Sozialverband VdK: Rentenkasse „eine Art Selbstbedienungsladen“
Um der Haushaltskrise infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse zu begegnen, will die Ampel unter anderem den Bundeszuschuss zur Rentenversicherung kürzen. Im Jahr 2024 sollen um 600 Millionen Euro weniger aus dem Bundeshaushalt in die Rentenversicherung fließen. Aus Sicht des Sozialverbandes VdK eine schwerwiegende Fehlentscheidung – dessen Vorsitzende Verena Bentele befürchtet langfristig gravierende Folgen.
VdK sieht langfristigen Schaden für die Rente
Die Rentenerhöhung 2024 ist durch die Entscheidung nicht in Gefahr. Diese wird voraussichtlich sogar deutlich üppiger ausfallen als in den meisten Jahren zuvor. Dies liegt daran, dass die Entwicklung der Rentenhöhe und deren Anpassung von der Lage des Bundeshaushalts unabhängig ist. Entscheidend sind dafür lediglich jene Faktoren, die nach Paragraf 65 des SGB VI in die Berechnung des Rentenwerts einfließen.
Als solche nennt das Gesetz die Entwicklung der Bruttolöhne, jene des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung und den sogenannten Nachhaltigkeitsfaktor. Außerdem kommt es zu einer Anpassung an die – zuletzt hohe – Inflation. Diese kann sich allerdings erst mit einer gewissen Verzögerung bemerkbar machen. Die Verkündung des neuen Rentenwerts erfolgt jedes Jahr im März, die Anpassung erfolgt zum 1. Juli.
Versicherungsmathematiker halten den Schutz der gesetzlichen Renten vor Inflation für intakt, berichtete die „Tagesschau“ im April des Vorjahres. Bei den Betriebsrenten können Arbeitgeber eine Anpassung im Fall wirtschaftlicher Notlagen anpassen – die Hürden dafür sind jedoch hoch.
Bundeszuschüsse hatten sich seit 1992 vervielfacht
VdK-Präsidentin Verena Bentele sieht jedoch die langfristige Finanzausstattung der Rentenkassen in Gefahr. In einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Rundschau“ wirft sie der Bundesregierung vor, die Rentenkasse „als eine Art Selbstbedienungsladen“ anzusehen. Es sei nicht einmal das erste Mal, dass dies geschehe.
Der Bundeszuschuss sei „kein freiwilliges Taschengeld, das in schlechten Zeiten einfach gekürzt werden kann“, so die Verbandschefin. Der Bund finanziere damit wichtige Pfeiler des Rentensystems, die er selbst beschlossen habe. Dazu zählten etwa Mütter-, Witwen- oder Grundrenten. Durch die nunmehrige Kürzung würden der Rentenkasse langfristig mindestens fünf Milliarden Euro fehlen.
Die Summe der Bundeszuschüsse zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Knappschaftsrente hatte sich 1992 auf 29,8 Milliarden Euro belaufen. Bis zum Jahr 2022 war sie auf 86,2 Milliarden Euro angewachsen.
Alternative zu höherem Eintrittsalter?
Bentele prognostiziert, dass am Ende „die Beschäftigten mit höheren Beiträgen und die Rentner mit kleinen Rentenerhöhungen für die Unterfinanzierung aufkommen“ müssten. Es sei sicher, dass „bald wieder der erste Experte die Erhöhung des Renteneintrittsalters als Lösung des Problems vorschlägt“.
Die VdK-Präsidentin spielt damit beispielsweise auf jüngste Äußerungen von Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger an. Dieser hatte vor einem „Zusammenbruch des Rentensystems“ gewarnt und eine Anpassung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung gefordert. Andere Stimmen fordern zumindest drastische Einschränkungen beim Zugang zur „Rente mit 63“.
Bentele drängte in ihrem Beitrag auf einen schnellen Abschluss eines „Rentenpakets II“. Dieses solle ein Rentenniveau von 53 Prozent des Durchschnittsverdiensts und eine solide Finanzierung umfassen.
Der sogenannte Eckrentner – also der Standardrentner mit 45 Beitragsjahren – kann derzeit mit einer Rente von durchschnittlich etwa 68 Prozent seines durchschnittlichen Nettoeinkommens rechnen. Auch hier ist die Tendenz sinkend.
VdK-Präsidentin Bentele: „Bürgerversicherung light“ soll die gesetzliche Rente stabilisieren
Die Regierung Schröder hatte einst das Rentenniveau gesenkt, um einen dramatischen Anstieg der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abzuwenden. Das Alterseinkünftegesetz sollte im Gegenzug die private und betriebliche Altersvorsorge im sogenannten Drei-Schichten-Modell fördern.
Die Entwicklung, die zur Krise des Umlageverfahrens in der gesetzlichen Rentenversicherung geführt hat, geht bereits auf den Einbruch der Geburtenrate Ende der 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre zurück.
Es zeichnete sich ab, dass perspektivisch auf einen Altersrentenempfänger immer weniger aktive Beitragszahler kämen. Einwanderung mildere die Entwicklung ab, könne sie aber nicht aufhalten. Die damaligen Bundesregierungen sahen jedoch keinen akuten Handlungsbedarf.
Bentele will nun eine Art „Bürgerversicherung light“ für die gesetzliche Rente einführen. An diesem Konzept sollen sich demnach „auch Selbstständige, Abgeordnete und Beamtinnen und Beamte gern beteiligen dürfen, nicht nur über ihre Steuern“.
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