Tunesien und Libyen gegen Migrantenlager – Bayern weist Menschen mit Einreiseverbot ab – Italien stoppt NGO-Schiffe
Der Druck der CSU auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lässt auch nach dem EU-Sondertreffen zur Asylpolitik nicht nach.
Dabei werden in der Europäischen Union jetzt Vorschläge diskutiert, die vor zwei Jahren noch als nicht mehrheitsfähig galten. Dazu gehören „Anlandestellen“ für am Mittelmeer aufgenommene Migranten, in denen ihre Asylberechtigung geprüft würde. Diese Flüchtlingslager könnten in Nordafrika liegen oder innerhalb der EU. Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte am Montag in Brüssel, die Machbarkeit müsse aber noch im Detail geprüft werden. CDU-Politiker zeigten sich von der Kritik der CSU unberührt.
Sollten die Christsozialen mit ihrer konfrontativen Strategie auch auf die bayerische Landtagswahl am 14. Oktober schielen, so geht die Rechnung bislang nicht auf. Laut einer Umfrage des Forsa-Instituts sind nur 38 Prozent der Bayern mit der Arbeit von Ministerpräsident Markus Söder zufrieden – aber 43 Prozent mit der von Merkel. Würde im Freistaat an diesem Sonntag gewählt, erhielte die CSU 40 Prozent der Stimmen. Die Grünen sieht das RTL/n-tv-Trendbarometer bei 14 Prozent. SPD und AfD lägen mit 13 Prozent gleichauf.
Die CSU will bis zum 1. Juli eine europäische Einigung darüber, wie das Weiterwandern von Flüchtlingen und Migranten innerhalb der EU beendet werden kann. Anderenfalls will Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bereits registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenze abweisen lassen. Merkel warnt vor einem nationalen Alleingang. Der der CDU angehörende EU-Kommissar Günther Oettinger forderte die CSU auf, Merkel mehr Zeit für Beratungen auf europäischer Ebene zu geben.
Bayern weist Menschen mit Einreiseverbot ab
CDU-Bundesvize Armin Laschet verlangte von der CSU mehr Kompromissbereitschaft. Auf die Frage, wie schnell die CDU einen bayerischen Landesverband gründen könnte, falls die CSU aus der Fraktionsgemenschaft aussteigen sollte, antwortete er: „Schnell.“ CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer betonte jedoch, ihre Partei habe keinen Plan für eine Ausdehnung nach Bayern in der Schublade. Die Gemeinschaft mit der CSU sei für die CDU ein hohes Gut. Allerdings gebe es an der CDU-Basis Kopfschütteln über den Kurs der CSU und Unverständnis „für die eine oder andere verbale Eskalation.“
Ergänzend zum geplanten „Masterplan Migration“ von CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer sollte es nach Ansicht der CDU laut Kramp-Karrenbauer eine Art „Pakt zur Steuerung und Ordnung der Zuwanderung und schnellen Integration“ geben. Darin könnten Seehofers Vorstellungen, die Ergebnisse von Merkels Verhandlungen auf europäischer Ebene sowie Ansätze der SPD zur Verfahrensbeschleunigung einfließen.
Seehofer hat bereits die Zurückweisung von Menschen mit Einreiseverbot angeordnet. Laut Innenministerium wurden seit vergangenem Dienstag gemäß dieser Weisung zwei Ausländer an Grenzübergängen in Bayern abgewiesen.
AfD beklagt „Symbolpolitik“
Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen warf der CSU vor, sie betreibe „Symbolpolitik“. Er sagte der „Welt“: „Es gibt keine Partei, in der der Spagat zwischen verbalen Forderungen und realisierter Politik so groß ist wie in der CSU.“
Merkel hatte am Sonntag nach einem Asyl-Sondertreffen mit den Staats- und Regierungschef von 16 EU-Ländern erklärt: „Wir sind uns alle einig, dass wir die illegale Migration reduzieren wollen, dass wir unsere Grenzen schützen wollen.“ In anderen Fragen sollten diejenigen, „die willig sind“, Vereinbarungen treffen.
Tunesien lehnt Aufnahme von Flüchtlingen ab
EU-Haushaltskommissar Oettinger will kurzfristig gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten Milliardenbeträge zur Versorgung von Flüchtlingen in Afrika mobilisieren. Er sagte, wenn man vor Ort einen Vertragspartner finde, würde die EU in eine Unterbringung der Menschen in einem „abgeschlossenen Dorf“ mit guten Bedingungen investieren. Als Partner kämen eine Regierung, eine Region oder eine örtliche Verwaltung in nordafrikanischen Staaten wie Libyen oder Tunesien in Frage.
Tunesien steht der Aufnahme von Flüchtlingen allerdings generell ablehnend gegenüber. Und der Vize-Chef des libyschen Präsidentschaftsrats, Ahmed Maitik, lehnte nach einem Treffen mit dem italienischen Innenminister Matteo Salvini Aufnahmelager für Flüchtlinge auf libyschem Boden ab.
Schiff mit Migranten verharrt im Meer
Keine Lösung gibt es bisher auch für die „Lifeline“. Das Schiff der Dresdner NGO Mission Lifeline hatte am Donnerstag rund 230 Migranten im Mittelmeer gerettet. Weder Italien noch Spanien sind bisher bereit, dem Schiff einen Hafen zu öffnen. Es liegt derzeit in der Nähe von Malta. Am Sonntag waren erneut mehr als 1000 Migranten in mehreren Booten vor der libyschen Küste entdeckt worden.
Die Vorsitzende der Linke-Bundestagsfraktion, Sahra Wagenknecht, forderte Merkel auf, sich in der EU dafür einzusetzen, dass das Schiff einen sicheren Hafen anlaufen kann. Es sei „ein humanitäres Armutszeugnis“, dass selbst Gesetze der Seenotrettung an den EU-Grenzen außer Kraft gesetzt würden.
Söder sieht keine schnelle europäische Einigung
Söder äußerte sich nach dem EU-Sondertreffen skeptisch, was die Chancen auf eine europäische Einigung angeht. „Es gab ja kein Ergebnis, es ist ja eine Vorbesprechung gewesen“, sagte er in Augsburg. „Erkennbar ist es aber, dass die Positionen in einigen Fragen schon noch sehr, sehr weit entfernt sind, da es zum Teil auch fundamentale unterschiedliche Auffassungen gibt, wenn man beispielsweise die Position Italiens anschaut.“
Aus der CSU hieß es, die von Frankreich und Spanien in die Diskussion gebrachten Zentren für ankommende Migranten auf europäischem Boden könnten ein guter Ansatz sein. Sie entsprächen der Idee von Innenminister Seehofer für sogenannte Ankerzentren. In solchen Massenunterkünften sollen Asylbewerber bleiben, bis über ihren Asylantrag entschieden wurde. Dagegen wird in der CSU der italienische Vorschlag, das sogenannte Dublin-System vollkommen aufzugeben, wohl abgelehnt. Nach den Dublin-Regeln müssen sich die Menschen dort registrieren lassen und einen Asylantrag stellen, wo sie zuerst europäischen Boden betreten. (dpa/so)
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