Neue stationäre Grenzkontrollen: Fast 50 irregulär Eingereiste in Sachsen aufgegriffen

Ministerin Faeser hat für vorerst zehn Tage stationäre Grenzkontrollen zu Polen, Tschechien und der Schweiz angemeldet. In Sachsen haben diese bislang zu mehreren Dutzend Aufgriffen geführt. Die Gewerkschaft zieht eine durchwachsene Bilanz.
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Grenzkontrollen am 25. September 2023 in der Nähe von Cottbus unweit der polnischen Grenze.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 19. Oktober 2023

Seit Montag, 16. Oktober, gibt es in Deutschland zusätzliche stationäre Grenzkontrollen. Bis dahin hatte es diese nur an den Grenzübergängen zwischen Österreich und Bayern gegeben. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte sich noch vor einigen Wochen für flexible und punktuelle Kontrollen ausgesprochen. Am Montag hat sie jedoch für vorerst zehn Tage stationäre Grenzkontrollen zu Polen, Tschechien und der Schweiz bei der EU-Kommission angemeldet.

Experten rechnen mit dauerhafter Einrichtung stationärer Grenzkontrollen

Die Ministerin kann am Ende der zehn Tage die Notifizierung für bis zu zwei weitere Monate verlängern. In Sicherheitskreisen rechnet man hingegen mit einer längerfristigen Einrichtung – wie sie an den Grenzen zu Österreich bereits Realität ist.

Faeser soll die dafür erforderlichen Schritte auch schon vorbereitet haben. Möglich werden sollen dadurch Kontrollen direkt an den Grenzen. Damit kommt die Ministerin den Forderungen der Innenminister von Sachsen und Brandenburg, Armin Schuster und Michael Stübgen, entgegen.

Zuvor hatte Faeser die Einrichtung stationärer Grenzkontrollen lange Zeit zurückgewiesen. Sie wies darauf hin, dass aufgegriffene Personen, die an der Grenze Asyl begehrten, nicht zurückgewiesen werden könnten. Bis Ende September hatten in diesem Jahr bislang 233.744 Personen einen Asylantrag gestellt, rund 73 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Frankreich setzt auf die punktuelle Variante

Obwohl Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raumes nicht mehr vorgesehen sind, haben mehrere Mitgliedstaaten sie wieder eingeführt. Darunter ist beispielsweise Frankreich, wo man den Schritt mit Terrorgefahr und zunehmenden irregulären Migrationsbewegungen über die Balkanroute begründet.

In Frankreich greift man hingegen auf das ursprünglich auch von Faeser favorisierte Konzept zurück – nämlich eine punktuelle und lageangepasste Kontrolle. Diese solle etwa bei konkretem Verdacht auf eine Schleusung greifen. Gerade was die Schleuser selbst betrifft, gelten stationäre Grenzkontrollen jedoch als die effektivere Variante. Schließlich wären viele von diesen bereits aus dem Blickfeld verschwunden, sobald ihre „Kunden“ den Sicherheitsbehörden ins Netz gingen.

„Erfahrungswerte und ein gewisses Raster“ entscheiden über Kontrolle

Der „Sächsischen Zeitung“ zufolge soll auch bereits ein Schleuser im Rahmen einer Grenzkontrolle aufgeflogen sein. Der Syrer mit Aufenthaltserlaubnis hatte sieben Landsleute in seinem Citroën mit Bonner Kennzeichen ins Land gebracht. Die Polizeibeamten sprechen von einem Fall der „Community-Schleusung“: Personen, die im Land bereits Fuß gefasst hätten, versuchten, Familienangehörigen und Landsleuten ebenfalls einen Weg zu ebnen.

Zwar wollen Beamte es nicht offen bestätigen, aber für „Fahrer mit südländischer Optik“ ist die Aussicht höher, angehalten und kontrolliert zu werden. Dies sei jedoch nicht der einzige Anhaltspunkt, der die Kontrollneigung verstärke.

