Rechtsphilosoph Reinhard Merkel über den UN-Migrationspakt: „Rassismus gegen Einheimische wird nicht einmal erwähnt“
In einem Interview mit Jörg Münchenberg vom Deutschlandfunk fordert Reinhard Merkel, emeritierter deutscher Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Hamburg, dass die deutsche Bundesregierung, wenn sie den umstrittenen UN-Migrationspakt schon unterschreibe, diesem zumindest eine Reihe von Vorbehalten hinzufügt. Die Gelegenheit dazu biete sich, wenn der Pakt, der heute und morgen in Marrakesch unterzeichnet wird, in der Generalversammlung der UNO als Resolutionsentwurf vorliegt.
Ein solches Vorgehen sei völkerrechtlich gedeckt und durchaus üblich, meint Merkel, und rechnet damit, dass Länder wie Belgien und die Niederlande von dieser Option Gebrauch machen würden.
Reinhard Merkel ist bereits im Vorfeld der heutigen Vertragsunterzeichnung als Kritiker des Vorhabens in Erscheinung getreten. Er rechnet damit, dass es lediglich ein kleiner Teil der 180 Staaten, die den Pakt unterzeichnen wollen, tatsächlich die Absicht haben wird, diesen zu erfüllen und die Umsetzung kontrollieren zu lassen.
„Ich sage Ihnen was. 100 Staaten von den 180, die den unterstützen, sind Schurkenstaaten nach unseren Kriterien, sind undemokratische Staaten“, erklärt Merkel. „Die werden sich den Teufel um diesen Pakt scheren, soweit er sie belastet. Viele andere sind Herkunftsländer, und die sagen, das kann ganz gut für uns sein, soweit es schlecht ist, ignorieren wir das. Die kleine Gruppe der wirklichen echten Rechtsstaaten, da ist ein gehöriger Teil skeptisch.“
Pakt wird substanzielle Folgen haben
Die Beruhigungspille vonseiten der Bundesregierung und der übrigen Befürworter des Paktes, wonach dieser rechtlich nicht verbindlich sei, mag Merkel nicht so recht schlucken. Die Floskel, wonach der Global Compact on Migration nicht rechtlich, sondern nur politisch bindend sei, könne nicht überzeugen. Die rechtliche Wirkung wäre sogar eine bedeutende:
„Wenn man den Inhalt gut findet, dann kann man es doch eigentlich nur bedauern, dass das rechtlich nicht verbindlich ist, und trägt das nicht als Begründungsargument vor sich her, dass man dem Pakt zustimmt. Und es ist außerdem im Blick auf die rechtlichen Wirkungen, die der Pakt haben wird, nicht richtig, einfach zu sagen oder zu suggerieren, das sei rechtlich bedeutungslos. Er hat keine unmittelbare Wirkung rechtlich, aber er wird substanzielle Folgen haben.“
Auch wenn die unmittelbare Rechtswirkung nicht eintrete, sorgten „rund 90 – in Wahrheit sind es über 100“ einzelne Vereinbarungen, in denen von einer Verpflichtung die Rede sei, dafür, dass der Pakt nicht ignoriert werden könne oder dürfe. Länder wie Somalia oder Afghanistan würden diesbezüglich einen Spielraum behaupten, das deutsche Rechtsstaatsverständnis ziehe hingegen andere nach sich.
So könne sich ein Richter etwa in einem Klageverfahren vor einem Verwaltungsgericht auf Inhalte und Zielbestimmungen des Paktes berufen. Unter anderem solche wie die Vermeidung von Abschiebungen, von Härtefällen, Inhaftierungen usw. können sich bei der Gesetzesinterpretation oder Ermessensausübung bemerkbar machen.
„Hinzu kommt etwas: Völkerrecht als Gewohnheitsrecht entsteht immer über politische Bindungen der Staaten. Das heißt: Wenn wir uns in fünf Jahren noch mal über diesen Pakt unterhalten, werden wir eine ganze Menge von Entscheidungen haben, auf internationaler wie auf nationaler Ebene, in denen er herangezogen worden ist zur Auslegung von Rechtsnormen.“
Einseitig nur der Nutzen der Einwanderung betont
Es gäbe in den Pakt durchaus wichtige neue Regelungen, die man unterstützen sollte, meint der Rechtsphilosoph. Allerdings sei es vonnöten, eine Vielzahl an substanziellen Vorbehalten anzubringen. Zahlreiche Staaten würden dies in Marrakesch auch tun. Der Entwurf enthalte zwar einige richtige Punkte, gehe jedoch von einer zum Teil sehr einseitigen Betrachtungsweise aus. Er sei in all seinen Vereinbarungen „unterströmt gewissermaßen von der tatsächlichen Voraussetzung, die er am Anfang formuliert, reguläre Migration ist ein Segen für die ganze Menschheit, für die Herkunftsstaaten, für die Transitstaaten wie für die Zielstaaten. Und das ist auch in ökonomischer Perspektive im Hinblick auf die Massenmigration der letzten Jahre und der kommenden Jahre und Jahrzehnte bis zum Abwegigen blauäugig. Das ist schlicht verkehrt, dass das einfach ein Segen für die ganze Welt sei.“
Anders als der UN-Flüchtlingspakt, der tatsächliche Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention betreffe, denen gegenüber wir zur Hilfe verpflichtet seien, räume der UN-Migrationspakt auch Arbeits- oder Armutsmigranten weitreichende Vergünstigungen ein. Anders als die Schöpfer des Global Compact on Migration es suggerieren, würde ein hoher Anteil von diesen, jedenfalls kurz- und mittelfristig, nicht in die Ökonomie integrierbar sein.
Rassismus nur in einer Richtung bekämpft
Dass es auf politischer Ebene rechte Parteien seien, die den Pakt ablehnen, ändere nichts daran, dass das „hohe Loblied“, das der Pakt auf die Einwanderung singe, verfehlt sei. Zudem enthielte er noch weitere grobe Einseitigkeiten:
„Es steht einmal drin, wir verpflichten uns, Rassismus, Intoleranz und noch zwei, drei andere Dinge zu bekämpfen und zu verfolgen. Der Leser nickt sofort mit dem Kopf. Und dann steht dabei: ‚Nur gegenüber Migranten‘. Die Asymmetrie, die sich darin ausdrückt, ist in hohem Maße ungerecht. Das Phänomen der Intoleranz und des Rassismus gibt es auch auf Seiten der Migranten gegenüber der einheimischen Bevölkerung. Dass solche Dinge nicht mal erwähnt werden, zeichnet diesen Pakt als einseitig aus, und dass er das hohe Lied der Migration singt, als blauäugig.“
Anders als beispielsweise Anja Reschke von der ZAPP-Redaktion, die es bedauerte, dass es der Rechten gelungen sei, das „blumige Diplomatenpapier“, wie sie es nennt, zu problematisieren, meint Reinhard Merkel, die Medien hätten die öffentliche Debatte darüber noch stärker aufnehmen sollen. Der Pakt werde eine der wichtigen Zukunftsfragen für dieses Land politisch-substanziell beeinflussen. Das sei eine genoide Materie für das Parlament, so der Wissenschaftler:
„Insofern habe ich es, offen gestanden, als beschämend empfunden, dass ausgerechnet die AfD das in diesem Modus ins Parlament gezwungen hat. Das ist kein Lob für die AfD, aber es ist ein Tadel für die anderen Parteien.“
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