Selektiv geschnitten: Manipulationen in ZDF-Beitrag über „Querdenken“-nahen Arzt?
Ein anonym betriebener, medienkritischer YouTube-Kanal aus dem Umfeld der „Querdenken“-Bewegung hat dem ZDF und dessen Sendung „heute journal“ Manipulation und sinnentstellende Verkürzungen der Aussagen eines baden-württembergischen Arztes vorgeworfen, den das Magazin im Zusammenhang mit den Corona-Protesten interviewt hatte. Zu diesem Zweck hat der Betreiber des Kanals eine Sequenz der ZDF-Sendung der vollständigen Aufzeichnung des gesamten Interviews gegenübergestellt, das dieser im Vorfeld mit dem Arzt geführt hatte.
ZDF: „Scharnier zwischen Wissenschaftsskepsis, Verschwörungsdenken und Systemverachtung“
Bei dem Arzt handelt es sich um den Allgemeinmediziner Heinz Huber aus Horb am Neckar, der dort seine Praxis in Verbindung mit der „Emil-Schlegel-Klinik“ betreibt. Bei dieser handelt es sich um eine Einrichtung, die alternativmedizinischen Ergänzungsverfahren zur Schulmedizin, vor allem der Homöopathie, einen hohen Stellenwert einräumt.
Wissenschaftlich ist deren Wirksamkeit nicht objektiv nachgewiesen. Die Nachfrage nach ihren Heilmethoden ist jedoch stark ausgeprägt, weil eine Vielzahl an Bürgern darin eine schonende Alternative zu chemischen Präparaten erblickt und positive Erfahrungen in der Behandlung von Krankheiten auf die Verwendung homöopathischer Stoffe zurückführt.
Huber wurde für einen Betrag des Heute-Journals interviewt, der Bezug nahm auf die „Querdenken“-Demonstration in Konstanz vom 4. Oktober, die sich gegen die Corona-Politik der Regierung richteten. Auch der Arzt gilt als Unterstützer der Proteste.
ZDF-Moderatorin Marietta Slomka beginnt den Beitrag mit den Worten: Dass sich selbst „Corona-Skeptiker wie Boris Johnson und Donald Trump“ mit dem Virus infizierten und im Krankenhaus behandeln lassen mussten, habe „auf hartgesottene Corona-Leugner keinen Einfluss“.
Wer sich „in seiner eigenen Wahrnehmungswelt bewegt“, wolle „auch nichts hören über Massenbegräbnisse in Italien oder die unberechenbaren Langzeitfolgen“, die diese Krankheit nach sich ziehen würde.
Homöopathie-Arzt ein „esoterischer Wissenschaftsskeptiker“?
„Interessant“ sei laut Slomka, welche unterschiedlichen Gruppen sich bei Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen zusammenfänden: „Die „Trennlinie zwischen Esoterik, Wissenschaftsskepsis und grundsätzlicher Systemverachtung kann da durchaus dünn sein“.
In diesem Zusammenhang erwähnt sie den “Sturm aufs Parlament“ in Berlin, der von einer „esoterischen Heilpraktikerin, die zugleich den Reichsbürgern nahesteht“ initiiert wurde.
Danach wird eine Szene eingeblendet, in der der Hals-Nasen-Ohren-Arzt und Querdenken-Vertreter, Bodo Schiffmann, das Tragen von Masken mit Praktiken im Nationalsozialismus vergleicht.
Beitragsredakteurin Eva Schillermann schildert in weiterer Folge, dass sich unter dem Banner von „Querdenken“ eine Einheit zwischen „Linken, Rechten bis Rechtsextremen, Friedensbewegten und Impfskeptikern“ gebildet habe. Im Netz sei in den vergangenen Monaten eine „Corona-Parallelwelt“ gewachsen.
Zitat aus dem Zusammenhang gerissen
Aus dem langen Interview mit Dr. Huber wurde ein kurzer Ausschnitt entnommen, in der dieser auf Nachfrage der ZDF-Journalistin antwortet, er sei dafür im Zusammenhang mit der Behandlung von Corona „alternative Erfahrungen“ zuzulassen – und dass auch Homöopathie dabei hilfreich sein könne. Danach wurden Patienten-Interviews eingeblendet.
Ein Patient in der Praxis von Dr. Huber, er sei besorgt, dass ein nicht ausreichend getesteter Corona-Impfstoff auf den Markt kommt. Ein junges Mädchen erklärte, sie fürchte generell die Risiken beim Impfen und möchte ihr Immunsystem stärken, um sich gegen Viren zu wappnen.
Der Kommentar der ZDF-Moderation auf diese Sequenz: „Eine Meinung, die wissenschaftlich nicht belegt ist, und so besteht die Gefahr, dass Esoterik ins Extreme abgleitet“. Die wissenschaftliche Quelle für diese Behauptung des ZDFs wird an dieser Stelle nicht genannt.
Er warnt davor, in der Corona-Debatte weiterhin mit Angstszenarien zu operieren. Diese seien sachlich nicht gerechtfertigt und könnten zu Überreaktionen der Politik führen, die mehr Schaden brächten als Nutzen. Vor allem mahnt Dr. Huber, Augenmaß zu wahren, um die potenziellen Kollateralschäden zu minimieren, die jede Einschränkung oder Zwangsmaßnahme zur Folge habe.
Huber: „Querdenken“ hat keine rechtsextreme Agenda
Dr. Huber spricht sich nicht grundsätzlich gegen Impfungen aus. Im Interview sagte er, dass es Bereiche gebe, in denen auch die alternative Medizin der Schulmedizin das Ruder überlassen müsse. Allerdings mahnt er an, dass die Freiheit gewahrt bleiben müsse, eine Behandlung individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse von Patienten abzustimmen. Maßnahmen wie ein Impfzwang wären damit unvereinbar – insbesondere, wenn dieser sich auf gesunde Personen erstrecke.
Dass ein Impfzwang durchaus im Bereich der Möglichkeiten liege, zeige sich am Umstand, dass es bereits jetzt in Deutschland eine Masern-Impfpflicht gibt.
Auf die Nachfrage nach einer Abgrenzung zu Rechtsextremen, die sich an Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen beteiligten, machte Huber deutlich, dass es von verschiedensten Seiten Akteure gebe, die versuchten, ihre persönlichen Agenden in die Proteste zu tragen.
„Ich finde es gut, wenn man friedlich demonstriert“, erklärt Dr. Huber. „Wie man sich abgrenzen kann, das weiß ich nicht.“ Die Rechtsextremen sollen „für sich demonstrieren“, so der Allgemeinarzt. Seine Teilnahme an Kundgebungen wie jener am Bodensee werde er allerdings nicht von diesen abhängig machen, weil „mir meine Enkel einfach wichtiger sind“.
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