Spahn und Schäuble lehnen Ramelow-Wahl entschieden ab: Kampf gegen den Kommunismus ist Teil der CDU
In der Bundes-CDU gibt es Kritik an der Einigung der Thüringer Parteifreunde mit Linkspartei, SPD und Grünen zur Lösung der Erfurter Regierungskrise. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn schrieb am Samstag im Kurzbotschaftendienst Twitter, eine Wahl von Bodo Ramelow (Linke) durch die CDU lehne er ab.
Die Union sei in einer „Vertrauenskrise“. „Die letzten Wendungen aus Thüringen“ kosteten weiteres Vertrauen, ergänzte Spahn. Es gehe jetzt um die „Substanz unserer Partei – nicht nur in Thüringen“.
Eine Wahl von @bodoramelow durch die @CDU lehne ich ab.
Wir sind als Union in einer Vertrauenskrise. Die letzten Wendungen aus #Thüringen kosten weiteres Vertrauen. Es geht jetzt um die Substanz unserer Partei – nicht nur in Thüringen.
— Jens Spahn (@jensspahn) February 22, 2020
In einem weiteren Post schrieb Spahn:
So schwierig die Lage für unsere Kollegen vor Ort in Thüringen ist:
Nachdem die Suche einer überparteilichen Persönlichkeit gescheitert ist, hilft kein weiteres Taktieren. Ich sehe einen Weg nach vorne nur in zügigen Neuwahlen. Da müssen wir dann zusammen mit aller Kraft kämpfen— Jens Spahn (@jensspahn) February 22, 2020
Schäuble und Althusmann lehnen Zusammenarbeit mit Linken ab
Auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble lehnt eine Zusammenarbeit mit den Linken ab. „Die Linkspartei ist rechtlich noch die alte SED. Wir hatten und haben Kollegen im Bundestag, die Opfer der Stasi gewesen sind“, sagte der CDU-Politiker dem „Handelsblatt“. Der Kampf gegen den Kommunismus sei ein Teil der CDU.
Zur Debatte über eine Kooperation mit der Linkspartei in Thüringen sagte Schäuble: „Natürlich ist Bodo Ramelow kein Kommunist, er war Gewerkschafter in Hessen“.
Aber das ändere nichts daran, dass die Linke aus der NATO austreten will, dass sie eine unklare Haltung zur EU hat, dass sie in der Außenpolitik starke Rücksicht auf Russland nimmt. „Da gibt es keine Zusammenarbeit mit der CDU“, sagte Schäuble.
Der Landesvorsitzende der CDU-Niedersachsen, Bernd Althusmann, zugleich Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung in Niedersachen, sagte gegenüber der „Welt am Sonntag“: „Was da gestern Abend in Erfurt vereinbart wurde, geht so nicht. Die CDU sollte ihre klare Haltung nicht aus taktischen Gründen aufgeben: Wir wählen keinen Linken zum Ministerpräsidenten. Nicht in Thüringen und auch nirgendwo sonst. Das gilt und das muss auch weiterhin gelten.“
Thüringer CDU will Wahlergebnis für Ramelow sicherstellen
Die thüringische CDU-Landtagsfraktion will nach Angaben ihres Abgeordneten Volker Emde die für Anfang März anberaumte Wahl von Ramelow als Ministerpräsident sicherstellen. Bei den Verhandlungen mit Linkspartei, SPD und Grünen sei diesen zugesichert worden: „Wir stellen das Wahlergebnis sicher“, sagte Emde der Nachrichtenagentur AFP am Samstag. Emde war bei den Gesprächen einer von vier Unterhändlern für die Erfurter CDU-Fraktion.
Am Freitagabend hatten die vier Parteien eine Lösung für die Regierungskrise gefunden. Sie vereinbarten Neuwahlen für den 25. April 2021. Vorher will sich Ramelow am 4. März im Landtag zur Wiederwahl stellen und eine Regierung bilden, die bis zur Neuwahl regieren soll.
Der Linken-Politiker zeigte sich am Freitagabend sicher, dass er bei seiner erneuten Kandidatur gewählt wird. Die Thüringer Linken-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow sagte, „wir gehen davon aus, dass die Wahl im ersten Wahlgang gelingt“. Die Koalition der Linken mit SPD und Grünen ist allerdings eine Minderheitsregierung und verfügt nicht über die nötigen Stimmen dafür.
Das Wahlverhalten der CDU in der Landtagssitzung am 4. März war im Anschluss an die Gespräche am Freitagabend zunächst unklar geblieben. Der stellvertretende CDU-Landeschef Mario Voigt sagte vor Journalisten zu dem in der CDU geltenden Verbot einer Zusammenarbeit sowohl mit der AfD als auch der Linken: „der Grundsatzbeschluss steht“.
Landes-CDU „geht eigenen Weg“
Emde sagte nun AFP, es gebe „verschiedene Möglichkeiten“, wie sich die CDU verhalten könnte. Er verwies auf die erste Wahl Anfang Februar, als Ramelow im dritten Wahlgang zwei Stimmen mehr bekommen hatte als das rot-rot-grüne Lager hat. Zudem hatte es bei der Abstimmung eine Enthaltung gegeben. Es gibt Mutmaßungen, dass diese Stimmen aus der CDU kamen. Es sei auch ein Losverfahren in der CDU-Fraktion über das Abstimmungsverhalten der einzelnen Abgeordneten denkbar, sagte Emde weiter.
Emde machte zudem deutlich, dass die Erfurter Einigung nicht mit der Bundes-CDU abgesprochen sei. „Ich finde nicht, dass wir dafür eine Genehmigung der Bundes-CDU brauchen“, sagte er AFP. „Wir gehen unseren eigenen Weg.“
Ramelow war am 5. Februar in den ersten zwei Wahlversuchen gescheitert, im dritten Wahlgang setzte sich dann überraschend der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen von CDU und FDP sowie der AfD durch. Die Wahl mit Stimmen der AfD löste ein politisches Erdbeben in Deutschland aus; Kemmerich trat nach drei Tagen wieder zurück.
Über das genaue Vorgehen der CDU-Abgeordneten bei der erneuten Abstimmung über Ramelow soll laut Emde erst nach der Neuwahl des Fraktionsvorstandes entschieden werden. Diese ist für den 2. März anberaumt. Amtsinhaber Mike Mohring will nicht mehr antreten. Am kommenden Dienstag werden nach Angaben von Emde der Landesvorstand der CDU Thüringen und die CDU-Kreisvorsitzenden über den erzielten Kompromiss beraten. (dts/afp/dpa)
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