Scholz entfacht Debatte über Mindestlohn mit Forderung nach zwölf Euro

Die Debatte über einen gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde ist neu entfacht. Das Kabinett beschloss unterdessen eine Anhebung in zwei Stufen auf 9,35 Euro ab Januar 2020.
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Finanzminister Olaf Scholz (SPD).Foto: Kay Nietfeld/dpa
Epoch Times31. Oktober 2018

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat die Debatte über einen gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde neu entfacht. Er zeigte sich am Mittwoch offen für eine solche Lohnuntergrenze, bekam aber Gegenwind von der Union und aus der Wirtschaft. Das Kabinett beschloss am Vormittag die Anhebung des Mindestlohns in zwei Stufen auf 9,35 Euro ab 2020.

Der gesetzliche Mindestlohn liegt derzeit bei 8,84 Euro. Nach dem Beschluss der Regierung soll er auf 9,19 Euro zum Januar 2019 und auf 9,35 Euro zum Januar 2020 angehoben werden. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sprach von einem „notwendigen“ Schritt und erklärte zugleich, die Zielmarke von zwölf Euro pro Stunde gehe „in die richtige Richtung“. Unabhängig davon handle es sich beim Mindestlohn aber um die „absolute Lohnuntergrenze“, deshalb müsse die Tarifbindung gestärkt werden.

Die Regierung folgt mit dem Beschluss den Empfehlungen der Mindestlohnkommission. Das mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetzte Gremium hat den Auftrag, alle zwei Jahre neue Empfehlungen für die Höhe der Lohnuntergrenze herauszugeben. Im Jahr 2020 kommt der Mindestlohn erneut auf den Prüfstand.

Vizekanzler Scholz schrieb in der „Bild“-Zeitung, er hielte einen Mindeststundenlohn von zwölf Euro für „angemessen“. „Am Lohn sollten Unternehmen nicht sparen.“ Scholz hatte sich bereits vor rund einem Jahr ähnlich geäußert, damals war der SPD-Vize noch Hamburgs Bürgermeister.

Anfang September hatte sich auch SPD-Chefin Andrea Nahles dafür ausgesprochen, den Mindestlohn auf bis zu zwölf Euro pro Stunde anzuheben. Auch Juso-Chef Kevin Kühnert plädierte im Mai für eine solche Erhöhung. Die Linke hält den Mindestlohn seit Jahren für zu niedrig und fordert ebenfalls mindestens zwölf Euro pro Stunde. Sie erneuerte am Mittwoch diese Forderung. Auch die Grünen erklärten, mit der geplanten Erhöhung sei der Mindestlohn noch immer zu niedrig und schütze nicht vor Armut.

Unterstützung erhielt Scholz auch von der Gewerkschaft Verdi: „Wir setzen uns in der laufenden Debatte für eine überproportionale Erhöhung des Mindestlohns bis 2020 ein“, sagte ihr Chef Frank Bsirske der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Zwölf Euro können dafür durchaus ein Orientierungspunkt sein.“ Auch der Sozialverband Deutschland und der Sozialverband VdK zeigten sich erfreut über Scholz‘ Forderung.

Ablehnung kam von der Union. Forderungen nach zwölf Euro seien „in der Vergangenheit mit guten Gründen abgelehnt worden“, erklärte der CSU-Arbeitsmarktexperte Stephan Stracke. Die Lohnfindung sei Sache der Tarifpartner und dabei bleibe es auch. Der Wirtschaftsrat der CDU bezeichnete die Vorschläge als „realitätsfern“. Ein solcher Mindestlohn wäre „nicht nur für die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe nachteilig, sondern würde auch die Hürde für die Integration von Arbeitslosen und Flüchtlingen in reguläre Beschäftigung deutlich erhöhen“.

Die FDP warf Scholz vor, dieser spiele sich als „Befehlsgeber der Mindestlohnkommission“ auf. Nicht ohne Grund sei eine „politisch unabhängige Kommission“ für Vorschläge zum Mindestlohn zuständig. Regierungssprecher Steffen Seibert verwies ebenfalls auf die Arbeit der Kommission. Deren Evaluierung könne „nicht vorgegriffen werden“.

Der Arbeitgeberverband (BDA) warnte vor „politischer Lohnwillkür“. Um diese zu vermeiden, gebe es die Mindestlohnkommission und es sei „irritierend“, dass Scholz diese Spielregeln in Frage stelle. „Löhne dürfen nicht in willkürlicher Höhe von Politikern festgesetzt, sondern müssen von Unternehmen erwirtschaftet werden“, erklärte der BDA. (afp)



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