannt. Dieser wird erst am Samstag in München eintreffen. Der US-Vizepräsident wird sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr dort befinden.
Das Magazin „Politico“ hatte behauptet, Vance habe ein Treffen mit Scholz für verzichtbar gehalten, weil dieser „ohnehin nicht mehr lange Kanzler“ sein würde. Dagegen spricht, dass beide Politiker Berichten zufolge jüngst in Paris am Rande eines Gipfeltreffens zur Künstlichen Intelligenz miteinander gesprochen hatten. Über den Inhalt des Gesprächs wurde jedoch nichts Näheres mitgeteilt.
Gespräche führte er auch mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, deren Verbleib im Amt nach der Bundestagswahl ebenfalls infrage steht. Außerdem traf Vance in München Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt.
Baerbock sieht „Sicherheits- und Wertegemeinschaft noch nicht am Ende“
Steinmeier hatte in seiner Eröffnungsrede bemängelt, dass die neue amerikanische Administration „ein anderes Weltbild als wir“ habe. Die Trump-Regierung nehme „keine Rücksicht auf etablierte Regeln, auf gewachsene Partnerschaft und Vertrauen“. Der Bundespräsident ließ auf seiner amtlichen Website mitteilen, er habe ein „produktives Gespräch“ mit Vance geführt. Im Vordergrund hätten die Situation in der Ukraine und die Zukunft dieses Landes gestanden.
Kanzleramtschef Schmidt äußerte sich bis dato nicht näher über die Themen, die er mit Vance erörtert hatte. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich jedoch ebenfalls „irritiert“ über die Inhalte der Rede des US-Vizepräsidenten geäußert. Was dort gesagt worden sei, dürfe „nicht einfach wegkommentiert und kleingeredet werden“.
Baerbock betonte, in ihrem direkten Gespräch mit Vance, bei dem auch Steinmeier anwesend gewesen sei, habe sich der US-Vizepräsident „anders geäußert als in seiner öffentlichen Rede“. Im ZDF-„heute journal“ betonte sie, dass dennoch „die Sicherheitsgemeinschaft und die Wertegemeinschaft mit den USA noch nicht am Ende“ sei.
Treffen mit Alice Weidel
Nicht im Rahmen der MSC, sondern in einem Hotel hat Vance AfD-Bundessprecherin Alice Weidel getroffen. Vertreter dieser Partei waren ebenso wie jene des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zuvor explizit von der Teilnahme an der Konferenz ausgeladen worden. Vance kritisierte diesen Umstand in seiner Rede und bewertete diesen als Ausdruck fehlenden Respekts vor dem Wählerwillen in Europa.
Mit Weidel sprach er über die Ukraine und die sogenannte Brandmauer. Vance hatte eine solche Form des Umgangs mit gewählten Politikern und Parteien als den „sichersten Weg, die Demokratie zu zerstören“, bezeichnet. Diese überstehe es nicht, „Millionen von Wählern zu sagen, ihre Gedanken und Sorgen, ihre Hoffnungen und Bitten um Hilfe seien unangebracht oder nicht einmal wert, angehört zu werden“.
Die AfD steht in Umfragen vor der Bundestagswahl bei etwa 20 Prozent der Wählerstimmen. Alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien haben Bündnisse mit ihr jedoch ausgeschlossen. Die Partei wird auf Bundesebene vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall, drei Landesverbände und die zum 31. März aufgelöste Jugendorganisation JA als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.
Anti-Establishment-Parteien „stärken Meinungsfreiheit und festigen traditionelle Werte“
Die Demokratie beruhe „auf dem heiligen Grundsatz, dass die Stimme des Volkes zählt“, hatte Vance in seiner Rede erklärt. Entweder man halte dieses Prinzip aufrecht oder nicht. Schon im Vorfeld der MSC hatte der US-Vizepräsident gegenüber dem „Wall Street Journal“ geäußert, das Aufkommen von Anti-Establishment-Parteien in Europa sei zu begrüßen. Es stärke die Meinungsfreiheit, festige traditionelle Werte und mache die Gefahren unkontrollierter Einwanderung bewusst.
Lob für die Rede von Vance in München kam von Alice Weidel, die diese als „exzellent“ bezeichnete. Auch BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht äußerte sich gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“ in anerkennender Weise über die Worte des US-Vizepräsidenten zur Redefreiheit.
Der Chefredakteur von „NIUS“, Julian Reichelt, sieht in der Rede von Vance zudem eine klare Ansage an die Europäer. Ihm zufolge habe die Kritik, die Vance in seiner Rede formuliert habe, eine klare sicherheitspolitische Konnotation. Demnach könne Europa nicht länger mit amerikanischer Solidarität rechnen, wenn es seine Bürger weiterhin drangsaliere.
Viele „Experten“ für Sicherheit auf der Sicherheitskonferenz sind beleidigt, weil sie meinen, JD Vance hätte nicht über Sicherheit gesprochen. Hat er aber, sie haben es bloß nicht gemerkt. Vance hat noch einmal im Amt und auf hoch offizieller Bühne bestätigt, was er vor einigen…
— Julian Reichelt (@jreichelt) February 14, 2025
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