Regierungskritischer türkischer Journalist in Berlin angegriffen
Nach einem tätlichen Angriff auf den in Berlin im Exil lebenden türkischen Journalisten Erk Acarer ermittelt der Staatsschutz der Polizei. Acarer sei am Mittwochabend im Hinterhof seines Wohnhauses im Bezirk Neukölln von drei Männern attackiert und verletzt worden, erklärte die Polizei in der Hauptstadt am Donnerstag.
Das Opfer selbst verdächtigte türkische „Sicherheitskräfte“. Politiker und Journalisten in Deutschland reagierten empört und besorgt.
Laut Polizei war der 48-jährige nach Aussagen von Augenzeugen im Hof eines Mehrfamilienhauses von drei Männern attackiert worden, wobei zwei Täter ihn schlugen und traten. Der dritte Mann soll währenddessen die Umgebung beobachtet haben. Nachbarn wurden auf das Geschehen aufmerksam und machten sich bemerkbar. Daraufhin flüchteten die Verdächtigen vom Ort des Geschehens.
Das Opfer sei anschließend wegen Kopfverletzungen ambulant im Krankenhaus behandelt worden, teilte die Polizei mit, wobei sie Acarers Namen selbst nicht nannte. Der 48-Jährige vermute das Motiv für die Attacke in seiner Tätigkeit als Journalist, hieß es seitens der Behörde weiter. Die Ermittlungen liefen und würden von Staatsschützern des Landeskriminalamts geführt.
Angreifer hätten ihn mit Fäusten und Messern traktiert
Zuvor hatte der für seine regierungskritische Berichterstattung bekannte Journalist die Nachricht von der Attacke selbst über den Kurzbotschaftendienst Twitter verbreitet. Dort schrieb er, die Angreifer hätten ihn in seinem Wohnhaus mit Fäusten und Messern traktiert. In einem ebenfalls auf Twitter veröffentlichten Video teilte er zudem mit, die Täter hätten Schusswaffen gehabt. „Sie konnte die Schusswaffen wegen der zunehmenden Zahl von Zeugen nicht nutzen“, fügte Acarer an.
Er wisse „natürlich“, wer die Angreifer gewesen seien, sagte der für eine linke Tageszeitung arbeitende Journalist in dem Video auf Türkisch. „Die Sicherheitskräfte“ hätten ihn davor gewarnt, „Namen zu veröffentlichen“. Während der Attacke habe einer der Täter ihm zugerufen: „Du wirst nicht schreiben.“
Acarer lebt seit 2017 in Deutschland, in der Türkei wird er aufgrund seiner Artikel und Veröffentlichungen in sozialen Medien mit mehreren Haftbefehlen gesucht. In einem Fall aus dem Jahr 2020 wird ihm „Beleidigung des Präsidenten“ vorgeworfen.
In seinem Video bezeichnete Acarer die Partei des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan, die AKP, und deren rechten Bündnispartner MHP außerdem als „islamistisch-faschistisch“. Die Attacke sei der Beweis, dass alles, was „wir“ über diese geschrieben oder gesprochen hätten, der Wahrheit entspreche.
Journalisten und Politiker in Deutschland reagierten bestürzt
Journalisten und Politiker in Deutschland reagierten bestürzt. Der ebenfalls im deutschen Exil lebende türkische Journalist Can Dündar stufte den Angriff als „direkte Botschaft“ Erdogans ein. Dieser wolle damit deutlich machen, dass die Türkei „einen regimekritischen Journalisten sogar in Berlin angreifen“ könne.
Der Grünen-Politiker Cem Özemir stufte den Angriff als Racheakt wegen der Berichte Acarers über Verbindungen der türkischen Regierung zum organisierten Verbrechen ein. „Die Botschaft gilt allen Demokraten in Deutschland nach dem Motto: Ihr seid auch in Deutschland nicht sicher“, sagte Özdemir dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es sei „ungeheuerlich“, dass Exilanten um ihre Sicherheit fürchteten.
Die Linken-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen forderte von der Bundesregierung ein härteren Kurs gegenüber Erdogan und mehr Schutz für Verfolgte. „Das islamistisch-nationalistische Erdogan-Netzwerk ist eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Deutschland und muss unverzüglich zerschlagen werden“, erklärte sie in Berlin. „Schlägertrupps des türkischen Staats“ in Deutschland müsse „das Handwerk gelegt werden“. Entsprechende Organisationen seien zu verbieten.
Auch die FDP forderte mehr Schutz von Menschenrechtsaktivisten und Journalisten, die in Deutschland im Exil leben. Regierung und Sicherheitsbehörden bräuchten endlich eine entsprechende Strategie, erklärte die Menschenrechtsexpertin Gyde Jensen. (afp)
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