Das Pathologie-Wut-Video und was dann passierte
In München berichtete eine Mitarbeiterin der Pathologie des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in einem Videobeitrag auf ihrem inzwischen abgeschalteten Instagram-Account über die Situation an ihrem Arbeitsplatz. Sichtlich empört, erklärte die junge Frau, dass sie auf der Arbeit erfahren hätten, dass das Ministerium in einer Sonderregelung für Krankenhäuser und Universitäten eine PCR-Testpflicht für ungeimpfte Mitarbeiter bestimmt habe, den die Mitarbeiter selbst bezahlten müssten. Man würde in Kauf nehmen, dass diese Mitarbeiter sich das nicht leisten könnten und kündigten. Sie selbst sei von den Maßnahmen nicht betroffen, aber ihre Kollegen, merkte sie noch im Video an.
Während der Filmaufnahmen zeigt sie ihren Arbeitsplatz: „Hier meine Boxen. Ich habe 22 Leichen, drei davon mit Corona.“ Sie habe noch zwei Kühlkammern mit Leichen. Drei haben Corona, wiederholt sie ihre Aussage. Dann erklärte sie: „Wir haben den Notstand in Deutschland nicht wegen dem Coronavirus, sondern wegen dem Fachkräftemangel“. Wie soll künftig die Versorgung gesichert werden? „Ich kapier’s nicht mehr! Wollen wir jetzt Kranken helfen oder wollen wir nur alle zwingen, sich impfen zu lassen?“ Das sei alles „geisteskrank“.
Not a lovesong pic.twitter.com/O8aSXfNL6d
— Peter Kovalski (@KovalskiPeter) December 1, 2021
Berührt über den Zuspruch
Inzwischen meldete sich die junge Frau wieder zu Wort. „Unglaublich, was seit Dienstag alles passiert ist“. Der Zuspruch auf ihr Video habe sie zutiefst berührt. Freie Meinungsäußerung sei richtig und wichtig, sie stellte jedoch klar, dass sie keiner Partei angehöre, auch nicht der AfD, kein Querdenker sei, kein Verschwörungstheoretiker.
In dem weiteren Video erklärte die junge Frau, sie habe Besuch von der Polizei gehabt. Einige würden in ihrem Namen „ein paar Sachen machen“. Näher ging sie jedoch nicht darauf ein. „Ich bitte euch darum, wenn irgendetwas klar gewesen ist in meiner Botschaft, dann, dass wir miteinander zusammenarbeiten sollten und nicht gegeneinander. Und bitte immer friedlich.“ Sie brauche kein Geld, habe auch nie um Spenden aufgerufen. Sie habe auch nicht zu irgendeiner Demonstration aufgerufen.
Sexy Corona Kritikerin Samii gibt kurzes Statement zum heutigen Besuch von der Polizei. #Impfpflicht #SoliMitSamii #Urabstimmung pic.twitter.com/g362KPreh4
— An0n_0x1 (@An0n_0x1) December 6, 2021
Hausverbot und Kündigung angekündigt
Jemand informierte die LMU über das Instagram-Video. Dieses reagierte mit einem Statement und der Ankündigung der Entlassung der Mitarbeiterin. Die LMU habe „heute mit größtem Befremden“ von dem Video der Mitarbeiterin erfahren und distanziere sich„aufs Schärfste von dem Inhalt des Videos“.
Das Drehen und Posten von Videos in den LMU-Räumlichkeiten aus Privatzwecken sei ohne Genehmigung unzulässig. „Gegen die betreffende Mitarbeiterin wurde bereits ein Hausverbot ausgesprochen, und sie wurde mit sofortiger Wirkung von ihren Dienstaufgaben freigestellt. Eine fristlose Kündigung wird darüber hinaus auf den Weg gebracht“, kündigte die LMU in dem Statement an.
DPA-Faktenchecker monieren die PCR-Aussage der Pathologie-Mitarbeiterin. Laut LMU seien „Corona-Tests (PCR- sowie Schnelltests) für alle ungeimpften und geimpften Mitarbeitenden des LMU Klinikums nach wie vor kostenfrei“, hieß es.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft bestätigte dies: „Krankenhäuser müssen auch ihren ungeimpften Beschäftigten sämtliche vorgeschriebene Tests kostenfrei zur Verfügung stellen.“
Vom Gesundheitsministerium in München hieß es: „Es gibt also aktuell keine bundes- oder landesrechtliche Regelung, die eine PCR-Testpflicht für Krankenhausbeschäftigte sowie eine diesbezügliche Kostentragung durch die Beschäftigten vorsieht.“
Im Netz scheiden sich die Geister
Im Netz dankten einige der jungen Frau für ihren Mut, Missstände aufzuzeigen, während andere sie kritisierten. Zwei Hashtags sind dabei oft zu sehen: #SoliMitSamii und #dankeLMUklinik.
So schrieb ein User: „Das Mädel hat etwas getan wozu die allermeisten der Tastatur Helden, die jetzt #dankeLMUklinik hetzen, zu feige wären“.
Der Finanzjournalist Ernst Wolff schrieb: „Wer sich über die fristlose Entlassung der mutigen Samii durch die LMU in München wundert, sollte sich über die Verbindungen von Universitäten und Industrie informieren“. Dabei verwies er auf einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ von 2017 über Geldflüsse der Wirtschaft zu Münchner Unis.
Es gab auch andere Stimmen: „So jemand hat aber ganz, ganz sicher nichts in einem derart wichtigen Job zu tun, sorry aber #dankeLMUklinik“, schrieb ein User. Ihm zufolge sei die Kündigung der einzig richtige Weg gewesen. Dann schimpfte er: „Keine #SoliMitSamii, ihr Querlappen seid einfach nur lost.“ Jemand reagierte darauf: „Sie hat nur die Wahrheit gesagt. (…) Lieber Querlappen als Waschlappen.“
Pflegenotstand in Deutschland
Ex-Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht erhob kürzlich in einem Interview ebenfalls Vorwürfe zum Pflegenotstand. Laut Wagenknecht werde seit vielen Jahren der existierende Pflegenotstand mit seinem Abbau von Betten und Pflegestellen unterdrückt.
Irgendwann hätten viele Pflegekräfte aufgrund der schlechten Bedingungen die Flucht ergriffen. Auch in der Pandemie seien im Vergleich zum vorigen Jahr fast 5.000 Intensivbetten abgebaut worden. Nun würden die Ungeimpften zum Sündenbock für die Fehler der Politik gemacht.
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