Eine Rolle spielten, so äußerten sich Polizeikräfte gegenüber der „Sächsischen“, bei den Grenzkontrollen Erfahrungswerte und ein gewisses Raster. Dazu gehören voll besetzte Fahrzeuge oder bestimmte Fahrzeugtypen, die sich eher zur Schleusung eignen – wie Vans, Kleintransporter oder Kleinbusse. Dazu kommen bestimmte Kennzeichen. In Sachsen seien dies vor allem westdeutsche – zumal sich die Communitys meist in Bundesländern wie NRW, Hamburg, aber auch Berlin befänden.

THW unterstützt Einsatzkräfte mit einer Drohne

Als Argument gegen stationäre Grenzkontrollen wird häufig auch vorgebracht, dass diese sich schnell herumsprächen und das Geschehen auf Ausweichrouten verlagerten. Tatsächlich seien den Einsatzkräften zufolge nicht nur Normalbürger auf Nebenstrecken ausgewichen, um Staus zu entkommen.

Es habe am Dienstag auch mehrere Aufgriffe von Migrantengruppen in Rosenthal, Sebnitz und Hellendorf gegeben. Insgesamt habe es sich um mehr als 40 Personen gehandelt, die Schleuser seien jedoch nicht mehr greifbar gewesen.

Verstärkung erhielten die im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge eingesetzten Polizeikräfte unter anderem durch das THW Dippoldiswalde. Dieses stelle eine Drohne zur Verfügung, die nicht nur helfen soll, den Verkehrsfluss zu beobachten, sondern auch mögliche Fluchtversuche.

Ausstattung der beteiligten Beamten soll sich verbessern

In den kommenden Tagen soll sich auch die Ausstattung der zum Einsatz bestellten Beamten verbessern. Die Rede ist von beheizbaren Zelten, besserer Beleuchtung und einem besseren Schutz gegen Kälte – die sich zunehmend bemerkbar macht.

Auf diese Weise will man offenbar den jüngsten Beschwerden der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Rechnung tragen. Der GdP-Vorsitzende für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, klagte gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“, der Einsatz erfolge ohne die für ein solches Vorgehen notwendige Ausstattung.

Polizeibeamte müssten längere Zeit „unter der Heckklappe“ ohne jeglichen Wetterschutz, ohne technische Ausstattung und ohne professionell eingerichtete Kontrollstellen arbeiten. Es fehle aber auch an Ermittlungsdienstbeamten und der technischen Ausstattung, um Handys von Schleusern rasch auslesen zu können. Dass nun von Bahnhöfen und Flughäfen Polizisten abgezogen und an die Grenze geschickt worden seien, habe bei den Betroffenen zu Unmut geführt, sagte Roßkopf.

Kretschmer: Grenzkontrollen „bitter, aber erforderlich“

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat unterdessen erklärt:

Stationäre Grenzkontrollen sind etwas Bitteres.“

Diese seien jedoch notwendig, um ein Signal an Flüchtlinge zu senden, es habe „keinen Wert, nach Deutschland zu kommen“. Nach einer Kabinettssitzung mit Vertretern der Bundesregierung sagte er am Dienstag gegenüber der „Sächsischen“:

Ich glaube, dass zurzeit keine 200.000 Menschen pro Jahr möglich sind.“

Zuvor hatte er diese Zahl als machbare Größe bezüglich der Bewältigung von Asylgesuchen genannt. Es gebe jedoch Tausende Flüchtlingskinder in Deutschland, die mangels geeigneter Lehrer nicht beschult würden. Zudem gebe es auch Engpässe bei Migrationskursen und Wohnungen. Für dieses Jahr rechne der Ministerpräsident mit rund 240.000 Flüchtlingen. Diese Zahl müsse, um Kommunen nicht zu überfordern, „deutlich nach unten“.

(Mit Material der dpa)



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