Schuldenregel-Änderung: Union und SPD drängen auf Grundgesetzänderung im alten Bundestag

Bis zum 25. März haben Union und SPD noch Zeit, um ihre Vereinbarungen vom Dienstag, 4.3., zur Änderung der Schuldenregel noch vom alten Bundestag beschließen zu lassen. Dies entspricht der verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Frist von 30 Tagen zwischen der Bundestagswahl und der Konstituierung des neuen Bundestags.
Auf dem Tisch liegen folgende Punkte:
- eine permanente Ausnahme von der Schuldenregel für alle Rüstungsausgaben oberhalb von einem Prozent des BIP
- ein 500-Milliarden-Infrastruktur-Sondervermögen
- eine Neuverschuldungsermächtigung zugunsten der Länder
Für die Umsetzung dieser Vorhaben ist eine Grundgesetzänderung erforderlich.
FDP hatte für Integrität der Schuldenregel die Koalition riskiert
Union und SPD verfügen weder im alten noch im neuen Bundestag zusammen über die dafür erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit. Dass es für die Änderungen an der Schuldenregel eine nennenswerte Anzahl an Stimmen aus AfD, Linkspartei oder BSW gibt, ist kaum zu erwarten. Vor allem würde die Linke nicht einer Generalermächtigung zur Aufrüstung zustimmen.
Auch auf die FDP können die wahrscheinlichen künftigen Koalitionsparteien eher nicht zählen. Die Liberalen hatten durch ihr Beharren auf der Schuldenbremse ihre Ampel-Partner vor den Kopf gestoßen – und damit zum vorzeitigen Ende der Koalition beigetragen. Union und SPD müssten also vor allem auf die Grünen bauen, um in den letzten Tagen des alten Bundestags noch die Grundgesetzänderung zu erreichen.
Im alten Bundestag sind 489 Stimmen erforderlich, um eine Zwei-Drittel-Mehrheit für das Vorhaben zu erreichen. Union, SPD und Grüne hätten dort gemeinsam 520 Sitze – es würde also mit ziemlicher Sicherheit für einen entsprechenden Beschluss reichen.
Merz will „Beratungen rasch abschließen“ – und Anträge nächste Woche einbringen
Im neu gewählten 21. Bundestag werden für die Verfassungsänderungsmehrheit 421 Stimmen benötigt. Union, SPD und Grüne kommen dort zusammen jedoch nur auf 413 Sitze. Eine mit den USA vergleichbare Maßnahme wie den Filibuster, um Abstimmungen so lange zu verzögern, dass eine dafür erforderliche Frist verstreicht, gibt es in Deutschland nicht.
Bis der neue Bundestag zusammentritt, ist der bestehende verfassungsrechtlich legitimiert, Entscheidungen zu treffen. Dies schließt auch Grundgesetzänderungen mit ein. Auch deshalb wollen die Fraktionen von SPD und Union bereits kommende Woche entsprechende Anträge einbringen. CDU-Chef Friedrich Merz erklärte, sein Ziel sei es, „die Beratungen zeitnah abzuschließen“.
Aus den Reihen der Grünen heißt es, man habe sich noch nicht endgültig festgelegt, ob man dem Paket zur Änderung der Schuldenregel zustimmen werde. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann erklärte in Biberach auf dem Politischen Aschermittwoch, das Verhandlungsergebnis erscheine ihm „im Großen und Ganzen vernünftig“.
Dürr gegen Ausnahme von Schuldenregel – „Sondervermögen“ heißt Schulden
Die Co-Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Grünen, Katharina Dröge, erklärte, „eine Reihe von Fragen“ zu haben. Sie gab zu erkennen, dass sie eine grundsätzlichere Reform der Schuldenregel bevorzugen würde. Außerdem fehle es ihr noch an Maßnahmen zum Klimaschutz.
Vonseiten der FDP winken Vizechef Wolfgang Kubicki und Fraktionschef Christian Dürr ab. Kubicki wirft auf X folgende Frage auf:
Wie will Friedrich Merz mit Donald Trump erfolgreich verhandeln, wenn er sich schon von Saskia Esken über den Tisch ziehen lässt?“
Kubicki sieht keinen Handlungsbedarf. Über Investitionen könne auch der neue Bundestag verhandeln – in dem die FDP nicht mehr vertreten ist. Fraktionschef Christian Dürr wies darauf hin, dass auch sogenannte Sondervermögen am Ende des Tages nur Schulden seien, „vielleicht mit einem, sagen wir mal, medialen Schleifchen drumherum“. Merz sei „mittlerweile wie ein Bettvorleger gelandet“. Vom „alten Merz, der die Wirtschaft voranbringen wollte“, sei nichts mehr zu bemerken.
Wie weit dürfen Abgeordnete in letzter Minute ihre Nachfolger binden?
In den Reihen der AfD und der Linken werden Überlegungen laut, die Angelegenheit vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen. Beide äußern Bedenken, ob ein Bundestag auf seinen letzten Metern so stark in den haushaltspolitischen Spielraum des bereits gewählten neuen eingreifen dürfe.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Bernd Baumann, erklärte gegenüber „Reuters“, er sehe „keine Eile“ bezüglich der Debatte über Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung:
Sie verbietet sich, zumal bei Projekten von solch gigantischer Dimension.“
Deshalb führe man gerade eine rechtliche Vorprüfung durch und behalte sich rechtliche Schritte vor.
Auch die Linke, die im neuen Bundestag wieder in Fraktionsstärke vertreten sein wird, bezweifelt die Dringlichkeit des Vorgehens. Die Fraktionsvorsitzenden Ines Schwerdtner und Sören Pellmann werfen Union und SPD vor, diese nur vorzuschieben:
Es geht ihnen nur darum, die neu gewählten Verhältnisse im Bundestag zu umgehen. Das missachtet den Willen der Wählerinnen und Wähler.“
Linke zwar für Infrastruktur-Investitionen – aber gegen Rüstungs-Blankoscheck
Auch die Linke will prüfen, ob „eine solche Abstimmung über mehrere Hundert Milliarden im gerade abgewählten alten Bundestag überhaupt verfassungskonform ist“. Die Partei habe sich stets für eine Aufhebung der Schuldenbremse starkgemacht, wenn es um Investitionen gehe.
Allerdings lehnt die Linkspartei einen „Blankoscheck für die Aufrüstung“ ab. Dies sei ein „beispielloser und äußerst bedenklicher Vorgang“, erklärt ihre Fraktionsspitze – zumal die Union stets behauptet habe, es wäre kein Geld vorhanden. Die Linke gehe nicht von einer Zustimmung der Grünen zu dem Paket aus. Was ihnen diesbezüglich die Sicherheit gebe, erläutern Schwerdtner und Pellmann nicht.
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