Polen will deutsche Atomkraftwerke pachten – „Wenn ihr sie nicht nutzen wollt“

Die FDP will eine Laufzeitverlängerung, Grüne und SPD wollen sie noch nicht: Während die Ampel-Regierung weiter über den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke streitet, mischt sich Polen mit einer ungewöhnlichen Idee in die Debatte ein. Was die Baupläne neuer AKWs im Nachbarland angeht, so will die Bundesregierung im Gegenzug auch ein Wort mitreden.
Titelbild
Das Kernkraftwerk Isar 2 in Essenbach, Deutschland. Lukas Barth/Getty Images
Epoch Times27. Juli 2022

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Eine Gruppe polnischer Abgeordneter will Deutschland den Vorschlag unterbreiten, die drei verbliebenen Atomkraftwerke zu pachten, bevor die Bundesregierung diese ganz stilllegt. „Wenn die Deutschen ihre Kernenergie nicht selbst nutzen wollen, sollten sie sie verpachten“, forderte die polnische Abgeordnete Paulina Matysiak von der Linkspartei Lewica Razem.

Am vergangenen Donnerstag debattierte der Europa-Ausschuss des polnischen Parlaments in Warschau über diesen Vorstoß. Darüber berichtet das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.

Atomenergie in Deutschland „noch nicht vom Tisch“

Doch so weit wird es wohl nicht kommen. Die FDP erhebt im Streit um die Laufzeitverlängerung für die drei verbliebenen Atomkraftwerke nun konkrete Forderungen. Parteichef Christian Lindner sagte am Dienstag: „Es geht nicht um viele Jahre, aber möglicherweise müssen wir uns mit dem Gedanken anfreunden, auch im Jahr 2024 etwa noch Atomenergie zu brauchen.“

In den Landesverbänden der Grünen deutet sich inzwischen ein Umschwung an. Der „Bild“ (Mittwochausgabe) sagten die Grünen-Landesvorsitzenden in NRW, Yazgülü Zeybek und Tim Achtermeyer: „Die Option, Atomkraftwerke mit einer begrenzten längeren Laufzeit am Netz zu halten, um so einen Teil des Gases aus der Verstromung zu entnehmen und einzusparen, ist noch nicht vom Tisch.“

Wie „Bild“ unter Berufung auf eine eigene Umfrage in den Ländern schreibt, schließen auch die Grünen-Landesverbände Brandenburg, Schleswig-Holstein, Hessen, Thüringen, Bremen und Sachsen-Anhalt eine vorläufige Laufzeitverlängerung über den Jahreswechsel hinaus nicht mehr aus.

Klar gegen eine Laufzeitverlängerung positionierten sich auf „Bild“-Anfrage die Grünen in Sachsen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland und Berlin. Laut anderen Medienberichten signalisieren auch die Grünen in Niedersachsen Ablehnung und drohen sogar mit einem Sonderparteitag.

Polen baut neue Atomkraftwerke – Deutschland will mitreden

Mit seinem ungewöhnlichen Vorschlag, die deutschen AKWs pachten zu wollen, reagiert Polen auf die Energiekrise in Europa, die sich zuletzt durch gegenseitige Sanktionsmaßnahmen zwischen dem Westen und Russland verschärft hat. Das Nachbarland argumentiert, dass die Abschaltung der Atomkraftwerke in Deutschland die Krise verschlimmern könnte.

Neben Isar 2 laufen aktuell noch die Kraftwerke Neckarwestheim 2 (Baden-Württemberg) und Emsland (Niedersachsen). Sie sollen nach jetzigem Stand am Jahresende abgeschaltet werden.

Polen selbst plant derzeit den Bau von ein bis zwei Atomkraftwerken an der Ostsee, etwa 50 Kilometer nördlich von Danzig, die bis Mitte der 2030er-Jahre in Betrieb gehen sollen. Das Espoo-Büro in Genf ist für die zwischenstaatliche Abstimmung über Umweltauswirkungen in Grenzregionen zuständig. Dort hatte die polnische Regierung angegeben, ihre AKW-Pläne hätten „keine Auswirkungen“ auf die Nachbarstaaten. So heißt es in einem Zeitungsbericht des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“.

Das schätzt das Bundesumweltministerium anders ein und fordert Mitspracherecht. „Die Frage, wie sich der Bau neuer AKW auf Deutschland auswirkt, ist für uns dabei sehr relevant“, sagte Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth am Mittwoch. Das Umweltministerium wolle Einsicht in alle Details des Projektes bekommen, etwa in die geplanten Reaktortypen und Sicherheitsvorkehrungen. (dl)

(Mit Material von afp, dts)



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