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NATO-Gipfel beendet

Stationierung von US-Langstreckenwaffen nur temporär – Europa will eigene entwickeln

Die auf dem NATO-Gipfel in Washington, D. C., beschlossene Stationierung von Langstreckenwaffen der USA in Deutschland soll nur eine temporäre Lösung sein. Minister Pistorius will zusammen mit weiteren Bündnispartnern eigene Waffen dieser Art für Europa entwickeln.

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Die Verteidigungsminister von Polen, Wladyslaw Kosiniak-Kamysz; Italien, Guido Crosetto; Frankreich, Sebastian Lecornu; und Deutschland, Boris Pistorius, unterzeichnen am 11. Juli 2024 einen Letter of Intent für einen „Europäischen Ansatz für Langstreckenschläge“.

Foto: ROBERTO SCHMIDT/AFP via Getty Images

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Lesedauer: 5 Min.

Zum Zwecke der „Abschreckung Russlands“ hat die deutsche Bundesregierung am Rande des NATO-Gipfels in Washington, D. C., der Stationierung von Langstreckenwaffen der USA in Deutschland zugestimmt. Die sogenannten abstandsfähigen Präzisionswaffen haben eine Reichweite von mehr als 2.000 Kilometern und könnten unter anderem Moskau erreichen. Der Gipfel ist am Donnerstag, 11. Juli, zu Ende gegangen. Die Bündnisstaaten hatten zuvor auch eine Erklärung unterzeichnet.
Mit der Maßnahme will man eigenen Angaben zufolge Russland von möglichen Angriffen auf europäische NATO-Mitgliedstaaten abschrecken. Belastbare Indizien für Pläne des Kremls zu einem solchen Angriff gibt es bis dato keine. Allerdings hat die Politik von EU und NATO gegenüber der Ukraine das westliche Militärbündnis in den Augen der Russischen Föderation zur Bedrohung gemacht.

Deutschland, Polen, Frankreich und Italien wollen Langstreckenwaffen gemeinsam entwickeln

Die Stationierung der Langstreckenwaffen – die erste ihrer Art seit den 1990er-Jahren – soll jedoch nur eine vorübergehende Lösung sein. Das bestätigte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius am Rande des NATO-Gipfels.
Die US-Waffen, neben Langstreckenraketen auch Marschflugkörper, Kampfflugzeuge und Luftabwehrsysteme, sollen in Deutschland bleiben, bis Europa in der Lage ist, eigene zu entwickeln.
Bereits am Donnerstag, 11. Juli, unterzeichneten Pistorius und dessen Amtskollegen aus Polen, Frankreich und Italien eine Absichtserklärung. Die vier NATO-Staaten planen in einem ersten Schritt, „bodengestützte Marschflugkörper mit einer Reichweite von mehr als 500 Kilometern“ zu entwickeln. In weiterer Folge soll es europäische Langstreckenwaffen geben, die sich über mehr als 1.000 Kilometer einsetzen lassen. Mit diesen könnte Russland von Deutschland aus angegriffen werden.

Pistorius sieht Ausbaufähigkeit des Rüstungshaushalts

Im „heute journal“ des ZDF machte Pistorius Russland für eine angebliche neue „Bedrohungslage“ verantwortlich. Dieser müsse Europa eine „klare Abschreckungsfähigkeit und Verteidigungsbereitschaft entgegensetzen“. Europäische Länder verfügten jedoch kaum über konventionelle Langstreckenwaffen – und auch der Haushalt bilde derzeit noch keine Kapazitäten ab, um solche zeitnah zu schaffen.
Erst jüngst hatte Pistorius beklagt, dass die Erhöhung des Wehretats im Haushalt 2025 nicht das von ihm gewünschte Ausmaß erreicht habe. Der scheidende NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte im Vorfeld des Gipfels erklärt, das Zwei-Prozent-Ziel des Bündnisses werde perspektivisch nicht mehr das Ziel, sondern die Untergrenze der Rüstungsausgaben markieren.
Man müsse derzeit aber, so Pistorius, „mit den Spielräumen arbeiten, die wir haben“. Im nächsten Jahr werden dem derzeitigen Etat des Bundesverteidigungsministeriums von 52 Milliarden Euro lediglich etwa 1,2 Milliarden Euro hinzugefügt. Der Minister hatte von bis zu sieben Milliarden Euro an Zusatzbedarf gesprochen und eine Ausnahme von der Schuldenbremse gefordert.
Ab 2028 hält er eine „nicht unbeträchtliche zweistellige Milliardenbetragserhöhung“ für erforderlich. Die Finanzplanung sehe bis dahin eine Steigerung auf rund 80 Milliarden Euro vor – um die „Zeitenwende“ zu sichern.

