Panikmache oder Fakt: Was ist dran an den „steigenden Corona-Zahlen“?

Vermehrt begegnen uns Meldungen über zunehmend steigende Corona-Zahlen. Erleben wir einen weiteren Winter mit hohen Inzidenzen oder ist es viel Wind um nichts? Mit einem Blick auf die aktuellen Corona-Zahlen wird schnell klar, wo wir wirklich stehen. Eine Analyse.
Corona
Mit dem Corona-Test wird nach wie vor gemessen, wie viele Menschen sich mit dem Virus infiziert haben sollen.Foto: iStock
Von 31. August 2023

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Dieser Tage ist in vielen Nachrichtenmeldungen und Medienberichten zur Lage um das Coronavirus zu lesen, dass die Corona-Zahlen wieder steigen.

Dabei präsentieren die Medienhäuser in der Regel jedoch keinerlei konkrete Zahlen wie die 7-Tage-Inzidenz oder die Auslastung der Intensivbetten, an denen man ein Steigen erkennen könnte – oder eine möglicherweise bedrohliche Situation.

Corona-Zahlen ohne Zahlen

Jüngstes Beispiel ist eine Agenturmeldung von AFP vom Abend des 28. August, wonach das Bundesgesundheitsministerium zu Vorsichtsmaßnahmen beim Auftreten einschlägiger Symptome riet. Grund seien schlicht die „steigenden Corona-Zahlen“. Dabei appellierte ein Ministeriumssprecher am Montag an Menschen mit Erkältungssymptomen, „dass sie sich testen lassen, dass sie sich in Quarantäne begeben, dass sie sich isolieren und keinen Kontakt haben“.

Zugleich wies er aber darauf hin, dass die Infektionszahlen „derzeit noch auf einem niedrigen Sommerniveau“ lägen, so die Meldung. Das relativiert die anfängliche Warnung vor den gestiegenen Zahlen.

Im Weiteren fügte der Sprecher hinzu, dass derzeit keine präzisen Informationen zu den tatsächlichen Infektionsraten gebe. Der Grund: Es werde momentan wenig getestet, und es sei davon auszugehen, dass nur wenige Fälle gemeldet und erfasst würden. Das führe dazu, „dass auf einem so niedrigen Niveau Schwankungen schwer abzubilden“ seien, erläuterte der Sprecher.

Das Bundesgesundheitsministerium orientiert sich wie zu Corona-Zeiten gewohnt am Robert Koch-Institut (RKI). Dieses würde derzeit ein Ansteigen der gemeldeten Infektionsfälle registrieren – allerdings auf niedrigem Niveau.

Wo liegen die Zahlen derzeit?

Das RKI hat auf seiner Website derzeit keine aktuellen Berichte über außergewöhnliche neue Corona-Ereignisse oder dem Infektionsgeschehen. Stattdessen verweist das Institut auf das Corona-Pandemieradar. Die in den Pandemiejahren oft genannte 7-Tage-Inzidenz liegt momentan bundesweit bei fünf gemeldeten Fällen pro 100.000 Menschen.

Falsch ist die Meldung von den steigenden Zahlen allerdings nicht. Denn vom 29. Juni bis zum 14. Juli lag diese Inzidenz bei nur einem Fall pro 100.000 Einwohner. Somit könnte man bis heute von einer Verfünffachung sprechen. Aktuell gibt das Dashboard eine Steigerung um 18 Prozent an – von fünf auf fünf Fälle – die Veränderung liegt also irgendwo im Nach Komma-Bereich, den die Seite nicht anzeigt.

Das Radar führt auch den Anteil der positiven PCR-Tests an allen erfassten PCR-Tests auf – dieser liegt bei 12,0 Prozent. Hier sei ein Rückgang von vier Prozent im Vergleich zur Vorwoche zu beobachten. Um 76 Prozent zugenommen haben hingegen die Arztbesuche wegen einer Atemwegs­erkrankung mit einer COVID-19-Diagnose. Sie liegen derzeit bei 30 Personen je 100.000 Einwohner. Die Viruslast im Abwasser ist 15 Prozent niedriger als in der Vorwoche.

Interessanter ist jedoch die Auswirkung auf das Gesundheitssystem. Die Intensivbettenauslastung durch COVID-19-Fälle zeigt, dass sich bundesweit aktuell 181 Patienten mit einer Corona-Infektion in intensivmedizinischer Behandlung befinden. Im Vergleich zur Vorwoche ist das ein Anstieg um 10 Prozent.

Allerdings stellt dies keinerlei Problem für das Gesundheitssystem dar, da es in Deutschland insgesamt rund 20.450 Krankenhausbetten zur intensivmedizinischen Versorgung gibt (Stand: Ende 2022). Die Kliniken haben während der Corona-Pandemie Tausende Betten abgeschafft, da es bei höherer Bettenauslastung durch eine Regelung mehr Corona-Hilfen vom Bund gab.

Inzidenz war deutlich höher

Laut dem Pandemieradar hatte Deutschland in den ersten Monaten des vergangenen Jahres offizielle Inzidenzen im vierstelligen Bereich. Den Höhepunkt erreichte das Land am 24. März 2022. Der Wert lag an diesem Tag bei 1.962 Menschen pro 100.000, die innerhalb einer Woche einen positiven SARS-CoV-2-Test gemeldet hatten. Ausgelöst wurden diese hohen Werte durch die Omikron-Variante des Coronavirus, die als stark ansteckend, aber wenig gefährlich gilt.

Gerade in dieser Phase der Pandemie, Anfang 2022, beschloss ein Bundesland nach dem anderen, seine teils strikten Maßnahmen wieder zu lockern oder ganz zu beenden.

Dafür gab es mehrere Gründe. Zunächst beendeten praktisch alle Länder um Deutschland herum ihre Maßnahmen, was für die Deutschen zunehmend deutlicher wurde. Gleichzeitig waren immer mehr Menschen nicht mehr einverstanden mit der strikten Maßnahmen-Politik der Bundesregierung und protestierten regelmäßig auf den Straßen. Zudem war klar, dass gerade bei der milderen Omikron-Variante kein Risiko besteht, dass das Gesundheitssystem überlastet sein würde.

Insofern kann ein einstelliger Inzidenzwert als absolut unbedenklich eingestuft werden. Bleibt jedoch abzuwarten, wie die Menschen reagieren, wenn die Länder der Welt bei weiter steigenden Werten wieder Maßnahmen einführen wollen. Erste Vermutungen dafür gibt es bereits. Erst kürzlich stufte die WHO die Corona-Variante Eris hoch, dann tauchen vermehrt Berichte aus den USA auf, die auf neue Corona-Maßnahmen hindeuten. Die erste Universität will sowohl Masken- als auch Impfpflicht für das kommende Semester vorschreiben.

(Mit Material von AFP)



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