(K)eine Milliarde Euro?
Steuerfreier Immobilien-Deal? – Neue „Börsenklausel“ begünstigt Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen
Die geplante Fusion der Immobilienriesen Vonovia und Deutsche Wohnen trifft sich günstig mit der Neuregelung der Gewerbesteuer ab dem 1. Juli 2021. Durch eine neu eingeführte „Börsenklausel“ öffnet die Bundesregierung das Tor für ein gewerbesteuerfreies Milliardengeschäft. Ein maßgeschneiderter Zufall?

Vonovia ist Deutschlands größter Immobilienkonzern.
Foto: Bernd Thissen/dpa
Möglicherweise könnte die am Dienstag, 25. Mai, bekannt gegebene mehrheitliche Übernahme des Berliner Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen durch den Marktführer Vonovia aus Bochum im dritten Anlauf nun gelingen. Das ganze allerdings dank einer anstehenden Gesetzesänderung unter Umgehung der Grunderwerbsteuer.
Lisa Paus, Obfrau der Grünen-Fraktion im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags, kritisierte am Dienstag in einem Statement die Große Koalition für ihr „skandalöses Steuergeschenk“ zur Immobilienfusion. Union und SPD hätten den Aktionären von Vonovia, Deutsche Wohnen und Blackrock „mit ihrer verkorksten Reform der Share Deals ein Millionen-Geschenk auf Kosten der Steuerzahler gemacht“.
„Skandalöses Steuergeschenk“ durch „Börsenklausel“?
In ihren Berechnungen ging die Finanzexpertin von einer Übernahme in Höhe von 18 Milliarden Euro und einem Grunderwerbsteuersatz von 5 bis 6,5 Prozent aus. Da „könnte sich die Höhe der Steuer schnell auf 1 Mrd. belaufen“, so Paus.
Die Diplom-Volkswirtin deutete mögliche Zusammenhänge an: „Es sieht so aus, dass Vonovia keine Grunderwerbsteuer bei der historischen Übernahme von Deutsche Wohnen zahlen wird. (…) Der angekündigte Zeitpunkt der Fusion der beiden Immobilienriesen für August dürfte kein Zufall sein – genau dann tritt das neue Gesetz in Kraft.“
Die Bundestagsabgeordnete geht weiter davon aus, dass die Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen genau wegen dieser neuen Börsenklausel an der Gewerbesteuer vorbeigehen dürfte. Mit der Einführung der Klausel zum 01. Juli würden alle Anteilsübertragungen von börsennotierten Unternehmen von der Steuer ausgenommen, „solange sie auch über die Börse abgewickelt werden“, was selbst dann gelte, wenn es sich um reine Immobilienkonzerne handele, so Paus.
Share Deals und „RETT“-Blocker
Nach Angaben der „FAZ“ wollen Union und SPD mit der Neuregelung die Umgehung der Grunderwerbsteuer beim indirekten Immobilienkauf über Share Deals erschweren, also dem Kauf von Anteilen einer Gesellschaft, der die Immobilien gehören.
Bisher galt: Mittelbare Eigentümerwechsel an Grundstücken werden von der Steuer nur erfasst, wenn innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 Prozent der Anteile einer Personengesellschaft erworben werden.
Um der Steuerzahlung zu entgehen sei man oft dazu übergegangen, nur 94,9 Prozent der Anteile zu übertragen und den Rest für fünf Jahre bei einer zwischengeschalteten Gesellschaft zu parken, schreibt die „FAZ“. Der Vorgang wird unter Fachleuten „RETT-Blocker“ (Real Estate Transfer Tax-Blocker) genannt. Nach Ablauf der Frist konnten dann die Anteile steuerfrei vereinigt werden.
Mit der Reform sei nun die Beteiligungsschwelle auf 90 Prozent gesenkt und die Frist auf zehn Jahre angehoben worden. Auch habe man die Vorschrift auf grundbesitzende Kapitalgesellschaften ausgedehnt – mit einer Ausnahme: Die Anteile werden über die Börse verkauft. (sm)
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