Umfrage: 27 Prozent aller Deutschen hegen antisemitische Gedanken
Angesichts alarmierender Befunde über sich ausbreitenden Antisemitismus in Deutschland haben Politiker von Grünen und FDP ein stärkeres Vorgehen dagegen gefordert. Sie reagierten am Donnerstag in Berlin auf eine Umfrage im Auftrag des Jüdischen Weltkongresses, wonach 27 Prozent aller Deutschen antisemitische Gedanken hegen. Über die Ergebnisse der Befragung durch das Institut Schoen Consulting hatte zuerst die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.
Zwar gaben in der Umfrage 79 Prozent der Befragten demnach an, Juden seien „genau wie alle anderen“ Menschen. Jeweils 41 Prozent stimmten aber den Aussagen zu, Juden hielten „eher Israel als Deutschland die Treue“ und „Juden sprechen zu oft über den Holocaust“.
Zu viel Macht?
26 Prozent sagten, Juden hätten „zu viel Macht in der Wirtschaft“, 24 Prozent gaben an, Juden hätten „zu viel Macht über die Weltpolitik“. Zwölf Prozent unterstellten Juden, sie seien „für die meisten Kriege verantwortlich“.
Ein Teil dieser Aussagen, die häufig von Antisemiten vertreten werden, stößt demnach auch unter Hochschulabsolventen mit einem Jahreseinkommen von mindestens 100.000 Euro auf verbreitete Zustimmung. So machten sich dem Bericht zufolge 28 Prozent von ihnen die Aussage zu „zu viel Macht in der Wirtschaft“ zu eigen, 26 Prozent zu „zu viel Macht in der Weltpolitik“. Auch teilten 48 Prozent dieser als „Elite“ eingestuften Gruppe die Auffassung, in Deutschland lebende Juden verhielten sich loyaler zu Israel als zu Deutschland.
„Es ist an der Zeit, dass die gesamte deutsche Gesellschaft Position bezieht und Antisemitismus frontal bekämpft“, sagte der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, dazu der „SZ“. Wenn sich mehr als ein Viertel der Gesellschaft mit Antisemitismus identifiziere, dann sei es Zeit für die restlichen drei Viertel, Demokratie und tolerante Gesellschaften zu verteidigen.
Erschütternd, aber nicht überraschend
Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz wertete die Ergebnisse der Umfrage als „erschütternd“, allerdings auch nicht als überraschend. So weise seine Partei seit Jahren darauf hin, „dass Antisemitismus nie verschwunden war und leider bis tief in die Mitte der Gesellschaft reicht“, erklärte Notz in Berlin. „Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und er muss gesamtgesellschaftlich bekämpft werden“, forderte der Grünen-Politiker weiter.
Auch der FDP-Politiker Stefan Ruppert nannte es „alarmierend, dass der Studie zufolge antisemitisches Gedankengut in wachsenden Teilen unserer Gesellschaft Zustimmung findet“. Er verwies auf Vorschläge seiner Fraktion für ein Sofortprogramm, „das sämtlichen Formen des Judenhasses entschlossen entgegentritt“. Die Bundesregierung müsse jetzt „entschlossen handeln, um die Ausbreitung eines antisemitischen Klimas in der Gesellschaft wirksam zu bekämpfen“. (afp)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion