Streit um elektronische Arbeitszeiterfassung: FDP gegen Heils Gesetzentwurf
In der Koalition zeichnet sich ein Streit über die geplante elektronische Erfassung der Arbeitszeit ab. Die FDP will den entsprechenden Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) so nicht mittragen. „Der Entwurf des Arbeitszeiterfassungsgesetzes muss grundlegend überarbeitet werden“, sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler der „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwochausgabe).
Die Arbeitszeiterfassung müsse zwar europarechtskonform geregelt werden, sagte Köhler mit Blick auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs: „Es muss aber den Arbeitgebern überlassen bleiben, auf welche Weise die Arbeitszeit erfasst wird.“ Die Bedingungen in einzelnen Betrieben seien viel zu unterschiedlich, als dass die digitale Zeiterfassung für alle praktikabel und mit vertretbarem Aufwand umsetzbar wäre.
Heils Gesetzentwurf war am Dienstag bekannt geworden. Er sieht vor, dass Arbeitnehmer grundsätzlich täglich ihre Arbeitszeit elektronisch erfassen müssen. Die Tarifparteien können allerdings Ausnahmen vereinbaren. Zudem soll die sogenannte Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich sein, allerdings nur, wenn ebenfalls die Stunden aufgezeichnet und Verstöße gegen Ruhezeiten verhindert werden.
Bei der Vertrauensarbeitszeit verzichtet der Arbeitgeber darauf, feste Uhrzeiten festzulegen, er vertraut darauf, dass Beschäftigte selbstständig ihre Aufgaben erledigen. Das Gesetz dürfe „nicht zu Einschränkungen bei der Vertrauensarbeitszeit führen“, sagte Köhler. „Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind in der Lage, mit der Vertrauensarbeitszeit verantwortungsbewusst umzugehen.“
FDP fordert Korrekturen
Auch Pascal Kober, der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, fordert Korrekturen bei der Vertrauenszeit. Der Vorschlag des Arbeitsministers zeuge von einem Misstrauen gegenüber den Arbeitnehmern, mit Vertrauensarbeitszeit eigenverantwortlich umgehen zu können, sagte er der SZ.
Für die FDP sei klar, dass Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich sein müsse. „Generell nicht nachvollziehbar ist die im Entwurf zum Ausdruck kommende Haltung des Ministers bezüglich der Digitalisierung in der Arbeitswelt“, so Kober. Heil beharre bei einem Gesetz auf Tinte und Papier, sodass bei Arbeitsverträgen Angaben und Änderungen nur auf Papier übermittelt werden dürften, in diesem Gesetz wolle er nun aber rein elektronische Verfahren zur Arbeitszeiterfassung vorschreiben.
Frank Bsirske, Arbeitsmarktpolitiker in der Grünen-Bundestagsfraktion, begrüßte dagegen Heils Gesetzespläne. „Das ist ein großer Schritt zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zum Schutz der Beschäftigten“, sagte er der SZ. Vor allem sei die tagesaktuelle Aufzeichnung der Arbeitszeit in Branchen wichtig, in denen Schwarzarbeit verbreitet sei. „Das macht die Kontrollen der Arbeitszeit leichter, macht es einfacher, den Mindestlohn zu kontrollieren und schützt die Menschen vor Lohndumping.“ Bsirske war bis 2019 Vorsitzender der Gewerkschaft Verdi. (dts/dl)
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