Staatsgerichtshof: Niedersächsische Regierung hätte Landtag informieren müssen

Titelbild
Eine Figur der Justitia ist an der Fassade des Kriminalgerichts Moabit. In Berliner Strafprozessen dürfen Rechtsreferendarinnen nun Kopftuch tragen.Foto: Sonja Wurtscheid/dpa/dpa
Epoch Times9. März 2021

Die niedersächsische Landesregierung hat den Landtag im vergangenen Frühjahr in drei Fällen vorab nicht ausreichend über den Text geplanter Verordnungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie informiert. Dies entschied der niedersächsische Staatsgerichtshof in Bückeburg am Dienstag (9. März) in einem von den Landtagsfraktionen der Grünen und der FDP angestrengten Verfahren. (Az. StGH 3/20).

Demnach ist die Regierung verpflichtet, den Landtag in seiner Gesamtheit „frühzeitig und vollständig“ über die Vorbereitung von Verordnungen „von grundsätzlicher Bedeutung“ zu informieren.

Vor dem Erlass von drei Pandemieverordnungen im April und Mai 2020 setzte diese nach Angaben des Gerichts vorher lediglich verschiedene Landtagsausschüsse in unterschiedlichem Umfang über die Lage und die geplanten Maßnahmen in Kenntnis. Parallel erfolgte allerdings bereits eine Anhörung kommunaler Verbände.

Laut Urteil der Verfassungsrichter reichte das Vorgehen nicht aus. Die in der Landesverfassung definierte Unterrichtungspflicht hätte erfordert, dass dem Parlament „als Ganzes“ unmittelbar nach Beendigung interner Entscheidungsprozesse innerhalb der Regierung zeitgleich mit der Verbändeanhörung der komplette Text der Entwürfe zugeleitet werde. Eine Unterrichtung von Landtagsausschüssen allein sei dabei nicht ausreichend.

Verordnungen sind allgemein ein Instrument, das Verwaltungen im Rahmen gesetzlicher Vorgaben eigenmächtig einsetzen können. Sie unterscheiden sich damit grundsätzlich von Gesetzen, die vor ihrem Inkrafttreten immer vom Parlament gebilligt werden müssen.

Üblicherweise geht es in Rechtsverordnungen um Einzelheiten bei der konkreten Anwendung und Ausführung von Gesetzen. Mitunter sind damit aber auch hochpolitische Entscheidungen verbunden.

Für solche Fälle enthält auch die niedersächsische Verfassung Sonderregeln, die eine umfassende Unterrichtung des Landtags im Vorfeld gewährleisten sollen. Die drei Rechtsverordnungen fielen in diese Kategorie, urteilte das Gericht. Sie hätten Regelungen von „erheblicher Grundrechtsrelevanz“ und mit „weitreichenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen“ enthalten. (afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion