Österreich: Zahl der Asylanträge rückläufig – aber 15.000 Pushbacks aus Deutschland
In den ersten sechs Monaten des Jahres ist die Zahl der Asylanträge in Österreich um knapp ein Drittel zurückgegangen. Einer Statistik des Innenministeriums in Wien zufolge beantragten nur noch etwa 23.000 Schutzsuchende in Österreich Asyl. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres hatten die Behörden noch 32.400 Anträge zu verzeichnen.
Insgesamt hatte es im Vorjahr im Nachbarland mehr als 112.000 Asylanträge gegeben. Das war der vierthöchste Wert hinter Deutschland, Frankreich und Spanien. Syrien und Afghanistan gehören weiterhin zu den Hauptherkunftsländern der Geflüchteten. Unter den Top 5 befinden sich noch Marokko, die Türkei und Bangladesch.
Insgesamt haben Ende Juni 34.500 Asylsuchende und anerkannte Flüchtlinge in Österreich staatliche Hilfsleistungen bezogen. Zudem halten sich noch etwa 48.600 Kriegsflüchtlinge in dem Land auf.
Österreich: „Weniger Asylanträge sind Ausdruck konsequenterer Politik“
Wie die „Welt“ berichtet, sieht das Innenministerium vor allem die eigene Politik als Ursache der Entwicklung. Die Erledigung der Verfahren vollziehe sich schneller, die Bekämpfung von Schleusern werde erfolgreicher und die Grenzkontrollen seien rigider.
Das Ende der Visafreiheit für Inder und Tunesier in Serbien habe ebenfalls den Wanderungsdruck über die Balkanroute verringert. Vor allem im Vorjahr hatten diese beiden Länder in erheblichem Maße zum Zustrom von Schutzsuchenden beigetragen.
In Deutschland ist dem Bericht zufolge demgegenüber die Zahl der Erstanträge auf Asyl auf etwa 150.000 gestiegen. Dies entspreche einem Plus von etwa 77 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Zahl der Asylanträge in Deutschland steigt weiterhin an
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte in der Vorwoche lobende Worte für die Zusammenarbeit mit den Ländern des Westbalkans gefunden. Diese habe einen Rückgang irregulärer Einreisen in die EU um 25 Prozent während der vergangenen sechs Monate bewirkt. Brüssel wolle nun auch über Abkommen mit Herkunfts- oder Transitländern in Afrika die Mittelmeerroute schließen.
Derweil zeigen sich Sachsens Innenminister Armin Schuster und die Deutsche Polizeigewerkschaft (GdP) alarmiert über die Zahl illegal einreisender Personen, die über Osteuropa nach Deutschland kommen. Nach wie vor gelingt vielen Schutzsuchenden eine Einreise über Weißrussland und Polen. Aber auch über Tschechien nimmt die Zahl irregulärer Einreisen zu.
Wie die „Welt“ berichtet, hat die Bundespolizei im Juli binnen einer Woche 2233 Personen ohne Ausweispapiere und Aufenthaltstitel aufgegriffen. Knapp die Hälfte davon waren über die polnische oder tschechische Grenze ins Land gelangt.
Bis Ende Juni sind in diesem Jahr bislang 45.300 Person abseits eines regulären Einreiseprozesses nach Deutschland gekommen. Dies geht aus Zahlen der Bundespolizei hervor. Gegenüber dem Jahr zuvor stelle dies ein Plus von etwa 50 Prozent dar. Erfahrungsgemäß nehme die Anzahl irregulärer Einreisen in der zweiten Jahreshälfte weiter zu.
Baerbock verweist auf schädliche Grenzschließungen der Corona-Zeit
Unterdessen geht in Deutschland selbst die Debatte über verschärfte Grenzkontrollen weiter. Zuletzt hatte es aus Sachsen und Brandenburg Forderungen nach stationären Kontrollen gegeben. In Bayern sind solche an fünf Orten eingerichtet. Um zusätzliche stationäre Einrichtungen zu schaffen, müsste die Bundesregierung bei der EU deren sogenannte Notifizierung beantragen.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Bundesinnenministerin Nancy Faeser lehnen stationäre Grenzkontrollen in Sachsen ab. Baerbock verweist darauf, dass täglich mehr als 70.000 Menschen die Grenze zu Tschechien überquerten.
Gründe dafür seien etwa Arbeit, Besuche oder Einkauf – die Außenministerin sprach jüngst gegenüber ihrem tschechischen Kollegen Jan Lipavsky vom „Pulsschlag der Regionen“ und „Pulsschlag Europas“. Ebenso wie Faeser verweist sie auf die Erfahrungen der Corona-Zeit. Diese hätten gezeigt, „wie sehr geschlossene Grenzen schaden“ könnten.
Stationäre Kontrollen bleiben bezüglich ihrer Wirksamkeit umstritten
Auch in der Polizeigewerkschaft selbst ist man bezüglich weiterer stationärer Kontrollen skeptisch. Zwar steht man der Forderung nach einer Notifizierung von Grenzkontrollen dort positiv gegenüber. Der GdP-Vorsitzende für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, äußert gegenüber der „Welt“, eine solche würde nicht zwangsläufig zu stationären Grenzkontrollen führen.
Allerdings würde eine solche Maßnahme die Möglichkeiten zur Schleierfahndung ausweiten – und Zurückschiebungen erleichtern. Am Ende stünde „ein System der flexiblen Kontrollen an wechselnden Schwerpunkten wie in Frankreich“, so Roßkopf.
Bayerns Polizeigewerkschaftschef Jürgen Köhnlein schwört auf die Vorteile der Schleierfahndung. Stationäre Grenzkontrollen sind nach seiner Überzeugung nicht zwingend effektiv. Gegenüber der „Welt“ äußert er:
Standkontrollen, wie sie an der deutsch-österreichischen Grenze ja schon praktiziert wurden, sprechen sich herum, dann werden Ausweichrouten gewählt.“
GdP erhofft sich „abschreckende Kettenreaktion“
Wie der „exxpress“ berichtet, hat Deutschland bereits im Vorjahr nicht weniger als 15.000 sogenannte Pushbacks in Richtung Österreich vollzogen. Zulässig ist das in Fällen, in denen Einreisende bereits in einem anderen Land Asyl beantragt haben – oder bei Vorliegen einer Wiedereinreisesperre.
Für Österreich bedeute dies zusätzliche Kosten von mindestens 7,2 Millionen Euro pro Monat, rechnet der „exxpress“ vor. Dieser Wert ergebe sich, wenn man von einem monatlichen Taschengeld von 40 Euro pro Asylbewerber ausgehe. Dazu kämen die Kosten für Unterbringung und Versorgung.
Für Deutschland verheiße die Praxis jedoch eine „spürbare Entlastung“, äußert Polizeigewerkschafter Heiko Teggatz. Außerdem erhofft er sich davon eine „abschreckende Kettenreaktion“. Auf diese Weise werde etwa ein Signal Richtung Tschechien gesandt, „ihre Grenzen Richtung Ungarn und Slowakei besser zu schützen“. Wer dort ankomme, habe „womöglich schon vier EU-Staaten durchreist, ohne Asyl zu beantragen“. Dies deute darauf hin, dass an Schengen „etwas nicht richtig funktioniert“.
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