SPD enttäuscht über Urteil – Gericht wertet Paritätsgesetz als Verstoß gegen Demokratiepinzip
Die SPD-Bundesspitze hat unzufrieden auf das Urteil des brandenburgischen Verfassungsgerichts gegen das dortige Paritätsgesetz reagiert.

Es ging um das gewerbsmäßige Verbreiten von Kinderpornografie.
Foto: iStock/Wavebreakmedia
„Ich bin sehr enttäuscht über das heutige Urteil“, erklärte Parteivize Klara Geywitz am Freitag. „Die Entscheidung des Brandenburger Verfassungsgerichts ändert nichts an unserem Einsatz für Gleichberechtigung und Parität in deutschen Parlamenten.“
Das Paritätsgesetz in Brandenburg schrieb vor, dass die Kandidatenlisten der Parteien für Landtagswahlen abwechselnd mit Männern und Frauen besetzt werden müssen. Am Freitagmorgen kippte das Landesverfassungsgericht in Potsdam die Regelung. Geklagt hatten NPD und AfD.
„Frauen in Deutschland wird der Zugang zu politischen Entscheidungsprozessen strukturell noch immer erschwert“, kritisierte Geywitz. „So lange diese strukturellen Hürden bestehen, wird sich die SPD politisch dafür einsetzen, sie zu beseitigen.“
Die Frauen-Union der CDU forderte das gesamte politisch Spektrum zum Handeln auf. „Alle Parteien sind jetzt umso mehr in der Verantwortung, wirksame Maßnahmen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in der Politik in ihren Parteien umzusetzen“, kommentierte die Vorsitzende Annette Widmann-Mauz das Urteil.
„Für die CDU heißt das, die Beschlüsse der Struktur- und Satzungskommission für halbe-halbe in der CDU bis 2025 müssen kommen“, fuhr sie fort. Die Frauenquote ist in der CDU sehr umstritten. Für den Parteitag im Dezember war eigentlich eine Abstimmung darüber vorgesehen – wegen der Verkürzung des Treffens aufgrund der Corona-Pandemie musste dies auf unbestimmte Zeit verschoben werden.
„Keine Option ist für mich der Status quo in Bezug auf den Anteil von Frauen in den Parlamenten“, betonte Widmann-Mauz. „Wir brauchen die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an politischen Entscheidungen auf allen Ebenen. Das Urteil des Landesverfassungsgerichts ist deshalb kein Schlusspunkt, sondern muss der Beginn verstärkter neuer Überlegungen in den Parlamenten sein.“
Gesetz verstößt gegen Demokratieprinzip
Seine Entscheidung hat das brandenburgische Verfassungsgericht in Potsdam in seinem Urteil damit begründet, dass das Paritätsgesetz gegen die Rechte der politischen Parteien, insbesondere gegen Organisations- und Programmfreiheit, Wahlvorschlagsfreiheit und gegen die Chancengleichheit verstoße. Damit sei mittelbar auch das Demokratieprinzip verletzt, hieß es in der Entscheidung.
NPD und AfD hatten gegen das Gesetz der früheren rot-roten Landesregierung geklagt, das vorschrieb, dass die Kandidatenlisten der Parteien für Landtagswahlen abwechselnd mit Männern und Frauen besetzt werden müssen.
Das Landesverfassungsgericht gab den Klagen in der Hauptsache statt. Prinzipien wie die Organisations- und Programmfreiheit sowie die Wahlvorschlagsfreiheit und die Chancengleichheit gelten für Parteien „bereits im Vorfeld der Wahl“, so das Urteil. Der Prozess der Willensbildung vom Volk über die Parteien bis hin zu Staatsorganen müsse ohne inhaltliche staatliche Einflussnahme ablaufen.
Die gesetzliche Vorgabe, Landeslisten abwechselnd mit Männern und Frauen zu besetzen, könne einzelne Kandidaten und ganze Parteien benachteiligen, urteilte das Gericht. Insbesonders betroffen seien Parteien, die ein ungleiches Geschlechterverhältnis unter ihren Mitgliedern hätten.
Mit dem Paritätsgesetz habe der Brandenburgische Landtag die Freiheit der Wahl „in mehrfacher Hinsicht beschränkt“ und seine Kompetenz in der Ausgestaltung von Wahlrechtsgrundsätzen überschritten. Der Gesetzgeber habe „ausdrücklich die Gleichberechtigung von Mann und Frau fördern wollen“. Der Staat müsse sich aber in diesem Willensbildungsprozess inhaltlicher Vorgaben enthalten.
NPD und AfD seien „keine verbotenen Parteien“, sondern Parteien, die „die gleichen Rechte inne haben wie alle anderen“, sagte die Verfassungsrichterin und Pressesprecherin des Landesverfassungsgerichts, Kathleen Heinrich-Reichow. „Das Verfassungsgericht entscheidet nicht nach Signalwirkung, sondern nach der Landesverfassung.“
Brandenburg hatte im vergangenen Jahr als erstes Bundesland ein Paritätsgesetz beschlossen. Thüringen führte als zweites Land ein solches Gesetz ein. Dieses war vom dortigen Landesverfassungsgericht bereits im Juli gestoppt worden. (afp/sua)
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