Pistorius: Eher 3 Prozent des BIP für NATO – deutsche Soldaten in der Ukraine denkbar
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hält es für möglich, dass sich deutsche Soldaten bei einem Waffenstillstand in der Ukraine an der Sicherung einer demilitarisierten Zone beteiligen könnten.
„Über die Frage wird man dann diskutieren, wenn es soweit ist“, sagte Pistorius der „Süddeutschen Zeitung“ auf eine entsprechende Frage.
„Wir sind der größte NATO-Partner in Europa. Da liegt es ja auf der Hand, dass wir eine Rolle spielen werden, Verantwortung übernehmen müssen.“ Die zentrale Frage sei doch: „Wie schafft man ein solches Maß an Sicherheit für die Ukraine, dass Russland nicht ein paar Jahre später erneut angreift?“
Pistorius für 3 Prozent des BIP – USA-Reise naht
Pistorius kündigte zudem eine zeitnahe Reise auch in die USA an, um mit der Trump-Administration zu sprechen.
Der Kandidat für das Amt des US-Verteidigungsministers, Pete Hegseth, sei zwar noch nicht bestätigt, „wir haben aber Interesse, uns zügig in Washington Anfang Februar zu treffen und auszutauschen“.
Pistorius fordert eine mittelfristige Steigerung der Verteidigungsausgaben um mindestens 30 Milliarden. „Wir werden im Zweifel eher über drei Prozent als über zwei Prozent reden müssen“, sagte Pistorius der „Süddeutschen Zeitung“ von Samstag über den Anteil der Verteidigungs- und Rüstungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP).
Nur das Sondervermögen rettete 2-Prozenz-NATO-Ziel
„Wir geben jetzt zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben aus, dank des Sondervermögens“, sagte Pistorius weiter. „Bei drei Prozent reden wir nach heutigem BIP von etwas über 120 Milliarden Euro.“
Das seien 30 Milliarden mehr als heute. „Das kann man nicht aus einem Etat herausschneiden, der 480 Milliarden umfasst“, fuhr Pistorius fort. Wer das wie Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz behaupte, mache den Menschen etwas vor. Die SPD will unter anderem die Schuldenbremse lockern.
Deutschland meldete der NATO im Juni 2024 für das laufende Jahr geschätzte Verteidigungsausgaben von 90,6 Milliarden Euro.
Wie aus einer Übersicht der NATO hervorgeht, entspräche die Rekordsumme einem Anteil am prognostizierten deutschen Bruttoinlandsprodukt von 2,12 Prozent. Die Quote würde damit etwas höher liegen als zunächst erwartet.
Habeck plädiert für 3,5 Prozent des BIP
Robert Habeck forderte im „Spiegel“ die Erhöhung des Wehretats auf 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung. Finanziert werden soll dieser nur mit neuen Krediten. 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung entsprächen etwa 140 Milliarden Euro.
Das zusätzliche Geld für die Bundeswehr solle „natürlich nicht aus dem laufenden Haushalt und nicht durch Kürzungen beim Bürgergeld“ kommen, sagte Habeck dem „Spiegel“.
Auch Steuererhöhungen kommen für ihn derzeit nicht infrage: „In einer Wirtschaftskrise wäre das dumm.“ Stattdessen plädiert Habeck für die Aufnahme neuer Schulden. Die Mehrausgaben könnten „nur kreditfinanziert oder, sagen wir, vorfinanziert werden“. Es gehe darum, kurzfristig die Mittel zu mobilisieren, um die Sicherheitsfähigkeit Deutschlands wiederherzustellen.
Regulärer Wehretat lag 2024 bei knapp 52 Milliarden Euro
Die NATO verwendet eine etwas andere Berechnungsmethode, die auf realen Werten und konstanten Wechselkosten basiert. Demnach setzte Deutschland im Jahr 2024 Verteidigungsausgaben von 73,41 Milliarden Dollar ein, das entspräche beim heutigen aktuellen Kurs rund 71,22 Milliarden Euro – bei einem BIP von 3.646 Milliarden US-Dollar (3.537 Milliarden Euro). Das entspricht 2,01 Prozent.
Ohne die Hilfslieferungen an die Ukraine würden die Verteidigungsausgaben auf 1,83 Prozent des BIP sinken – was etwa 64,73 Milliarden Euro entspricht.
In der NATO sind bisher Verteidigungsausgaben von mindestens zwei Prozent vereinbart. Deutschland erreichte dieses Ziel im vergangenen Jahr damit zum ersten Mal – vor allem dank des Sondervermögens für die Bundeswehr. Dieses dürfte aber spätestens 2028 aufgebraucht sein.
Der reguläre Verteidigungshaushalt lag im vergangenen Jahr bei knapp 52 Milliarden Euro. Dies sind rund 1,2 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Pistorius will Fahrplan für zehn Jahre
Pistorius forderte eine langfristige Finanzierungsgarantie, auch jenseits von Wahlen. „Wir müssen viel mehr als bislang über die Grenzen von Legislaturperioden hinweg planen. Konkret: Wir brauchen einen Fahrplan für die nächsten zehn Jahre“, sagte der Minister.
„Wir müssen uns von Anfang an fragen: Wo stehen wir angesichts der Bedrohungslage in zehn Jahren?“, führte der SPD-Politiker aus. Was werde mit Blick auf moderne Technologien, auf Künstliche Intelligenz, Drohnen und andere unbemannte Waffensysteme gebraucht?
„Dann wird sehr schnell klar, dass wir bis Mitte der 30er Jahre nach dem heutigem Preisniveau 130 bis 150 Milliarden Euro werden ausgeben müssen, nur für Investitionen in Rüstung und Verteidigung“, gab Pistorius an.
Er vermisse eine entsprechende Debatte im Bundestagswahlkampf, fuhr der Verteidigungsminister fort. „Das ist kein Wohlfühlthema, obwohl es die Zukunft der Menschen berührt, deswegen kann ich immer nur wiederholen: Die nächste Generation wird uns die Frage stellen, was habt ihr vor zehn Jahren getan, damit wir 2035 in Sicherheit leben können.“
(dts/afp/red)
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