Scholz sieht drei Gründe für das Erstarken der AfD
Bundeskanzler Olaf Scholz antwortete bei einem Bürgerdialog in Berlin erstmals auf Fragen zu den Wahlergebnissen in Thüringen und Sachsen. Das Abschneiden der AfD mit mehr als 30 Prozent „bedrückt mich sehr“, sagte er.
Das massive Erstarken der AfD führte er auf drei Themen zurück: Wachsende Unsicherheit in Zeiten des Umbruchs, irreguläre Migration, Ukraine-Krieg.
Die massiven wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen verunsicherten viele Bürger, sagte der Kanzler. Als Beispiel nannte er den Umbau der Wirtschaft, um den Ausstoß klimaschädlicher Gase zu verringern.
Bei der Modernisierung müsse man „durch die Tat beweisen, dass wir das hinkriegen“. Auch beim Thema irreguläre Migration müsse die Bundesregierung nun zeigen, dass sie es im Griff habe. „Das ist das, worum ich mich bemühe.“
Was den Ukraine-Krieg angeht, ist Scholz nicht bereit, seinen Kurs zu ändern. Er wolle die Ukraine weiter mit Waffenlieferungen unterstützen, aber dabei wie bisher besonnen agieren.
„Das ist ein Thema, darüber muss man reden. Aber ich finde auch, das ist eine Frage, bei der es dann auch darum geht, dass man wahrhaftig bleibt. Und da kann ich sagen: Ich bleibe bei meinem besonnenen Kurs, aber eben einem Kurs der Unterstützung.“
SPD-Ergebnisse: „Da wäre mehr drin gewesen“
Beim Bürgerdialog sagte Scholz zu den SPD-Ergebnissen, er hätte den Wahlkämpfern in Sachsen und Thüringen bessere Ergebnisse gegönnt. „Da wäre mehr drin gewesen, weil die es wirklich gut gemacht haben. Aber man muss das zur Kenntnis nehmen.“
Die SPD war am Sonntag in Sachsen und Thüringen mit 7,3 und 6,1 Prozent auf ihre jeweils schlechtesten Wahlergebnisse seit 1990 gekommen. Das Ergebnis in Thüringen ist sogar das schlechteste bei einer Landtagswahl überhaupt.
Am Montag hatte Scholz sich zunächst nur schriftlich dazu geäußert und die SPD-Ergebnisse als „bitter“ bezeichnet. Gleichzeitig zeigte er sich erleichtert, dass die „düsteren Prognosen“, nach denen die SPD unter die Fünf-Prozent-Hürde hätte fallen können, nicht eingetreten sind.
Ampel, heillos zerstritten?
Warum gibt die Ampel ein so heillos zerstrittenes Bild ab? Darauf hatte Bundeskanzler Olaf Scholz keine Antwort. Er antwortet mit einer Gegenfrage, ob der Frager denn ein Rezept dafür hätte.
Ein 48-jähriger Erzieher aus Berlin-Pankow wollte wissen, wie sich Scholz die ständigen Differenzen in der Ampel-Koalition gepaart mit Indiskretionen erkläre. „Das ist wie so ein kleiner Haufen von Kindern: Der eine sagt das eine, der andere sagt das andere, und es wird alles nach außen kommuniziert“, so der Fragesteller.
Von Scholz kam kein Widerspruch. „Die Wahrheit ist: Sie haben recht“, sagte er. Zum Thema Indiskretionen fügte er dann noch hinzu, dass er im Kanzleramt ja eigentlich „drei ummantelte Räume“ habe, die abhörsicher seien. Auf eine Nachfrage wiederholte er nur noch kurz: „Sie haben recht.“
Differenzen mit Lindner? „Bisher selten“
Einer Bemerkung des Fragestellers widersprach Scholz aber. Dass er mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) ständig gegensätzlicher Meinung sei, ließ er nicht gelten. „Das ist bisher selten vorgekommen“, betonte er.
Die Äußerungen des Kanzlers passen in das Bild der letzten Wochen. Während die Koalitionäre früher nach größeren Streitereien wie um das Heizungsgesetz stets Besserung gelobt haben, scheinen sie das inzwischen aufgegeben zu haben. (dts/red)
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