Scholz: Langstreckenwaffen „sichern Frieden“ – Skepsis reicht bis in die Reihen der Ampel

Bundeskanzler Olaf Scholz verteidigte die Stationierung der US-Langstreckenwaffen als „sehr gute Entscheidung, die den Frieden sichert“. Kritik kam hingegen aus dem BSW und der Linkspartei, aber auch aus den Reihen der Grünen und der SPD selbst. Linken-Verteidigungssprecher Dietmar Bartsch warnte vor einem neuen Rüstungswettlauf, BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht sieht eine Gefahr, dass „Deutschland selbst zum Kriegsschauplatz“ werden könne.
Grünen-Sicherheitssprecherin Sara Nanni sieht „Klärungsbedarf“ aufseiten des Kanzlers. Dass er sich nicht im Detail zu dem Vorhaben geäußert habe, könne „Ängste verstärken und lässt Raum für Desinformation und Verhetzung“. Die „weitreichende Entscheidung“ stehe im Gegensatz zur aktuellen Haushaltseinigung, aber auch zur „vergleichsweise zurückhaltenden Kommunikation über den Ernst der Lage durch Olaf Scholz selbst“.

Putin: Westen steht für „klassischen Kolonialismus“

In Russland selbst sieht die Sprecherin des Außenministeriums, Marija Sacharowa, die Entscheidung der USA, Langstreckenwaffen in Deutschland zu stationieren, als Ablenkungsmanöver. Das Weiße Haus versuche, „den liberalen Kandidaten der Demokraten nach seinem verpatzten Debattenauftritt zu retten“.
Seit diesem stelle sich die US-amerikanische Öffentlichkeit Fragen nach dem Gesundheitszustand Joe Bidens. Deshalb, so Sacharowa gegenüber der Nachrichtenagentur „TASS“, würden außenpolitisch drastische Schritte unternommen und die Situation in der Ukraine „aufgeblasen“.
Präsident Wladimir Putin selbst warf dem Westen mit Blick auf den NATO-Gipfel eine Rückkehr zum „klassischen Kolonialismus“ vor. Dessen „regelbasierte Ordnung“, die er weltweit durchsetzen wolle, basiere auf Regeln, „die keiner je gesehen, diskutiert oder akzeptiert“ habe. Ziel des Westens sei es, einen Machtverlust zugunsten einer multipolaren Weltordnung zu verhindern, für welche die BRICS-Staaten stünden, so der Präsident gegenüber „TASS“.

Kommentare

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Zeitzeuge2vor 10 Monaten

Die "Zeitenwende" ist wohl eher doch eine Drehung um 360 ° gewesen, die einerseits Deutschland und Westeuropa die eigene Energiepolitik unterband und zum anderen sehr deutlich an die Ursprünge der NATO zurückkam, wo ziemlich unverblümt gesagt wurde, wozu die NATO eigentlich da sei. "Lord Ismay, dem ersten Generalsekretär der NATO (1952–1957), wird die Aussage zugeschrieben, dass das Bündnis drei zentrale Aufgaben habe: "to keep the Russians out, the Americans in, and the Germans down" " https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/internationale-sicherheitspolitik-353/517313/die-nato-rueckbesinnung-auf-den-kernauftrag/. Dem sind die Briten bis heute gefolgt und haben Westeuropa und die USA fest im Griff ihrer Dauerpropaganda und Geheimdienste, der ältere Bush hätte bei seiner Wiederwahl andere Weichen gestellt. Jetzt mit dem Propagandahelden Biden sind sie das 2. Mal auf die Nase gefallen, das erste Mal war als die "Russia" Affäre von Donald Trump bekannt wurde und wer Hintermann war. Warum werden eigentlich die Marschflugkörper nicht in Großbritannien aufgestellt? Warum haben Herr Scholz und Frau Baerbock nicht auch auf diese Variante hingewiesen, zumal Boris Johnson und das britische Establishment sich durchaus stark gegen Russland engagiert hatte? Hoffentlich sind unsere amerikanischen Freunde im Herbst heller als die Deutschen es bisher waren.

ladyofcork1vor 10 Monaten

was wird den Bürger / Bürgerinnen in D noch alles zugemutet, bes. jene Jahrgänge, die WW II noch miterlebt haben.

Atomkraftwerke stillgelegt, wegen der "Gefährlichkeit!!!"

Atomwaffenaufbau, wegen der Sicherheit.

Auf ein Wortvor 10 Monaten

Es handelt sich um Mittelstreckenwaffen!

Sven Rheinvor 10 Monaten

Das soll was bedeuten?