Spenden halbiert – Bedürftige verdoppelt: Tafeln sprechen von „Ausnahmezustand“
Die Tafeln in Deutschland schlagen Alarm. Sie bekommen die Folgen von Inflation, abflauender Wirtschaft und hohen Energiekosten täglich im Alltag zu spüren. An manchen Standorten habe sich die Anzahl der Kunden in etwa verdoppelt, heißt es vonseiten der gemeinnützigen Organisation. Gleichzeitig sei die Summe der Spenden fast indirekt proportional zurückgegangen.
Auch Erwerbstätige auf Lebensmittelhilfe angewiesen
Gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) spricht Frank Hildebrandt von einem „Ausnahmezustand“. Er ist der Vorstandsvorsitzende des Tafel-Landesverbands für Hamburg und Schleswig-Holstein.
Bundeschefin Michaela Engelmeier pflichtet ihm bei. Sie spricht von „erschreckenden Berichten“ und davon, dass mittlerweile auch Menschen zu den Tafeln kämen, die erwerbstätig seien. In Zeiten von „Rekordinflation und Preisexplosion“ könnten sich immer mehr Menschen nicht einmal das Essen leisten.
Neben Empfängern von Bürgergeld seien häufig auch Rentner und Geringverdiener von der neuen Armut betroffen. Derzeit nähmen bundesweit etwa zwei Millionen Menschen an den Angeboten der Tafeln teil. Neben armen Familien aus Deutschland seien in überdurchschnittlichem Maße auch Flüchtlinge betroffen.
Zahlreiche Flüchtlinge aus der Ukraine auf Tafeln angewiesen
Viele von ihnen hätten Schwierigkeiten, auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dies gelte insbesondere bei unzureichenden Deutschkenntnissen und langen Wartezeiten auf die Anerkennung von Abschlüssen.
Die Fluchtbewegung aus der Ukraine verschärfe die Lage noch weiter. Im März 2023 hätten 708.000 ukrainische Staatsangehörige Grundsicherung in Anspruch nehmen müssen. Etwa 691.000 von ihnen seien infolge des Krieges nach Deutschland gekommen. Die Tafeln hätten vielfach bereits Bedürftige abweisen müssen, weil die verfügbaren Bestände nicht ausgereicht hätten.
Einkommensverhältnisse werden vor Ort überprüft
In Anspruch nehmen dürfen die Tafeln Menschen, die regional individuell definierte Kriterien zur Bedürftigkeit erfüllen. Die Tafeln richten sich in erster Linie an Menschen, die nicht genügend finanzielle Mittel haben, um ihren Lebensunterhalt angemessen zu bestreiten.
Häufig legen die Tafeln auch eine Einkommensgrenze fest, bis zu der Kunden ihre Leistungen in Anspruch nehmen können. Die Organisationen überprüfen die Bedürftigkeit vor Ort selbst. In der Regel müssen Antragsteller bestimmte Unterlagen vorlegen, um ihre finanzielle Situation nachzuweisen. Dazu können Einkommensnachweise, Kontoauszüge oder andere relevante Dokumente gehören.
Die Tafeln sehen sich als Einrichtungen zur Linderung einer vorübergehenden Notsituation. Sie seien nicht als dauerhafte Lösung zur Sicherung des Lebensunterhalts gedacht, heißt es aus den Verbänden immer wieder.
Inflation hält sich hartnäckig – vor allem bei Lebensmitteln und Bekleidung
Dennoch ist die Verpflegung über die Tafeln für immer mehr Menschen zum Regelfall geworden. Die hartnäckige Inflation trägt ihren Teil dazu bei. Zwar erreicht diese keine zweistelligen Prozentzahlen mehr wie noch in der zweiten Jahreshälfte von 2022. Mit 6,4 Prozent im Juni hat sie gegenüber den 6,1 Prozent im Monat davor jedoch schon wieder einen Anstieg vollzogen.
Benzin, Gas und Strom haben sich auf dem Niveau vor der Preisexplosion im vergangenen Sommer eingependelt. Im Bereich der Nahrungsmittel gibt es jedoch nach wie vor kaum Entwarnung, sie sind ein Inflationstreiber.
Zwar sei auch in diesem Bereich nicht mehr mit erheblichen Steigerungen zu rechnen, meint das Münchner ifo Institut. Das Tempo der Preisnormalisierung bleibe jedoch zäh. Der „Nordkurier“ zitiert ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser mit den Worten:
Insgesamt aber wird die Inflationsrate für die Verbraucher nur ganz langsam sinken.“
Getränke, Bekleidung und Autos blieben demgegenüber auch weiterhin teuer.
Einzelhändler kaufen weniger Lebensmittel ein – diese fehlen den Tafeln
Zu den wichtigsten Spendern der Tafeln gehören hauptsächlich Einzelhandelsketten wie Edeka, REWE, Aldi, Lidl und dm. Deren Lebensmittelspenden seien jedoch ebenfalls rückläufig. Dies sei auch eine Konsequenz der Anstrengungen der Einzelhändler, weniger Produkte wegzuwerfen.
Verbesserungen in der Lieferkette, die Digitalisierung, eine genauere Einkaufspolitik und Sonderverkäufe vor Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums wirkten zuungunsten der Tafeln. Auch bräuchten diese zusätzliche ehrenamtliche Helfer.
Die Regel sei jedoch eher, dass diese absprängen. Nicht nur die Tafeln selbst seien an der Belastungsgrenze, erklären Organisationsleiter. Auch für die Ehrenamtlichen werde die Arbeit immer belastender. Für viele sei es psychisch eine enorme Herausforderung, bedürftige Menschen abweisen zu müssen.
Tafel-Chefin Engelmeier appelliert vor dem Hintergrund der angespannten Lage an die Politik, dringend Entlastung zu schaffen. Vor allem die Kindergrundsicherung wäre dazu ein wichtiger Schritt.
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