Scholz bleibt bei Taurus-Nein: Deutschland nicht in den Krieg verwickeln – Kritik von Liberalen und Grünen

Der Kanzler hat seine Verweigerung von Taurus-Raketen erklärt: Er fürchtet, dass Deutschland in den Ukraine-Krieg hineingezogen werden könnte. Seine Kritiker halten das für vorgeschoben.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht während der 60. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC).
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach während der 60. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC).Foto: Felix Hörhager/dpa
Epoch Times27. Februar 2024

Eine Begründung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für sein Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine lässt die Debatte darum erneut hochkochen. Koalitionspolitiker von FDP und Grünen kritisierten seine Weigerung. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich stellte sich hinter Scholz.

Deutschland nicht in den Krieg ziehen

Scholz hatte seine Weigerung mit dem Risiko einer Verwicklung Deutschlands in den Krieg begründet. „Deutsche Soldaten dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein. Auch nicht in Deutschland“, sagte er am Montag bei einer Chefredaktionskonferenz der dpa.

Aus seiner Sicht wäre der Einsatz von Taurus aber nur unter Beteiligung von deutschem Personal möglich. „Ich wundere mich, dass es einige gar nicht bewegt, dass sie nicht einmal darüber nachdenken, ob es gewissermaßen zu einer Kriegsbeteiligung kommen kann durch das, was wir tun“, sagte er.

Scholz hatte bereits im Oktober entschieden, die von der Ukraine erbetenen Taurus-Raketen vorerst nicht zu schicken, es aber öffentlich nie im Detail begründet.

Franzosen und Briten programmieren ihre an die Ukraine gelieferten Marschflugkörper Scalp und Storm Shadow selbst. Es gibt Spekulationen, dass zumindest Großbritannien dafür Personal in der Ukraine stationiert hat; offiziell bestätigt wurde das nie.

„Was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden“, erklärte Scholz nun. „Das, was andere Länder machen, die andere Traditionen und andere Verfassungsinstitutionen haben, ist etwas, was wir jedenfalls in gleicher Weise nicht tun können.“

Was Scholz‘ Kritiker sagen

Die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt kritisierte Scholz. „Niemand, der Taurus für die Ukraine fordert, will, dass Deutschland zur Kriegspartei wird“, sagte sie dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND). Aber: „Für den Frieden in Europa und darüber hinaus ist es essenziell, dass die Ukraine diesen Verteidigungskampf gewinnt.“

Die größte Gefahr für die Ukraine und für Deutschlands Sicherheit bleibe es, dass Russlands Präsident Wladimir Putin die Oberhand behalte und dann seinen imperialistischen Feldzug fortsetze.

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sagte dem Fernsehsender „Welt“, Scholz liege falsch mit der Behauptung, es müssten Bundeswehrsoldaten in die Ukraine geschickt werden, um diese Waffe vorzubereiten. „In diesem Fall kann die Programmierung in Deutschland stattfinden, beziehungsweise die ukrainischen Soldaten müssen das hier gelehrt bekommen.“

Strack-Zimmermann trat auch Befürchtungen entgegen, dass die Taurus-Flugkörper von Ukrainern umprogrammiert werden könnten, um damit Ziele in Russland anzugreifen, die Deutschland nicht billigen würde. Es gebe in der Ukraine bereits eine Menge programmierter Waffen aus deutscher Produktion: „Wenn das also das Argument ist, müssten wir sofort alle automatischen Waffen, die auf Angriffe reagieren, abziehen. Ich halte das für vorgeschoben.“

Sie zeigte sich auch irritiert über den Zeitpunkt von Scholz‘ Erklärung zu seinem Nein. Gerade sei Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei einem Ukraine-Besuch von einer russischen Drohne verfolgt und bedroht worden. Es sei daher „hochproblematisch, … dass just zwei Tage später der Kanzler der Bundesrepublik dann ausschließt, dieses System zu nutzen – das ist schon bemerkenswert“, sagte sie.

Was Scholz‘ Unterstützer sagen

SPD-Fraktionschef Mützenich forderte Scholz‘ Kritiker bei FDP und Grünen auf, den Koalitionsstreit zu beenden. „Einige in der Koalition denken das Ende nicht mit. Wir leben in schwierigen Zeiten, vieles wankt. Dass jetzt manche meinen, auf persönliche Geländegewinne aus sein zu müssen, bringt niemandem etwas. Alle müssen sich jetzt zusammenreißen“, sagte Mützenich dem Magazin „Stern“.

Er selbst wolle dem Kanzler Raum schaffen, um Entscheidungen abzuwägen und herbeizuführen. „Einige in der Koalition versuchen, diesen Raum einzuengen. Dafür ist leider auch der Umgang mit dem Ukraine-Krieg benutzt worden. Dass der Bundeskanzler diesem permanenten Druck nicht nachgibt, ist wichtig“, meinte Mützenich.

Auch der Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner vom linken SPD-Flügel verteidigte Scholz‘ Nein. „Diese Ansicht herrscht laut Umfragen auch bei der Mehrheit der Bevölkerung vor“, sagte er dem RND. (dpa/red)



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