Polizeigewerkschaften kritisieren verpflichtende Video-Vernehmungen
Die verpflichtenden Video-Vernehmungen ab Januar sorgen bei vielen Polizeidienstellen und Gewerkschaften für Ärger.
„Nur ein kleiner Teil der Behörden ist ausreichend ausgestattet. Ich glaube, wir müssen deutlich aufrüsten und das ist bisher nicht geschehen“, sagte Frank Schniedermeier, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Gewerkschaft der Polizei in Nordrhein-Westfalen, dem Nachrichtenportal T-Online.
Ab 1. Januar 2020 müssen weit mehr Vernehmungen von Beschuldigten als bisher audiovisuell aufgenommen werden. Es mangelt außerdem an klaren Vorgaben, wer auf den Videos zu sehen sein muss und wer die Aufnahmen wie verwenden darf.
Laut Schniedermeier sind noch viele Fragen offen: „Wer darf aufgenommen werden? Nur der Beschuldigte? Der vernehmende Beamte? Der Rechtsanwalt? Der Dolmetscher? Wer muss eventuell verpixelt werden?“
Der Kommissariatsleiter in Dortmund warnte zudem davor, dass persönliche Angriffe auf Polizeibeamte künftig eher möglich werden. „Rechtsanwälte haben die Möglichkeit, für die Vertretung ihrer Mandanten Akteneinsicht zu fordern“, sagte Schniedermeier.
Dazu gehört aus meiner Sicht dann auch die Videografie. Er muss seinen Mandanten davon in Kenntnis setzen. Ich habe große Sorge, dass solche Daten über Social Media verbreitet werden könnten. Das kann im Bereich der Clankriminalität dazu führen, dass unsere Kolleginnen und Kollegen identifiziert werden und von der entsprechenden Klientel angegangen werden.“
Ein Kernproblem der zum 1. Januar umzusetzenden tiefgreifenden Veränderungen der Vernehmungspraxis in Deutschland ist die videotechnische und räumliche Ausstattung der Polizeidienststellen.
„Das wird eng“, sagte Dirk Peglow, Bundesvize des Bundes Deutscher Kriminalbeamten. Peglow ist Landesvorsitzender in Hessen und kennt unter anderem die Lage der Polizei in Frankfurt am Main. „Dort gibt es bisher nur zwei Räume, die geeignet sind.“
Das sei viel zu wenig, wenn alle Dienststellen, die sich mit Kapitalverbrechen und Jugendkriminalität beschäftigten, betroffen seien und bundesweit jährlich allein 2.500 Tötungsdelikte bearbeitet werden müssten.
„Schließlich brauchen wir unter Umständen neben stationären auch mobile Lösungen zum Beispiel bei audiovisuellen Vernehmungen in Gefängnissen und Krankenhäusern“, sagte er zu T-Online. (dts)
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