Schadensersatz wegen Pkw-Maut? Wissing holt Gutachter

Die Rechnung für die gescheiterte Pkw-Maut liegt auf dem Tisch: 243 Millionen Euro sind allein an die Ex-Betreiber zu zahlen. Bleibt der Bund auf dem Schaden sitzen? Das sollen nun Gutachter prüfen.
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Der Bund muss als Folge der geplatzten Pkw-Maut 243 Millionen Euro Schadenersatz an die einst vorgesehenen Betreiber zahlen. Deshalb schaltet Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) einen Gutachter ein.Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Epoch Times31. Juli 2023

Bundesverkehrsminister Volker Wissing will mögliche Schadenersatzforderungen gegen seinen Vorgänger Andreas Scheuer (CSU) wegen der geplatzten Pkw-Maut gründlich klären lassen.

„Wir können die Akte bei 243 Millionen Euro nicht einfach beiseitelegen“, sagte der FDP-Politiker der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa) mit Blick auf fällige Zahlungen des Bundes an die einst vorgesehenen Mautbetreiber. Daher sollte man sich eine Forderung an Scheuer sorgfältig anschauen. „Wir lassen ein externes Gutachten erstellen, um Rechtsfragen zu klären. Das ist letztlich keine politische Frage, sondern es ist eine rechtliche Frage. Dazu muss das Maß der Fahrlässigkeit untersucht werden.“ Es werde etwas dauern, bis das Gutachten fertig sei.

„Ich habe als Minister auch die Vermögensinteressen der Bundesrepublik Deutschland zu wahren“, sagte Wissing. „Und wenn es die Möglichkeit geben sollte, jemanden in Regress zu nehmen, dann wäre es meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese Regressforderungen durchgesetzt werden und nicht einfach die Akten in den Keller gelegt werden. Deswegen gibt es nun dieses Gutachten und diese Prüfung.“

Es geht um viel Geld

Der Bund muss als Folge der geplatzten Pkw-Maut 243 Millionen Euro Schadenersatz an die einst vorgesehenen Betreiber zahlen. Das hatte eine Verständigung nach einem Schiedsverfahren ergeben. Die Pkw-Maut – ein Prestigeprojekt der CSU in der damaligen Bundesregierung – war 2019 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) als rechtswidrig gestoppt worden. Die Betreiberseite forderte zunächst 560 Millionen Euro Schadenersatz, nachdem der Bund die Verträge kurz nach dem Urteil gekündigt hatte. Das Ministerium hatte bereits grundsätzlich angekündigt, mögliche Regressforderungen gegen Scheuer zu prüfen.

„Das Gutachten wird es uns ermöglichen, mit gutem Gewissen zu sagen, aus welchem Grund in diesem konkreten Fall ein Regress möglich oder nicht möglich ist“, sagte Wissing. „Dass ein Schaden entstanden ist, steht außer Frage. Den kann man ja präzise beziffern. Für eine rechtliche Verantwortung und damit einen Regress müssen aber noch weitere Voraussetzungen vorliegen. Diese soll das Gutachten herausarbeiten und dann prüfen, ob sie im konkreten Fall vorliegen.“

Regressforderung gilt als schwierig

Wissing sagte, natürlich brauche man für eine Regressforderung eine Rechtsgrundlage. „Das muss man sich anschauen. Aber ich möchte mich nicht dem Vorwurf aussetzen, das nicht mit aller Sorgfalt getan zu haben. Und deswegen lassen wir das jetzt durch ein externes Gutachten klären. Dann wissen wir alle Details und können dann auch der Öffentlichkeit erklären, warum wir so oder so entscheiden und können uns dann auch auf eine externe Bewertung beziehen. Das ist eine Frage der Sorgfalt.“

Eine Regressforderung gegen Scheuer gilt juristisch als schwierig. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags schrieb 2019 in einer Analyse, Artikel 34 des Grundgesetzes sehe die Möglichkeit des Staates vor, in Fällen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit Regress beim „handelnden Amtswalter“ zu nehmen. Diese Möglichkeit bedürfe eines entsprechenden Gesetzes oder einer vertraglichen Grundlage. Im Verhältnis zu Bundesbeamten habe der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen. Das für Bundesminister einschlägige Bundesministergesetz sehe eine solche Rückgriffsmöglichkeit jedoch nicht vor.

Maut beschäftigte U-Ausschuss

Scheuer war Minister, als die Maut 2019 platzte. Zentraler Knackpunkt war, dass dem Modell zufolge nur inländische Fahrer für Mautzahlungen voll bei der Kfz-Steuer entlastet werden sollten. In der Kritik stand dann auch, dass Scheuer die Betreiberverträge bereits Ende 2018 abgeschlossen hatte, noch bevor endgültige Rechtssicherheit beim Europäischen Gerichtshof bestand.

Mit dem Scheitern der Maut und den finanziellen Folgen befasste sich in der vergangenen Wahlperiode auch ein Untersuchungsausschuss des Bundestags. Die damalige Opposition warf Scheuer Verstöße gegen Haushalts- und Vergaberecht vor und warnte vor Millionenkosten. Scheuer wies alle Vorwürfe zurück.

Wissing erteilte einem möglichen neuen Anlauf zu einer Pkw-Maut eine klare Absage: „Wir führen jetzt im europäischen Kontext eine höhere Lkw-Maut ein und wollen auch eine CO₂-bezogene Lkw-Maut haben. Ich halte nichts von nationalen Alleingängen bei diesen Mautfragen. Wohin das führen kann, haben wir in Deutschland ja unter meinem Vorgänger erlebt. Im Augenblick beschäftige ich mich vielmehr mit der Frage, wie kann der Individualverkehr für jede und jeden auch künftig bezahlbar, attraktiv und möglichst klimaneutral gestaltet werden.“ (dpa/mf)



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